Wackeliger Aufschwung? Angst vor neuer Krise
31.05.2010, 16:00 UhrDie Erholung der Weltwirtschaft steht auf tönernen Füßen. Die europäische Schuldenkrise und der damit verbundene rigide Sparwillen der Regierungen könnten den Aufschwung abwürgen, sagen immer mehr warnende Stimmen aus Politik und Wirtschaft.
Die ehrgeizigen Sparprogramme zur Überwindung der europäischen Schuldenkrise schüren die Furcht vor einem Rückfall in die Rezession. Europäische Notenbanker und Chinas Ministerpräsident Wen Jiabao warnten, die Einschnitte könnten die konjunkturelle Erholung im Keim ersticken und damit eine neue Wirtschaftskrise heraufbeschwören. "Die große Herausforderung ist es, einen Teufelskreis zu verhindern", resümierte EZB-Ratsmitglied Ewald Nowotny. Die Bundesregierung sieht dennoch in der Haushaltskonsolidierung die Basis für nachhaltiges Wachstum und kündigte "tiefgreifende Einsparungen" an.
Die Ratingagentur Fitch hatte erst am Freitag die Kreditwürdigkeit Spaniens gesenkt und dabei ausdrücklich die Erwartung geäußert, dass die Einsparungen die wirtschaftliche Erholung erschweren werden. Die Regierung in Madrid hatte erst einen Tag zuvor ein milliardenschweres Sparprogramm verabschiedet. Am Wochenende räumte die französische Regierung ein, dass auch Frankreich wegen der Schuldenlast der Verlust der Bestnote "AAA" drohe.
Im Gegenzug für das von der Euro-Zone vereinbarte Rettungspaket über insgesamt 750 Mrd. Euro für Mitgliedsländer in Not haben neben Spanien auch Griechenland, Portugal und Italien trotz heftigem Widerstand drakonische Sparprogramme aufgelegt.
Furcht vor Abschwung wächst
Chinas Regierungschef Wen warnte, ein neuer Abschwung der Weltkonjunktur sei nicht mit absoluter Sicherheit auszuschließen. Vor allem die Schuldenprobleme von Ländern wie Griechenland seien ein Risiko, aber auch die hohe Arbeitslosigkeit in den USA und anderen Ländern. "Ist das Phänomen vorbei? Das scheint nicht so einfach zu sein", ergänzte Wen. "Wir müssen die Situation genau beobachten und handeln, um einen erneuten Abschwung zu verhindern." Dazu sei es nötig, dass sich alle Länder abstimmen und die Wirtschaft stärken. "Da darf es nicht die geringste Entspannung geben", mahnte er. Daher sei ein Ausstieg aus den nationalen Konjunkturprogrammen verfrüht.
Europäische Notenbanker sehen angesichts der Sparprogramme ebenfalls die Erholung in Gefahr. "Die große Herausforderung ist es, einen Teufelskreis zu verhindern, in dem eine Krise im öffentlichen Sektor erneut zu krisenhaften Entwicklungen in den Finanz- und Immobiliensektoren der Volkswirtschaft führt", sagte Nowotny, der auch Gouverneur der Notenbank Österreichs ist. Sein italienischer Amtskollege Mario Draghi forderte eine internationale Koordination der Haushaltskonsolidierung, um die Erholung nicht abzuwürgen. Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy macht sich der Zeitung "Le Monde" hinter den Kulissen weiter für eine europäische Wirtschaftsregierung stark und will hierzu auch Deutschland ins Boot holen.
Bundesregierung tritt auf die Sparbremse
Die Bundesregierung will ungeachtet der Sorgen um die Erholung den Rotstift ansetzen und bereits im kommenden Jahr mehr einsparen als durch die Schuldenbremse im Grundgesetz vorgegeben. Regierungssprecher Ulrich Wilhelm kündigte hierzu "tiefgreifende Einsparungen" an. "Wir treten sehr intensiv ein für einen Weg der Konsolidierung als Grundlage nachhaltigen Wachstums", sagte Wilhelm mit Blick auf die von hohen Staatsschulden geprägte Lage in Europa.
Die Eckpunkte der künftigen Sparpolitik will das Bundeskabinett am kommenden Wochenende bei einer Klausur festlegen. Der Hauptakzent werde dabei auf der Ausgabenseite liegen, aber auch der Abbau von Subventionen werde eine Rolle spielen.
Quelle: ntv.de, rts