Wirtschaft

Gekündigte Lebensversicherungen Allianz soll nachzahlen

Die wenigsten Kunden lesen Versicherungsverträge richtig durch. Das liegt sicher auch daran, dass die Klauseln allenfalls für Fachleute durchschaubar sind. Das Landgericht Stuttgart hat jetzt Versicherungsbedingungen der Allianz für unwirksam erklärt. Für frühere Kunden könnte das mehr Geld bedeuten.

Zunächst wird nicht gespart, sondern abbezahlt.

Zunächst wird nicht gespart, sondern abbezahlt.

(Foto: picture-alliance/ dpa)

Wer eine Renten- oder Kapitallebensversicherung abschließt, will später einmal mehr Geld herauskriegen, als er eingezahlt hat. Dank Garantieverzinsung klappt das auch – sofern man bis zum Ende der Laufzeit durchhält. Kehrt man der Versicherung allerdings vorher den Rücken, wird der Vertrag zum Verlustgeschäft. In den ersten fünf Jahren zahlt man die Abschlusskosten ab, die Beiträge werden also nur zum Teil fürs Sparen verwendet. Außerdem berechnet der Anbieter bei Kündigung Stornokosten. Das alles kann man in den Versicherungsverträgen nachlesen – vorausgesetzt, man versteht sie.

Bei der Allianz Lebensversicherungs-AG – und nicht nur da - wird das Versicherungslaien ziemlich schwer gemacht. Nach einer Klage der Verbraucherzentrale Hamburg hat das  Landgericht Stuttgart jetzt entschieden, dass die verwendeten Klauseln zur Kündigung, zur Beitragsfreistellung und zum Stornoabzug intransparent und damit unwirksam sind. (Az.: 20 O 87/10)

Problem ist nicht neu

Schon im Jahr 2005 hatte der Bundesgerichtshof Klauseln beanstandet, die bis zum Sommer 2001 verwendet worden waren. Doch auch danach sind die Verträge nicht viel verständlicher geworden. Im aktuellen Verfahren des Landgerichts ging es um Klauseln, die seit dem 1. Juli 2001 in den Allianz-Verträgen stehen.  "Der Verbraucher kann auch bei Wahrung der gebotenen Aufmerksamkeit und Sorgfalt nicht klar erkennen, welche wirtschaftlichen Folgen eine Kündigung der Versicherung bzw. der Wunsch nach einer Beitragsfreistellung hat", bemängeln die Richter in ihrer Urteilsbegründung.

Die Allianz prüft derzeit eine Berufung, noch ist das Urteil also nicht rechtssicher. Falls der Richterspruch auch in höheren Instanzen bestätigt wird, können sich Kunden, die ihre Allianz-Lebens- oder Rentenversicherung gekündigt haben, Nachschlag sichern. Dann muss die Versicherung den Rückkaufwert neu berechnen und gegebenenfalls die Stornokosten zurückzahlen. „Wir schätzen, dass die Allianz mindestens 1,3 Mrd. Euro an ihre Ex-Kunden zu erstatten hat“, sagt die Versicherungsexpertin Edda Castelló von der Verbraucherzentrale Hamburg. 

Ex-Kunden sollten sich beeilen

Wer sich den Anspruch auf Rückzahlung sichern will, sollte allerdings bald aktiv werden. "Der Versicherer wird seine ehemaligen Kunden nicht aktiv informieren“, warnt Castello, deshalb sollten Betroffene ihre Ansprüche per Musterbrief anmelden. Bei Verträgen, die zwischen 2005 und 2007 gekündigt wurden, droht außerdem schon Ende des Jahres Verjährung. Deshalb sollten Kunden sofort zum Anwalt gehen, um die Verjährung auszusetzen.

Die Allianz ist nicht die einzige Versicherung mit umstrittenen Klauseln. Ähnliche Urteile wie das Landgericht Stuttgart hat das Hanseatische Oberlandesgericht gegen Ergo, Generali, Iduna und den Deutschen Ring gefällt. Letztlich wird die Frage der vorzeitigen Kündigung vorm Bundesgerichtshof landen. Er wird entscheiden, ob sich Versicherte auch weiterhin mit Mini-Rückkaufswerten begnügen müssen oder auch einen Totalverlust riskieren, wenn sie nicht bis zum Ende zahlen.

 

Quelle: ntv.de

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