Wirtschaft

Boom-Warnung im Häusermarkt Analysten erwarten Bewegung

Der deutsche Markt für Wohnimmobilien könnte möglicherweise schon bald aus seinem Dornröschenschlaf erwachen. Experten blicken mit Sorge auf die Folgen des Aufschwungs und der anhaltend niedrigen Zinsen. Droht dem Land nun eine Betonblase?

Rund 160.000 neue Lebensmittelpunkte pro Jahr: "Es sind genügend Wohnungen vorhanden, nur nicht an den richtigen Stellen."

Rund 160.000 neue Lebensmittelpunkte pro Jahr: "Es sind genügend Wohnungen vorhanden, nur nicht an den richtigen Stellen."

(Foto: picture-alliance/ dpa)

Niedrige Zinsen, sichere Jobs und ein reichlich veralteter Wohnungsbestand: Die Aussichten sind günstig, dass der jahrelang darbende deutsche Wohnimmobilienmarkt in Schwung kommt. Die Bauwirtschaft rechnet mit einem Anziehen des Wohnungsbaus, die Preise steigen. Steuert Deutschland also auf eine Hochkonjunktur bei Immobilien zu? "Einen Boom wie in Spanien und Irland wird es nicht geben", sagt Ludwig Dorffmeister, Bauexperte beim Münchner Institut für Wirtschaftsforschung (Ifo).

Baubranche und Experten verweisen regelmäßig auf den enormen Bedarf an Neubauten: Ungefähr 200.000 neue Einfamilienhäuser oder Wohnungen halten sie für nötig, weil immer mehr Menschen alleine leben, weil behindertengerechte Wohnungen fehlen, weil Bauten aus den Nachkriegsjahren den modernen Ansprüchen nicht mehr genügen oder schlicht nicht mehr saniert werden können.

Im Krisenjahr 2009 entstanden aber lediglich 159.000 Wohnungen, 2010 sei es "ein bisschen mehr", sagt die Sprecherin des Zentralverbandes Deutsches Baugewerbe (ZDB): Die Wohnbau-Umsätze dürften um 4,5 Prozent gestiegen sein, bei den Baugenehmigungen sei mit plus neun Prozent zu rechnen. "Das hat uns positiv überrascht", betont die Sprecherin. Auch 2011 werde die Zahl 200.000 wohl noch nicht ganz erreicht, auch wenn zuletzt wieder mehr Bauten genehmigt wurden.

Der Süden baut - der Osten kaum

Doch die Erholung kommt nicht in allen Regionen Deutschlands an. Vor allem in Bayern und Baden-Württemberg würden deutlich mehr Wohnungen und vor allem Einfamilienhäuser errichtet, sagt Dorffmeister. In Bayern gebe es sogar zweistellige Zuwachsraten. In der Mitte und im Norden Deutschlands hingegen darbe der Bau weiter. Zudem komme Ostdeutschland kaum aus der Krise, sagt die Verbands-Sprecherin: "80 Prozent der Aktivitäten spielen sich in den westlichen Bundesländern ab."

Vor allem in Regionen, wo Wohnraum knapp und Mieten teuer sind, entscheiden sich laut ZDB mehr Menschen für ein Eigenheim. Doch deutlich teurer wurde es zuletzt vor allem in einigen Ballungsräumen. Deutschlandweit stiegen die Mieten dagegen im November nur um 1,2 Prozent und damit nicht so stark wie die Lebenshaltungskosten insgesamt. "Es sind genügend Wohnungen vorhanden, nur nicht an den richtigen Stellen", sagt Dorffmeister. Daher dürfte sich auch in Zukunft der Neubau vor allem auf die größeren Städte konzentrieren.

Demografen heben die Finger

Manche Experten sehen in den günstigen Zinsen einen Grund, warum die Immobilienpreise steigen und in der Folge auch die Bautätigkeit anziehen dürfte. Derzeit ist Baugeld für weniger als vier Prozent zu haben - das ist zwar mehr als noch im vorigen Jahr, aber im langjährigen Durchschnitt immer noch sehr billig. Ein schneller Anstieg sei wohl nicht zu erwarten, heißt es - die Schuldenkrise in den Euro-Peripherieländern dürfte die Europäische Zentralbank von allzu raschen Zinserhöhungen abhalten, auch wenn die deutsche Wirtschaft eigentlich gebremst werden müsste. Doch für Investoren sei der deutsche Markt kaum interessant, sagt die ZDB-Sprecherin: "Die Abschreibungsregeln sind ungünstig, und die Mieten bieten keine hohen Renditen."

Schließlich spricht die schrumpfende Bevölkerung dagegen, dass ein Immobilienboom bevorsteht. Denn noch sorgt die steigende Zahl von Singles - vieles davon ältere Menschen, bei denen der Partner verstorben ist - für einen höheren Bedarf an Wohnungen. Doch damit dürfte in 15 oder 20 Jahren Schluss sein. "Danach geht der Trend nach unten", schätzt Dorffmeister. Viele Immobilien dürften dann an Wert verlieren.

Quelle: ntv.de, Christina Amann, rts

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