Machtwechsel in Berlin Autobauer vor härteren Zeiten
28.09.2009, 15:02 UhrDie Automobilindustrie muss sich unter einer Bundesregierung aus CDU/CSU und FDP auf eine andere Gangart einstellen. Die FDP wird nach Überzeugung von Experten dafür sorgen, dass weniger Subventionen fließen.
Damit erhöht sich der Druck auf die Schlüsselindustrie, den Sparkurs zu verschärfen. "Ich rechne damit, dass wir Ende dieses, Anfang nächsten Jahres in der Automobilindustrie einiges an Kündigungen haben werden", sagt Autoexperte Stefan Bratzel von der Fachhochschule Bergisch Gladbach.
Aber auch unabhängig vom Ausgang der Bundestagswahl müssen die Autobauer nach Meinung von Branchenkennern das Problem zu hoher Kapazitäten angehen. Denn bei klammen Staatskassen und hoher Verschuldung wird auf absehbare Zeit keine Regierung mehr in der Lage sein, weitere Gelder in die Ankurbelung der Pkw-Nachfrage zu stecken. Eine Verlängerung der Abwrackprämie hatte Bundeskanzlerin Angela Merkel ohnehin bereits ausgeschlossen.
Konkrete Auswirkungen könnte die Abwahl der Großen Koalition für den Autobauer Opel haben, mit dessen Rettung sich sowohl Union als auch SPD während des Wahlkampfs geschmückt haben. "Der Druck auf eine privatwirtschaftliche Lösung wird größer", sagt der Automobilexperte Willi Diez. Der Leiter des Instituts für Automobilwirtschaft an der Hochschule Nürtingen-Geislingen geht davon aus, dass sich die Liberalen dafür einsetzen werden, dass der Überbrückungskredit möglichst rasch zurückgezahlt und die Magna für den Opel-Kauf in Aussicht gestellten Staatsgarantien in absehbarer Zeit abgelöst werden. "Spekulationen auf weitere Staatshilfen für Opel dürften damit beendet sein", glaubt Diez.
Kein sozialer Kahlschlag
Der Arbeitgeberverband Gesamtmetall erwartet auch nach der Wahl keine große Entlassungswelle. Allerdings werden die Jobverluste in der Metall- und Elektro-Industrie in den nächsten Monaten wahrscheinlich auch nicht zurückgehen. Die Unternehmen versuchen weiter, möglichst viele Beschäftigte durch Kurzarbeit an Bord zu halten, um bei einem Aufschwung durchstarten zu können. Mit Dauer der Flaute nimmt aber der Druck zu, Stellen zu streichen. Die Metall- und Elektroindustrie hat seit Jahresanfang monatlich bereits 20.000 Arbeitsplätze verloren. Damit ist absehbar, bis wann die im vorangegangenen Aufschwung geschaffenen 240.000 Stellen abgebaut sind.
Die Gewerkschaften befürchten zudem, dass die FDP versuchen könnte, die Mitbestimmung in den Unternehmen einzuschränken. Bei mehreren Autobauern strebt die IG Metall daher eine Kapitalbeteiligung der Belegschaften an, um Mitspracherechte abzusichern. "Es könnte ja sein, dass die paritätische Mitbestimmung irgendwann einmal abgeschafft wird", sagte VW-Betriebsratschef Bernd Osterloh jüngst mit Blick auf die Liberalen.
Gewerkschaftskenner rechnen allerdings nicht mit größeren sozialpolitischen Umwälzungen. "Die CDU mit ihrem fast schon sozialdemokratischen Flügel wird bei dem schlechten Wahlergebnis auch auf diese Klientel achten müssen", sagt Josef Esser, Gewerkschaftsforscher an der Uni Frankfurt. Dagegen dürfte die von den Sozialdemokraten vorangetriebene Ausweitung des Mindestlohns durch die FDP gebremst werden, erwartet Hagen Lesch, Gewerkschaftsforscher des arbeitgebernahen Instituts der deutschen Wirtschaft in Köln.
Quelle: ntv.de, wne/rts