Technik

Echtes räumliches Hören MP3-Erfinder zeigt allen, wie 3D-Audio richtig geht

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Karlheinz Brandenburg trägt Sennheiser-Kopfhörer mit HTC-Vive-Tracker am Bügel.

Karlheinz Brandenburg trägt Sennheiser-Kopfhörer mit HTC-Vive-Tracker am Bügel.

(Foto: kwe)

3D-Audio ist eine feine Sache, aber nicht immersiv genug, sagt Karlheinz Brandenburg. Der Co-Erfinder von MP3 und sein Team demonstrieren eindrucksvoll, wie man mit Kopfhörern die perfekte dreidimensionale Hörillusion erschaffen kann.

Früher boten Kopfhörer nur Stereoklang, inzwischen beherrschen aber immer mehr Headsets auch dreidimensionalen Sound, bei dem man das Gefühl hat, mitten im Geschehen zu sein. Doch egal, ob 3D-Audio, Spatial Audio, Dolby Atmos oder 360 Reality Audio - es ist immer ein statisches Erlebnis. Das heißt, man kann sich nicht wirklich durch eine Klangwelt bewegen. Mit einer weiterentwickelten Technik von Brandenburg Labs ist das jetzt aber möglich, wie ntv.de im Rahmen der Consumer Electronics Show (CES) in Las Vegas selbst erfahren durfte.

Gründer des Unternehmens ist Karlheinz Brandenburg. Der Name ist vielen Menschen vermutlich unbekannt, obwohl sie vielleicht täglich eine Technik nutzen, die es ohne ihn nicht geben würde. Brandenburg gilt nämlich als "Vater des MP3". Mit seiner Dissertation, die der heute 69-Jährige 1989 an der Technischen Fakultät der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg verfasste, legte er die Grundlagen für das Verfahren zur Audiodatenkompression, das er später mit einem Team am Fraunhofer-Institut für Integrierte Schaltungen IIS entwickelte. Erst kürzlich ehrte ihn dafür die Society of Motion Picture and Television Engineers (SMPTE) in Hollywood.

Wie Dolby Atmos, nur besser

Brandenburgs neues Verfahren macht im Prinzip da weiter, wo Dolby Atmos et cetera aufhören. Denn mit Deep Dive Audio ist es nicht nur möglich, dreidimensional zu hören, sondern Klangobjekte so wahrzunehmen, als wären sie tatsächlich im Raum. Das heißt, man kann sich ihnen nähern, von ihnen entfernen oder sie umrunden und es hört sich immer exakt so an, als wären sie wirklich da.

Damit Medienvertreter einen Eindruck von den Möglichkeiten der Technik gewinnen konnten, hatte Brandenburg Labs in einer Hotelsuite ein Setting mit zwei auf Stativen montierten Lautsprechern aufgebaut. Zunächst bewegte man sich durch den Raum, während die Speaker Musik abspielten. Danach setzte man hochauflösende Kopfhörer auf, und es war unmöglich, einen Unterschied zu hören. Egal, wie und wohin man sich bewegte, hörte es sich immer noch so an, als seien die Lautsprecher aktiv, obwohl die Musik jetzt über das Headset abgespielt wurde.

Bisher noch ein "Bastel-Set"

Um die perfekte akustische Illusion zu schaffen, nutzt Brandenburg Labs bisher noch Technologie der HTC Vive, die es normalerweise Gamern ermöglicht, sich durch eine virtuelle Realität (VR) zu bewegen. Dabei werden Position sowie Kopfbewegungen des Trägers durch aufgestellte Basisstationen und einen am Bügel des Headsets befestigten Tracker ermittelt.

Außerdem muss der Raum mithilfe eines omnidirektionalen Mikrofons ausgemessen werden. Dabei werden die Reflexionen jedes Lautsprechers gesondert aufgezeichnet. Zusätzlich füttert das Team von Brandenburg Labs das System mit eingescannten Raummaßen sowie der Ausrichtung der Speaker. Algorithmen wandeln die Informationen in Echtzeit um.

Das Unternehmen bietet das in Las Vegas demonstrierte "Bastel-Set" bereits für rund 5000 Euro an, laut Brandenburg sind derzeit vor allem Musikstudios Kunden. Ziel ist es aber, eigene Hardware auf den Markt zu bringen, unter anderem Kopfhörer mit integriertem Tracker. Der MP3-Meister und sein Team hoffen dafür Investoren zu finden, die rund 10 Millionen Euro locker machen.

Viele Möglichkeiten

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Auch die Zusammenarbeit mit anderen Unternehmen sei eine Option, so Brandenburg. Einsatzgebiete sind neben dem immersiven Musikerlebnis unter anderem VR- und AR-Anwendungen. Virtuelle Konferenzen könnten mit der Technik ebenfalls aufgewertet werden. Mit ihr sei es etwa möglich, einem Gesprächspartner ins Ohr zu flüstern, sagt Brandenburg.

Für Apples Datenbrille Vision Pro wäre die Technik sicher auch eine perfekte Ergänzung. Konkrete Gespräche habe es bisher aber noch mit keinem Hersteller gegeben, sagt Brandenburg. Doch vielleicht hat er ja in Las Vegas einen Geldgeber gefunden und man wird im wahrsten Sinne des Wortes noch viel von dem Unternehmen hören.

Quelle: ntv.de

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