Gespräche über Großkredit "endgültig gescheitert" Airbus sieht deutsche Jobs gefährdet
30.08.2013, 11:15 Uhr
Ein Millionendarlehen für die Entwicklung des A350 entzweit Airbus und die Bundesregierung.
(Foto: picture alliance / dpa)
Airbus und Deutschland streiten um mehr als 620 Millionen Euro. Es geht dabei um Darlehen, die die EADS-Tochter für die Entwicklung neuer Flugzeuge bekommt. Deutschland hält einem Zeitungsbericht zufolge die letzte Kreditrate zurück. Airbus platzt nun der Kragen, was Berlin aber "nicht nachvollziehen" kann.
Der europäische Flugzeugbauer Airbus will einer Zeitung zufolge die Verhandlungen über ausstehende Finanzierungshilfen nicht fortsetzen. Es geht dabei um mehr als 620 Millionen Euro der Bundesregierung. "Nüchtern betrachtet müssen die Gespräche als endgültig gescheitert angesehen werden", zitierte "Die Welt" aus einem Dokument der EADS-Tochter, das an die Bundesländer mit Standorten des Unternehmens übermittelt worden sei. Dem Bericht der "Welt" zufolge wurden die deutschen Standorte bereits darüber informiert, dass dadurch der Verlust von Arbeitsplätzen droht.
Airbus wollte den Bericht nicht kommentieren. Ein Sprecher des Wirtschaftsministeriums sagte: "Wir gehen davon aus, dass eine konstruktive Lösung möglich ist." Das Ministerium sei daher weiter zu Gesprächen bereit. Zugleich klagte der Sprecher die Erfüllung von Zusagen zur Stärkung des Forschungs- und Entwicklungsstandorts Deutschland ein. "Hier erwartet das Bundeswirtschaftsministerium konkrete Vorschläge und deren Umsetzung", sagte er. Der deutsche Staat ist Großaktionär bei der Airbus-Mutter EADS.
Hintergrund der Auseinandersetzungen sind Darlehen, die Airbus üblicherweise von Deutschland, Frankreich, Spanien und Großbritannien für die Entwicklung neuer Flugzeuge bekommt. Das Unternehmen zahlt die Gelder an die Länder zurück, wenn die Maschinen an Kunden ausgeliefert werden.
Airbus geht auf Konfrontationskurs
Deutschland hält dem Bericht zufolge die letzte Kreditrate seit 26 Monaten zurück und knüpft die Herausgabe an bestimmte Forderungen. Die Regierung wolle die Interessen Deutschlands beim Luftfahrt-Knowhow und bei Arbeitsplätzen bereits jetzt für die künftige kleine Baureihe A30X sichern, so die Zeitung. Diese komme erst in rund 15 Jahren auf den Markt.
Berlin habe vorgeschlagen, die nicht ausgezahlte Restsumme von 623 Millionen Euro aus dem deutschen 1,1 Milliarden Euro A350-Entwicklungsdarlehen für das A320-Nachfolgemodell umzuwidmen. Diese Vermischung von Modellen bei der Anrechnung der Darlehen lehne Airbus jedoch strikt ab.
Die nackten Zahlen
Airbus begründet dem Bericht zufolge den geplanten Gesprächsabbruch mit der ungleichen Verteilung europäischer Entwicklungsdarlehen auf die Produktionsstandorte in Deutschland, Frankreich, Spanien und Großbritannien. Der deutsche Arbeitsanteil am neuen Langstreckenmodell A350 betrage 34 Prozent, aber Berlin habe bislang mit 500 Millionen Euro lediglich 15 Prozent der Darlehen gezahlt. Frankreich steuere 1,4 Milliarden Euro bei. Airbus sehe sich deswegen gezwungen, den deutschen Arbeitsanteil an diesem Programm nach unten zu korrigieren. Dies würde Arbeitsplätze vernichten und hätte wohl auch negative Auswirkungen auf die deutschen Zulieferbetriebe, schreibt das Blatt.
Damit könnte sich das von der Regierung angestrebte Ziel der Sicherung deutscher Luftfahrtinteressen im Wettbewerb mit Frankreich als Bumerang erweisen: Da Deutschland in der Vergangenheit die Höhe der Darlehen mit der Zahl von Arbeitsanteilen und Arbeitsplätzen gekoppelt habe, hätte EADS-Chef Enders somit einen Freibrief, den deutschen Arbeitsanteil zu reduzieren, zugunsten von Frankreich, Großbritannien und Spanien oder neuen Standorten in China und den USA. Enders sei dafür bekannt, dass er kein Freund langwieriger Entscheidungen sei. Vermutlich wolle er jetzt endlich Klarheit in der Hängepartie mit dem Bund, so die Zeitung.
Sollte Airbus tatsächlich auf die deutsche Schlussrate über 623 Millionen Euro verzichten, hätte dies dem Bericht zufolge mehrere Konsequenzen. Es wäre ein Triumph für Boeing und die USA, die über die Welthandelsorganisation WTO gegen das Airbus-Fördersystem zu Felde ziehen. Zudem wäre das vermutlich das Ende des Systems zinsgünstiger Entwicklungsdarlehen im Airbus-Verbund, weil es Misstrauen über die tatsächliche Auszahlung gäbe.
Quelle: ntv.de, DJ/rts