Guttenberg-Appell an Eigentümer Arcandors Überlebenskampf
09.06.2009, 10:00 UhrDer schwer angeschlagene Handels- und Touristikriese Arcandor will sich in letzter Minute doch noch die vorerst rettenden Hilfen sichern. Heute soll in Berlin ein nachgebesserter Antrag auf staatliche Rettungsbeihilfe über 437 Mio. Euro vorgelegt werden.
Zudem versuchte die Arcandor-Spitze noch, Eigentümer, Banken und Vermieter zu einem größeren Beitrag zu bewegen. Der neue Anlauf dürfte die letzte Chance sein, die drohende Insolvenz der Arcandor AG abzuwenden. "Wir brauchen eine Entscheidung bis Mittwoch", sagte Konzernsprecher Gerd Koslowski.
Nach Angaben von Bundeswirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg reicht die von den Eigentümern angebotene Kapitalerhöhung von 150 Mio. Euro nicht aus. Um an einen staatlichen Rettungskredit zu kommen, müsse ein Zehn-Punkte-Plan erfüllt werden, der "den Chefs bekannt sei", sagte der CSU-Politiker in der ARD. Die Eigentümer müssten tatsächlich Kapital zuschießen, nicht nur eine Kapitalerhöhung anbieten.
Ins gleiche Horn blies auch der finanzpolitische Sprecher der Grünen-Fraktion, Gerhard Schick. "Ohne eine wirkliche Beteiligung der Eigentümer können wir doch nicht verantworten, dass wir staatliches Geld, Steuergeld von allen, herausgeben", sagte er bei n-tv.
Am Montag waren zunächst die Hoffnungen auf Staatshilfen innerhalb weniger Stunden zerplatzt. Zuerst wurde eine Bürgschaft sowie ein Kredit aus dem "Wirtschaftsfonds Deutschland" abgelehnt, danach folgte eine Absage des Bundes an eine Rettungsbeihilfe. Nach Medieninformationen bekam Arcandor aber eine allerletzte Frist für "einen neuen, substanziell verbesserten Antrag" auf Rettungsbeihilfen.
Arcandor hatte sich eine Staatsbürgschaft in Höhe von 650 Mio. und einen Kredit über 200 Mio. Euro aus dem "Wirtschaftsfonds" erhofft. An diesem Freitag läuft eine Kreditlinie über 650 Mio. Euro aus. Spätestens bis dahin müsste ein Rettungskonzept aller Beteiligten stehen.
Wieder zahlreiche Mahnwachen
Arcandor-Chef Karl-Gerhard Eick schwor am Montag vor der Essener Konzern-Zentrale die Belegschaft auf einen Kampf um jeden Job ein. Die Absage aus Berlin bedeute keineswegs die Insolvenz, rief der Manager per Megafon der Belegschaft zu. Karstadt-Chef Stefan Herzberg sieht für Warenhäuser des Arcandor-Konzerns gute Überlebenschancen. Auch die Eigentümer von (ehemals) KarstadtQuelle hätten deutlich gemacht, sie wollten alles tun, um eine Insolvenz zu vermeiden.
Bundesweit kam es zu Aktionen von Karstadt-Beschäftigten wie Mahnwachen, es wurden Schaufenster verhüllt und die Beschäftigten fuhren in Autokorsos in die Innenstädte. Bürgermeister aus Städten mit Karstadt-Filialen forderten, Standorte mit den insgesamt mehr als 50 000 KarstadtQuelle-Arbeitsplätzen zu retten.
Thomas Cook bleibt eigenständig
Die Arcandor-Touristiktochter Thomas Cook betonte erneut ihre Unabhängigkeit. "Thomas Cook ist ein eigenständiges und profitables Unternehmen, das an der Londoner Börse notiert ist", hieß es in einer Mitteilung der deutschen Thomas Cook AG. Arcandor hält 52,8 Prozent der Thomas-Cook-Anteile. Der Reiseveranstalter gilt als der Gewinnbringer des Arcandor-Konzerns.
Quelle: ntv.de, wne/dpa