Vorab-Version zeigt die Zukunft Windows 10 wird schlau und aufdringlich
19.10.2015, 21:35 Uhr
Cortana wird mit Build 10565 von Windows 10 noch cleverer.
(Foto: Microsoft)
Nach dem Update ist vor dem Update: Insider-Previews geben einen Ausblick auf neue Funktionen in künftigen Windows-10-Versionen. Cortana wird schlauer, Edge wird besser - doch eine andere neue Funktion erntet Kritik.
Microsoft steckt große Hoffnungen in Windows 10. Rund eine Milliarde Geräte will der Konzern binnen zwei Jahren mit seinem aktuellen Betriebssystem versorgen. Seit Ende Juli ist das neue Windows zu haben, Nutzer von Windows 7 und Windows 8 können kostenlos upgraden. Für Funktionen und Look hat Microsoft viel Lob bekommen, musste aber auch Kritik einstecken, vor allem wegen Zwangs-Updates und wegen des vermeintlichen Datenhungers von Windows 10 - den Spionageverdacht ließ Microsoft lange Zeit unkommentiert im Raum stehen, eine Erklärung kam erst Wochen später. Auch die neuen Funktionen in aktuellen Vorab-Versionen stoßen nicht alle auf Zustimmung.
Fertig sind die neuen Windows-10-Versionen mit den Build-Nummern 10565 und 10568 noch nicht, doch Teilnehmer am Insider-Programm von Microsoft können bereits vorab neue Funktionen testen und kommentieren. Vor wenigen Tagen begann Microsoft mit der Verteilung von Build 10565, einer Vorab-Version des geplanten größeren Herbst-Updates. Inzwischen bekommen ihn alle Insider, auch die Teilnehmer aus dem sogenannten "Slow Ring", die nur möglichst stabile und zuverlässige Previews erhalten.
Cortana kann Handschrift lesen
Neu ist unter anderem eine Tab-Vorschau für den Edge-Browser, die bei vielen offenen Tabs der besseren Orientierung dient. Außerdem lassen sich Lesezeichen und Einträge aus der Leseliste des Browsers über Geräte hinweg synchronisieren, vorerst aber nur mit anderen Geräten, auf denen ebenfalls Build 10565 läuft. SMS-Nachrichten können via Cortana direkt vom Desktop aus an Windows-10-Smartphones verschickt werden - wie das geht, zeigt "Winbeta" bei Youtube. Skype wird in Zukunft wie angekündigt enger ins System und direkt in die Messaging-App integriert, Nutzer können Nachrichten direkt aus dem Infocenter heraus beantworten, ohne erst Skype starten zu müssen. Außerdem wird die digitale Assistentin Cortana schlauer und kann auch handschriftlich eingegebene Notizen verstehen und verarbeiten und so zum Beispiel orts- und zeitbezogene Erinnerungen speichern.
In einem Blogeintrag zur neuen Preview kündigt Gabe Aul, Chef des Insider-Programms, außerdem an, dass Cortana E-Mails nach Ticketbuchungen für Konzerte, Kinos oder andere Events durchsuchen werde, um dem Nutzer zwei Stunden vor Beginn der Veranstaltungen wichtige Informationen zu liefern, zum Beispiel zur Route und Fahrtzeit - eine Funktion, die besorgten Datenschützern nicht gefallen dürfte. Ebenfalls neu, aber wenig umstritten, sind farblich optimierte Titelleisten mit mehr Anpassungsmöglichkeiten, verbesserte Kontextmenüs im Start-Fenster und neue Symbole für Anwendungen im Desktop oder im Explorer. Drucker können außerdem besser verwaltet werden - Standard-Drucker ist in Build 10565 der zuletzt genutzte.
Für eine saubere Neuinstallation der Insider Preview stellt Microsoft die entsprechende ISO bereit. Build 10565 kann erstmals auch direkt mit einem Aktivierungsschlüssel von Windows 7, 8 oder 8.1 aktiviert werden, ohne den umständlichen Weg über die Vorgängerversion gehen zu müssen.
Build 10568 sorgt für Kritik
Nur wenige Tage nach der Veröffentlichung von Build 10565 ist eine weitere Vorab-Version ins Netz gelangt: Build 10568 bietet nicht viel neues und läuft laut "Winfuture" sehr instabil. Für Aufsehen sorgt aber eine Neuerung, mit der Microsoft seine Nutzer offensichtlich davon abhalten will, bei den Standardprogrammen von Windows-eigenen Anwendungen auf Alternativen von Dritten umzusteigen, wie "The Verge" berichtet. Wer versuche, in den Einstellungen für Standard-Apps zum Beispiel Googles Chrome als Browser festzulegen, bekomme ein Dialog-Fenster mit der Aufforderung zu sehen: "Probier doch mal Microsoft Edge". Darunter findet sich die farblich unterlegte Schaltfläche "Nicht umsteigen und jetzt testen", die direkt zu Edge führt. Die andere Option, "trotzdem umsteigen", ist nicht blau hinterlegt und deutlich unauffälliger.
Wirklich störend ist dieser Aufruf zum Bleiben für Nutzer nicht, doch den Entwicklern hinter Dritt-Anwendungen wie Firefox oder Chrome könnte die Überredungstaktik von Microsoft sauer aufstoßen. Firefox-Entwickler Mozilla hatte sich bereits beschwert, weil sich Chrome und Firefox unter Windows 10 bei der Installation nicht mehr selbstständig zum Standard-Browser erklären können. Stattdessen müsse der Nutzer erst selbst aktiv werden und sich durchs komplexe und verwirrende Einstellungsmenü kämpfen. Microsoft beschneide damit die Wahlfreiheit der Nutzer, heißt es in einem Blogeintrag von Mozilla-Chef Chris Beard. Offenbar geht Microsoft bei Foto- und Musik-App ähnlich vor. Ob es die von Kritikern als aufdringlich empfundene Überredungsfunktion aber in dieser Form in eine finale Version von Windows 10 schaffen wird, ist offen. Gut möglich, dass Microsoft auf die Kritik der Insider reagiert.
Microsoft war bereits früher in die Kritik geraten, weil der Konzern seinen Internet Explorer (IE) automatisch als Standard-Browser festlegte. Opera, Mozilla und Google klagten vor der EU-Kommission, Microsoft bekam Ende 2009 die Auflage, dass es Nutzern bei der Windows-Installation IE-Alternativen vorschlagen musste. Die Vereinbarung galt für fünf Jahre, Ende 2014 entfernte Microsoft die Browser-Auswahl wieder.
Quelle: ntv.de, jwa