Wirtschaft

Finanzmagier mit angekratztem Ruf Alan Greenspan wird 85

Einst galt er als Maestro der US-Volkswirtschaft. Doch seit der Finanzkrise hat Ex-Notenbankchef Greenspan an Strahlkraft verloren. Seine eigene Bilanz zum 85. Geburtstag ist durchwachsen: Knapp ein Drittel seiner Entscheidungen seien falsch gewesen, sagt Greenspan.

18 Jahre lang stand Greenspan an der Spitze der US-Notenbank.

18 Jahre lang stand Greenspan an der Spitze der US-Notenbank.

(Foto: picture-alliance/ dpa)

Als er im Januar 2006 in Rente ging, war Alan Greenspan mit seinen 79 Jahren auf einem - vielleicht auf dem - Höhepunkt seiner Karriere. 18 Jahre lang hatte er die US-Notenbank Fed geleitet, sich dabei einen Weltruf als genialer Zinspapst und Finanzmagier erarbeitet. Selbst nach seinem Abtritt konnten seine Worte die Finanzmärkte bewegen. Mittlerweile jedoch ist der Lack jedoch ein wenig ab. Als "Legende zu Lebzeiten" wird Greenspan, der am 6. März 85 wird, jedenfalls nur noch selten bezeichnet.

Wurde er während seiner Amtszeit für seine Politik der niedrigen Zinsen und der Deregulierung der Finanzmärkte frenetisch gefeiert, ist der promovierte Ökonom rückblickend bei Kritikern genau wegen dieser Maßnahmen in Ungnade gefallen. Seine lockere Geldpolitik sei eine der Hauptursachen für die schwerste US-Wirtschaftskrise seit der großen Depression gewesen, hielt ihm jüngst eine Regierungskommission vor. Die gewaltige Blase auf dem Immobilienmarkt, die mit katastrophalen Folgen 2007 platzte, sei auch sein Produkt gewesen.

Greenspan spart nicht mit Selbstkritik

So verbringt Greenspan viele Tage des Ruhestandes damit, sein Wirken als mächtigster Notenbankchef der Welt zu verteidigen. Er habe schon 1999 und 2001 vor dem Risiko gewarnt, Immobilienkredite zu leichtfertig zu vergeben, erzählt er dann. Das aber hätten Politiker damals nicht hören wollen. Wenn die Fed versucht hätte, US-Bürger vom Hauskauf abzuraten, "hätte der Kongress uns in die Zange genommen".

Für die Zinssenkung wurde Greenspan gefeiert. Im Nachhinein aber muss er sich viel Kritik gefallen lassen.

Für die Zinssenkung wurde Greenspan gefeiert. Im Nachhinein aber muss er sich viel Kritik gefallen lassen.

(Foto: picture-alliance / dpa/dpaweb)

Jedoch spart Greenspan auch nicht mit Selbstkritik. In 30 Prozent seiner Entscheidungen habe er falsch gelegen, sagte er offen vor der Kommission. "Es gab eine schrecklich große Menge an Fehlern." Ein echtes "mea culpa" kam ihm jedoch bisher nicht über die Lippen.

Vor allem die Republikaner stehen ihrem Parteianhänger in der Debatte zur Seite und nehmen die Fed-Maßnahmen in Schutz. Dabei verweisen sie auch auf Greenspans Erfolge - und davon gab es in seiner Amtszeit viele. Ob Konjunkturdellen, Finanzkrisen oder Marktunruhen - der "Maestro" galt für die Finanzwelt als derjenige, der es schon richten würde. Er bugsierte die größte Volkswirtschaft durch den Börsencrash 1987, die Asienkrise, die Folgen der geplatzten dot.com-Blase und die Terrorattacken vom 11. September 2001.

Diese beeindruckende Bilanz ist ein Grund, warum er bei aller Kritik immer noch ein beliebter Gesprächspartner über Konjunktur, Renten, Energiepolitik oder den Immobilienmarkt ist. Weshalb sich seine Bücher bestens verkaufen. Der andere Grund ist, dass Greenspan eine Medienfigur, ein Markenzeichen ist. Das Gesicht ähnelt wegen der Brille mit den runden Gläsern dem einer Eule. Seine ausdrucksvolle Mimik, seine verschlungenen Satzungetüme und die Begeisterung für obskure Statistiken machen ihn zu einem Kauz.

Die Fassade täuscht

Die Fassade täuscht natürlich, denn Greenspan ist gewiefter Stratege mit langer politischer Erfahrung. Nachdem er lange seine eigene Beratungsfirma führte, begann er in den 60er Jahren, das Weiße Haus in Washington in Wirtschaftsfragen zu unterstützen. Zur Fed holte ihn schließlich der damalige Präsident Ronald Reagan.

Dabei deutete lange nichts auf eine Wirtschaftskarriere hin. Greenspan wuchs in New York in einfachen Verhältnissen auf und studierte nach der Schule zunächst Saxophon am renommierten Musikkonservatorium Juillard. "Ich war ein guter Amateur, aber nur ein durchschnittlicher Profi", erklärte der Jazzfan Jahre später. Im Fachbereich Ökonomie fand er dann seine wahre Profession.

Quelle: ntv.de, Marco Mierke, dpa

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