Wirtschaft

Autoabsatzsorgen und Jobängste Asien fährt Europa den Rang ab

Kia kann auch in Europa punkten.

Kia kann auch in Europa punkten.

(Foto: REUTERS)

Vor allem in Indien, China, Russland und den USA boomt der Autoabsatz. Ein ganz anderes Bild zeichnet sich in Europa: Die Euro-Krise und die konjunkturelle Schwäche Südeuropas bremsen die Verkäufe. Vor allem Massenhersteller bekommen Probleme. Die Angst vor Stellenstreichungen und einem Verdrängungswettbewerb geht um.

Der europäische Automobilmarkt setzt seine Talfahrt ungebremst fort und bleibt das Sorgenkind der Industrie: Im April wurden in den 27 Ländern der Europäischen Union und den Mitgliedsländern der Europäischen Freihandelszone knapp 1,06 Millionen Pkw zugelassen, 6,5 Prozent weniger als im Vorjahr. Hersteller, die vor allem auf den alten Kontinent konzentriert sind, geraten damit immer stärker unter Druck.

Abwärts ging es im April erneut vor allem in den Ländern, die im Zentrum der Schuldenkrise stehen: In Griechenland sanken die Neuzulassungen um mehr als die Hälfte, in Portugal um 42 Prozent und in Italien und Spanien jeweils um rund ein Fünftel, wie aus Daten des europäischen Herstellerverbandes hervorgeht. Nur in einer handvoll Ländern gab es Zuwächse. Die einzigen großen Märkte, auf denen die Ampeln auf grün standen, waren der deutsche und der britische mit einem Plus von jeweils rund 3 Prozent.

Kia weit vor Audi und BMW

Auf der Verliererstraße waren auch im April vor allem die Volumenhersteller. Die Verkäufe der spanischen VW-Tochter Seat sanken europaweit um gut 22 Prozent, die der Fiat-Marke Alfa Romeo brachen sogar um fast ein Drittel ein. Der Absatz der krisengebeutelten Adam Opel AG sank um etwa 17 Prozent, wohingegen die Schwestermarke Chevrolet um gut ein Fünftel zulegte.

Auch die japanischen Hersteller konnten sich dem Abwärtstrend nicht entziehen und verbuchten fast ausnahmslos prozentual zweistellige Minusraten. Eine der wenigen Gewinner war neben Chevrolet die südkoreanische Marke Kia, die um fast ein Fünftel zulegen konnte. Die deutschen Premiumhersteller BMW, Audi und Mercedes-Benz schafften ebenfalls leichte Zuwächse.

Markt ist satt

Die Mechanik, die dem europäischen Markt zu schaffen macht, ist einfach: Die Autonachfrage ist direkt an die Konjunkturentwicklung gekoppelt. Sind die Zeiten unsicher, schieben potenzielle Käufer nicht selten ihre Entscheidung auf die lange Bank und sorgen für leere Verkaufsläden.

Nur in zwei der vergangenen zwölf Monate konnte der europäische Markt deshalb wachsen. In den ersten vier Monaten des Kalenderjahres 2012 summiert sich das Minus in Europa nach ACEA-Angaben insgesamt auf 7,1 Prozent. Und da wegen der Schuldenkrise in diesem Jahr wohl die Wirtschaftsleistung in der EU schrumpfen wird, sagen sämtliche Branchenexperten dem als weitgehend gesättigt geltenden hiesigen Automobilmarkt auch auf Jahressicht einen Rückgang voraus. Es wäre der vierte hintereinander.

Problem: Überkapazitäten

Opel-Chef Karl-Friedrich Stracke sagte dem "Wall Street Journal Deutschland", dass das Minus wohl bei rund 800.000 verkauften Wagen auf etwa 19 Millionen Stück liegen wird. Auch Christian Klingler, Vertriebschef von Europas größtem Autobauer Volkswagen, zeigte sich mit Blick auf Westeuropa zuletzt wenig optimistisch und warnte vor einer "weiteren Eintrübung der Märkte". "Unsere Erwartungen haben sich aktuell nach unten entwickelt", gestand der Österreicher ein.

Angesichts der schwachen Nachfrage rückt das Problem der Überkapazitäten zusehends stärker in den Fokus. In Europa nahmen einige Hersteller in der tiefen Wirtschafts- und Branchenkrise 2008/2009 anders als in den USA unter anderem wegen politischer Widerstände deutlich weniger Kapazitäten aus dem Markt. Opel-Chef Stracke schätzte unlängst, dass in Europa momentan insgesamt rund 3 Millionen Autos zu viel gebaut werden können.

Die schwache Nachfrage und die Überkapazitäten sorgen dafür, dass kaum ein Hersteller in Europa schwarze Zahlen schreibt. Denn die Folge ist ein brutaler Preiskampf, mit dem die Unternehmen ihre Marktanteile verteidigen wollen. Bei Autobauern, die die Verluste in Europa nicht ausreichend auf anderen Märkten wettmachen können, geht seit einigen Wochen und Monaten die Angst vor Stellenstreichungen und Werksschließungen um. Dazu gehören unter anderem Peugeot, Opel und Fiat.

Während von einer Frühjahrsbelebung zwischen Nordkap und Sizilien nichts zu spüren ist, läuft es außerhalb Europas weiter blendend für die Automobilbranche. Der chinesische Automobilmarkt zog nach einem schwachen ersten Quartal im April wieder um 14 Prozent an, wie der deutsche Herstellerverband VDA erklärte.

Auch in den USA ging es weiter aufwärts: Obwohl es in diesem April drei Verkaufstage weniger gab als im Vorjahresmonat legten die Verkäufe von Pkw und leichten Nutzfahrzeugen um gut 2 Prozent auf 1,18 Millionen zu. Prozentual zweistellige Zuwächse verbuchte die Industrie nach VDA-Angaben zudem auf den wichtigen Schwellenmärkten Indien und Russland.

Quelle: ntv.de, Nico Schmidt, DJ

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen