Keynes Jünger sind sicher Aus Krise sparen geht nicht
11.05.2010, 16:20 UhrWie kann die Krise in der Euro-Zone gelöst werden? Nachfrageorientierte Ökonomen wie Gustav Horn und Philip Arestis sind der Meinung, dass sich Länder wie Griechenland und Portugal über ein Wachstum daraus befreien können. Neben der kurzfristigen Stabilisierung der Märtke müsse es mittelfristig darum gehen, die Wirtschaft anzukurbeln.
Die Griechenland- und Euro-Krise muss nach Ansicht von Wirtschaftsexperten über das Krisenmanagement hinaus langfristig gelöst werden. Ziel müsse sein, dass steigende Einkommen in ganz Europa für Wachstum sorgen, heißt es in einem offenen Brief von mehr als 160 europäischen Ökonomen, Sozialwissenschaftlern und Gewerkschaftern.
Mit hartem Sparen alleine könnten Länder wie Griechenland oder Portugal die Krise nicht hinter sich lassen. "Sie müssen die Chance haben, sich mit Wachstum daraus zu befreien." Zudem sollten in Staaten mit Handelsüberschüssen wie Deutschland oder Österreich die Konjunkturprogramme länger laufen und die Löhne stärker wachsen als die Produktivität.
Initiatoren des Memorandums sind Gustav Horn vom gewerkschaftsnahen IMK-Institut aus Düsseldorf und Philip Arestis von der Universität Cambridge. Viele der Unterzeichner, darunter UNCTAD-Chefvolkswirt Heiner Flassbeck, gelten als Vertreter einer nachfrageorientierten Wirtschaftspolitik. Die Experten fordern einen Kurswechsel für Europa und warnen davor, sich auf eine einseitige Strategie des Sparens und der Ausgabenkürzung zu verlassen. "Die Zukunft der Euro-Zone als ganzes steht auf dem Spiel." Die Wissenschaftler sehen ein ernstes Risiko, dass die griechische Schuldenkrise zu einem Domino-Effekt führt. "Portugal und andere Länder stehen jetzt da, wo Griechenland vor einigen Monaten war."
Griechen und Spanier im Hintertreffen
Die Euro-Länder und der Internationale Währungsfonds (IWF) hatten ein Hilfspaket von 110 Milliarden Euro geschnürt, da das hochverschuldete Griechenland sich nicht mehr am Kapitalmarkt refinanzieren konnte. Aus Angst um die Stabilität des Euro und ähnliche Entwicklungen in anderen Ländern legten die Euro-Länder nach und zimmerten zusammen mit dem IWF einen Schutzschirm von rund 750 Milliarden Euro für ihre Mitglieder.
"Dies war notwendig, aber auch lange überfällig und - am wichtigsten - wird alleine nicht ausreichen", urteilten Horn und Arestis. Neben der kurzfristigen Stabilisierung der Märkte müsse es mittelfristig darum gehen, die Wirtschaft anzukurbeln.
Länder wie Griechenland und Spanien hätten wegen stark steigender Lohnstückkosten an Wettbewerbsfähigkeit verloren, während etwa Deutschland, Österreich und die Niederlande dazu gewonnen hätten. Deshalb müssten Löhne und Preise in Staaten wie Griechenland relativ gesehen sinken, in Deutschland aber schneller steigen. Die "aggressive Politik der Lohnmoderation" in Deutschland sorge für einen solchen Preisverfall auf breiter Front, dämpfe die Binnennachfrage und drohe, "die Währungsunion zu explodieren", schreiben die Forscher.
Quelle: ntv.de, rts