Aufbruch in Lateinamerika Anleger glauben an Mexiko
17.03.2013, 16:30 Uhr
(Foto: Associated Press)
Wachstumsboom in Lateinamerika - das ist längst mehr als nur Brasilien. Experten für Schwellenländer schauen neuerdings auch immer öfter in Richtung Mexiko. Die Öffnung des Ölriesen Pemex oder Maßnahmen, um die Übermacht von Multimilliardär Slim zu bändigen, wecken den Hunger von Investoren. An den Kursen ist das bereits ablesbar.
Mexiko ruft hierzulande viele Assoziationen hervor - an ein Wirtschaftswunderland denken zunächst aber wohl nur wenige. Doch die zweitgrößte Volkswirtschaft Lateinamerikas etabliert sich zusehends als Liebling von Schwellenmarkt-Experten und kann mit soliden Wachstumszahlen punkten. Vor allem, seit Präsident Enrique Pena Nieto sein Amt Anfang Dezember angetreten hat, macht sich Aufbruchstimmung bereit. Die Regierung arbeitet an Reformen, die das Investitionsklima verbessern und die Steuereinnahmen erhöhen sollen. "Das Fenster für Reformen ist jetzt offen", sagt Torsten Hähn, Analyst bei der WGZ Bank. "Sollten das Steuerrecht und der Energiesektor tatsächlich - wie derzeit angedacht - neu ausgerichtet werden, dürfte der Wirtschaft ein Schub bevorstehen."
Pena Nieto hat sich die Liberalisierung des Arbeitsmarktes und die Öffnung des staatlichen Ölriesen Pemex für ausländische Investoren auf die Fahnen geschrieben. Auch im Telekomsektor sollen die Hürden für Anleger aus dem Ausland wegfallen und das Quasi-Monopol von Multimilliardär Carlos Slim mit seinem Konzern America Movil gebrochen werden. Insgesamt sollen die Reformen das Wachstum auf sechs von zuletzt rund vier Prozent pro Jahr ankurbeln.
"Die Aussichten für Mexiko sind fantastisch", sagt Henry Stipp, Experte für Schwellenland-Anleihen bei Threadneedle. "Momentan erlauben sie nur wenigen Leuten, in ihrem Land zu investieren. Wenn die Reformen der Regierung greifen, wird sich das aber ändern."
"Weltweit beste Performance"
In Vorfreude auf den Erfolg der Regierungspläne legen Aktienkurse und Währung des Landes seit längerem zu. Der mexikanische Peso hat im März gegenüber dem US-Dollar bisher 2,6 Prozent gewonnen - so viel wie keine andere der rund 150 wichtigsten Währungen der Welt.
Auch für die Börse in Mexiko-Stadt ging es kräftig nach oben: Seit im September klar war, dass Pena Nieto das Ruder übernehmen wird, stieg der Aktienleitindex rund 17 Prozent auf ein Allzeithoch. "Schon in den letzten zwei Jahren gehörte Mexiko zu den Aktienmärkten mit der besten Performance - nicht nur innerhalb der Schwellenländer, sondern weltweit", sagt Will Landers, Portfolio-Manager für Lateinamerika-Aktienfonds bei Blackrock. Zunächst hätten Investoren das Land aufgrund der engen wirtschaftlichen Verflechtungen mit den USA als sicheren Hafen unter den Schwellenmärkten angesehen. Das habe sich im Verlauf des Jahres 2012 aber geändert, denn der Fokus liege nun auf den starken Wachstumsprognosen für Mexiko.
Nachdem Pena Nieto seine Pläne zum Telekom-Sektor öffentlich gemacht hatte, schossen die Aktien von Maxcom und Axtel um 16 beziehungsweise 13 Prozent in die Höhe. Beide Telefonfirmen gelten als Profiteure, sollte der Markt künftig nicht mehr nur von einem Unternehmen beherrscht werden. Zudem könnte der spanische Branchenriese Telefonica seine Fühler nach den Unternehmen ausstrecken, um so einen Fuß in den mexikanischen Mobilfunkmarkt zu bekommen.
Alle Augen auf Pemex
Doch auch im Energiesektor Mexikos sehen viele Analysten große Chancen. Hier dürfte sich vor allem der Blick auf den Bond-Markt lohnen. Interessant seien Anleihen von Pemex, meint LBBW-Analyst Rodger Rinke. Ein noch bis 2018 laufender Bond des Unternehmens, das mit einem Rating von "BBB" noch im Top-Bonitäts-Bereich (Investment Grade) liegt, wirft derzeit rund 3,4 Prozent ab. Viele gut bewertete Titel europäischer Unternehmen weisen aufgrund der zuletzt hohen Nachfrage eine deutlich niedrigere Rendite auf.
Die Kreditqualität von Pemex sei stabil, sagte Rinke. "Der Konzern verfügt neben der unangefochtenen Monopolstellung im Land über signifikante Ölreserven in Mexiko." Das Problem sei allerdings, dass Pemex derzeit einen Großteil seiner Erträge über Steuern und Dividenden an den Staat abführen müsse. Zudem leide der Konzern unter einer hohen Verschuldung, weil Investitionen durch Fremdkapital gestemmt werden müssten. Das könnte sich in Zukunft allerdings ändern, meint WGZ-Bank-Analyst Stephan Sporkmann. "Sollte das Reformpaket im Jahresverlauf verabschiedet werden, dürfte die Beteiligung Dritter an Explorations- und Produktionsprojekten das Investitionsbudget des mexikanischen Staatskonzerns entlasten", prognostiziert der Experte.
Ankurbeln sollen die Reformen und erhofften Investitionen langfristig auch den Binnenkonsum, damit in dem lateinamerikanischen Staat eine kauffreudige Mittelsschicht entsteht. Dies könnte allerdings noch eine Weile dauern: Rund die Hälfte der Mexikaner lebt derzeit unter der Armutsgrenze und die wirtschaftliche Macht liegt nur in den Händen einiger weniger Familien.
Quelle: ntv.de, Tom Körkemeier und Daniela Pegna, rts