Eurozone kämpft ums Überleben Anleihemarkt unter Trommelfeuer
15.11.2011, 16:52 UhrDer Druck der Finanzmärkte auf die Euro-Krisenländer lässt nicht nach. Im Gegenteil. So klettern die Renditen für zehnjährige Staatsanleihen aus Frankreich und Belgien auf Rekordstände. Auch Papiere aus Spanien, Italien und Österreich geraten auf die Verkaufsliste der Investoren. Für die Staaten wird die Luft immer dünner.
Das Misstrauen der Anleger gegenüber dem Krisenmanagement der Euro-Staaten hat die Anleihen Kern-Europas erreicht. Investoren trennten sich am Dienstag im großen Stil von Bonds der bisher als noch grundsolide geltenden Länder Frankreich, Niederlande und Österreich. Von der Verkaufswelle wurden auch belgische und finnische Papiere erfasst. Einige Händler sprachen von "Panik" und "Hysterie".
Die Zinsunterschiede gegenüber deutschen Bundesanleihen kletterten auf das höchste Niveau seit der Einführung des Euro im Jahr 1999. "Das spiegelt ein Misstrauen gegen die Währungsunion als ganzes wider", fasste Helaba-Analyst Ulrich Wortberg zusammen. Ein US-Hedgefondsmanager twitterte, Investoren, die auf eine Normalisierung des Zinsniveaus gesetzt hätten, seien gezwungen, sich von ihren Beständen zu trennen.
"Internationale Investoren bauen ihr Risiko ab, da sie einfach nicht verstehen, warum Europa so lange braucht, um die Krise in den Griff zu bekommen", sagte ein Händler. "Einem Anleger in Asien oder Amerika kann man nicht erklären, warum es in Europa Wochen oder Monate dauert, bis ein Beschluss gefasst ist. Und haben sich die Europäer dann mal bis zu einer Entscheidung durchgerungen, dauert die Umsetzung nochmal so lange", ergänzte ein weiterer Börsianer. "Es scheint als ob die letzten Dämme brechen", kommentierte ein dritter.
Die Rendite der zehnjährigen deutschen Bundesanleihen - sie sind richtungsweisend für die Euro-Zone - fiel auf 1,7 Prozent am Vorabend. Im Gegenzug stiegen die Renditen vergleichbarer französischer Anleihen auf 3,6 Prozent, österreichischer Anleihen auf 3,7 Prozent und belgische Anleihen auf 4,9 Prozent. Wegen der höheren Unsicherheit an den Rentenmärkten verteuerten sich auch die Kreditausfallversicherungen (CDS, Credit Default Swaps) für französische und andere Papiere.
Besonders angespannt ist nach wie vor die Situation für Italien und Spanien. Italiens zehnjährige Staatstitel verzeichneten den deutlichsten Renditeanstieg im europäischen Staatsanleihenmarkt. Mit 7,03 Prozent rentieren die Papiere wieder knapp über der kritischen Schwelle, ab der Griechenland, Portugal und Irland Hilfen beantragen mussten. Auf Dauer kann sich ein Land zu diesen Zinsen nicht refinanzieren. Die Rendite für spanische Zehnjahresanleihen legte indes ebenfalls kräftig um rund 0,2 Prozentpunkte auf 6,3 Prozent zu.
Viele Ökonomen halten den Rettungschirm EFSF deshalb bereits für gescheitert. Er könne große Volkswirtschaften wie Spanien und Italien nicht stützen. Sie sehen die Europäische Zentralbank als letzte Rettung und fordern, sie solle unbegrenzt Staatsanleihen kaufen, um die Märkte zu beruhigen.
Quelle: ntv.de, jga/rts/dpa