Technik

Günstig, unterhaltsam, gut Nothing Phone (1) setzt starkes Blink-Zeichen

Diese Smartphone-Rückseite ist wirklich einmalig.

Diese Smartphone-Rückseite ist wirklich einmalig.

(Foto: kwe)

Das Nothing Phone (1) ist ein erfrischend anderes Smartphone. Statt für viel Geld neue Bestmarken zu setzen, bietet es zu vernünftigen Preisen ein außergewöhnliches Design mit unterhaltsamer Lightshow, ist aber auch technisch ein gutes Mittelklasse-Gerät, das kaum Wünsche offen lässt.

Durch ein sehr geschicktes Marketing hat es Nothing im Vorfeld geschafft, große Aufmerksamkeit für die Premiere seines ersten Smartphones zu erregen, obwohl klar war, dass es nur ein Mittelklasse-Gerät sein würde. Das hätte ziemlich in die Hose gehen können, wenn die großen Erwartungen enttäuscht worden wären und das Phone (1) sich letztendlich als nichts Besonderes herausgestellt hätte. Doch das ist nicht der Fall.

Von nichts kommt manchmal doch was

Dass es nach viel PR-Tamtam auch liefern kann, hat das britische Unternehmen bereits im vergangenen September mit seinem ersten Produkt, den kabellosen Ohrhörern Nothing Ear (1), bewiesen. Das kam nicht völlig überraschend, wenn man weiß, dass Carl Pei dahinter steckt, der mit einem ähnlichen Vermarktungstrick die ebenfalls von ihm gegründete Smartphone-Firma OnePlus ins Rampenlicht brachte. Außerdem haben weitere Größen der Tech-Szene investiert, unter anderem iPod-Erfinder Tony Fadell oder Youtube-Star Casey Neistat.

Wie bei den Ohrhörern hat Nothing auch das Smartphone nicht neu erfunden, das Phone (1) ist grundsätzlich auch nur ein solides Mittelklasse-Gerät. Zu etwas Besonderem wird es erst durch seine Rückseite, die ein außergewöhnliches Design mit einer unterhaltsamen, aber auch nützlichen Funktion unter durchsichtigem Gorilla Glass vereint.

Dieser Rücken kann entzücken

Die transparente Rückseite gibt nicht wirklich den Blick auf das Innenleben des Smartphones frei. Stattdessen sind die Komponenten durch geschickt gestaltete Kunststoffflächen abgedeckt, in denen mehrere MicroLED -Lichtstreifen untergebracht sind. Das ergibt nicht nur ein interessantes Design, die sogenannte Glyph-Oberfläche erfüllt auch einen praktischen Zweck.

Hängt das Gerät am Netzteil, zeigen LEDs den Ladestand an.

Hängt das Gerät am Netzteil, zeigen LEDs den Ladestand an.

(Foto: kwe)

Man kann nämlich in den Einstellungen seinen Kontakten zehn verschiedene Leucht-Muster zuordnen, die bei Anrufen, E-Mails oder Nachrichten begleitet von spezifischen Klingeltönen und Vibrationen aufblinken. Im Alltag sieht man aber meistens nur die Glyph-Muster, denn die Rückseite bleibt schließlich verborgen, wenn man auf das Display blickt. Legt man das Smartphone mit dem Bildschirm nach unten auf den Tisch, werden Töne und Vibrationen deaktiviert.

Auf Wunsch bleibt die Rückseite dunkel

Die Helligkeit der insgesamt 900 LEDs kann man in den Einstellungen festlegen. Außerdem ist es möglich, Ruhezeiten zu bestimmen, in denen das Phone (1) keine Lichtzeichen gibt. Man kann die Glyph-Funktion aber auch komplett deaktivieren.

Hängt das Gerät am Netzteil, sieht man auf Wunsch den Ladefortschritt am LED-Streifen über dem USB-C-Eingang. Dort blinkt es auch, wenn sich der Google Assistant angesprochen fühlt.

Sanftes Porträt-Licht

Hübsches Detail: Dreht man ein Video, blinkt zusätzlich ein rotes Licht.

Hübsches Detail: Dreht man ein Video, blinkt zusätzlich ein rotes Licht.

(Foto: kwe)

Wesentlich nützlicher ist die Möglichkeit, alle LEDs beim Fotografieren oder Filmen als Dauerlicht zu verwenden. Vor allem bei Porträtaufnahmen erzielt man so viel schönere Ergebnisse als mit Blitzlicht. Auch zu diesem Einsatzzweck kann man die Helligkeit der Glyph-Oberfläche regulieren.

In Zukunft können noch weitere Glyph-Funktionen hinzukommen, Nothing hat die Schnittstelle dafür freigegeben.

So cool die leuchtende Rückseite ist, wenn das Phone (1) ansonsten nichts taugt, bringt einem das wenig. Doch der Hersteller hat über den Glyph-Spaß nicht die grundsätzlichen Anforderungen an ein gutes Smartphone vergessen.

Schönes Display

Von der Seite betrachtet, sieht das Gerät wie ein iPhone aus.

Von der Seite betrachtet, sieht das Gerät wie ein iPhone aus.

(Foto: kwe)

Die Verarbeitung des Geräts ist hochwertig, auch wenn es nur nach IP53 gegen Spritzwasser und Staub geschützt ist. Laut Nothing wären die Lizenzkosten für eine höhere Schutzklasse zu teuer gewesen. Der Rahmen aus recyceltem Aluminium erinnert stark an ein iPhone und geht fast nahtlos in das 6,55 Zoll große OLED-Display über.

Der Bildschirm ist mit einer Pixeldichte von 402 ppi sehr scharf, liefert kräftige Kontraste und schöne, realistische Farben. Er kann bei Bedarf auch hell genug leuchten und bietet eine adaptive Bildwiederholfrequenz von 60 oder 120 Hertz. Der ins Display integrierte optische Fingerabdrucksensor arbeitet schnell und präzise. Er sitzt allerdings etwas zu weit unten, um wirklich bequem mit dem Daumen erreicht zu werden.

Der Fingerabdrucksensor sitzt etwas zu tief.

Der Fingerabdrucksensor sitzt etwas zu tief.

(Foto: kwe)

Auf dem Display klebt ab Werk bereits eine Schutzfolie. Das ist sinnvoll, da die Gefahr relativ groß ist, sich Kratzer auf dem Deckglas einzufangen, wenn man das Smartphone mit der Rückseite nach oben auf den Tisch legt.

Ausreichend Leistung, große Ausdauer

Angetrieben wird das Nothing Phone (1) von Qualcomms gutem Mittelklasse-Chip Snapdragon 778G+. Seine Leistung reicht völlig aus, um mit 8 oder 12 Gigabyte (GB) Arbeitsspeicher alle Alltagsaufgaben flüssig zu erledigen und auch anspruchsvollere Spiele zu ermöglichen. Andererseits ist er sparsam genug, um zusammen mit einem 4500 Milliamperestunden fassenden Akku sehr lange Laufzeiten des Geräts zu ermöglichen. Im Test hielt das Gerät normalerweise problemlos eineinhalb Tage durch.

Ein Netzteil liefert Nothing nicht mit, an einem USB-PD-3.0 Anschluss ist eine leere Batterie nach 30 Minuten halb gefüllt. Das Phone (1) kann induktiv geladen werden und wer möchte, kann auf der Rückseite des Smartphones auch Ohrhörer betanken, wenn deren Box die Funktion unterstützt.

Gute Kameraausstattung

Hauptkamera, ...

Hauptkamera, ...

(Foto: kwe)

Das Nothing Phone (1) hat nur eine Doppel-Kamera, was auch in der Mittelklasse eher selten geworden ist. Eine optisch stabilisierte Hauptkamera mit 50 Megapixeln (MP) und der großen Blende f/1.88 liefert mit einem flotten Autofokus tagsüber sehr scharfe Bilder mit kräftigen Farben, Kontrasten und vielen Details. Auch ihre Nachtaufnahmen sehen gut aus. 4K-Videos nimmt sie mit 30 Bildern pro Sekunde (fps) auf, bei Full-HD-Auflösung kommt sie auf 60 fps.

Hinzu kommt eine Ultraweitwinkel-Kamera, die ebenfalls mit 50 MP auflöst, aber nur elektronisch stabilisiert wird und eine kleinere Blende f/2.2 hat. Sie liefert zwar nicht so viele Details wie die Hauptkamera und die Fotos wirken aggressiver nachbearbeitet, aber die Bilder sind auch in den Randbereichen noch relativ scharf.

... Ultraweitwinkel-Kamera.

... Ultraweitwinkel-Kamera.

(Foto: kwe)

Insgesamt ist die Doppel-Kamera für ein Mittelklasse-Gerät ziemlich gut, und die meisten Nutzer werden damit absolut zufrieden sein. Ebenso werden ihnen Selfies oder Videogespräche mit der 16-MP-Frontkamera (f/2,45) gefallen.

Drei große Android-Updates, faire Preise

Ein Lob gibt's für die Software, die fast pures Google Android 12 ist und keine ungewollten Apps mitbringt. Nothing garantiert drei Versions-Updates und vier Jahre Sicherheits-Patches, die alle zwei Monate aufgespielt werden. Zwei Aktualisierungen haben zu Beginn des Tests kleinere Probleme überwiegend beseitigt. Auch Google Pay funktioniert auf dem ntv.de-Gerät einwandfrei, was bei anderen Testern offenbar nicht der Fall ist.

Bis zum Verkaufsstart am 21. Juli ist noch Zeit für ein weiteres Update. Damit könnte Nothing auch lustige Übersetzungsfehler beseitigen. Beispielsweise heißen in der deutschen Fassung die zehn Hersteller-Klingeltöne "keine Klingeltöne". [Update] Am 21.07. hat Nothing eine weitere Systemaktualisierung mit Fehlerverbesserungen und aktuellem Sicherheitspatch veröffentlicht.

Mehr zum Thema

In der günstigsten Variante mit 8 GB Arbeitsspeicher und 128 GB Flash-Speicher kostet das Nothing Phone (1) rund 470 Euro. Mit 8 und 256 GB ist es für 500 Euro zu haben, für die Variante mit 12 und 256 GB sind 550 Euro fällig.

Ohne Glyph-Rückseite wäre das Gerät wahrscheinlich noch günstiger, aber eben wieder nur eins von vielen ähnlich guten Mittelklasse-Smartphones, von denen es inzwischen mehr als genug gibt. Design und Lichtzeichen machen das Nothing Phone (1) zu einem besonderen Gerät, das vielen vom Android-Einerlei gelangweilten Nutzern ein paar Euro mehr wert sein könnte.

Quelle: ntv.de

Social Networks
Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen