Wirtschaft

Neues Geld statt neuer Termine BER-Posse geht weiter

Rainer Bomba, Matthias Platzeck und Klaus Wowereit (v.l): Betroffene Mienen nach der Aufsichtsratssitzung.

Rainer Bomba, Matthias Platzeck und Klaus Wowereit (v.l): Betroffene Mienen nach der Aufsichtsratssitzung.

(Foto: dpa)

"Die Lage ist nicht optimal", heißt es aus dem Bundesverkehrsministerium nach einem stundenlangen Krisentreffen zum Thema Hauptstadtflughafen. Das heißt konkret: Der Starttermin steht noch immer nicht fest. Stattdessen wollen Bund, Berlin und Brandenburg das Projekt nun mit einer Finanzspritze vor der Zahlungsunfähigkeit retten. Dagegen regte sich bereits im Vorfeld Widerstand.

Die Hängepartie um die Eröffnung des Hauptstadtflughafens Berlin Brandenburg geht weiter. Der Aufsichtsrat legte sich nach einem stundenlangen Krisentreffen nicht fest, ob der Starttermin 17. März 2013 zu halten ist. Diese Entwicklung hatte sich bereits im Vorfeld der Sitzung angedeutet, weil der neue Technikchef Horst Amann ausreichend Zeit bekommen sollte, um einen Termin für die Eröffnung zu prüfen. "Wir haben ein hohes Interesse daran, einen verlässlichen Termin zu haben", sagte der Aufsichtsratsvorsitzende, Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit. Eine Entscheidung über den Eröffnungstermin soll nun bei der nächsten planmäßigen Aufsichtsratssitzung am 14. September fallen.

Amann selbst sagte, er habe bei Dienstbeginn Anfang August eine "fast stillstehende Baustelle" vorgefunden, "weil die entsprechenden Pläne fehlen". Wann der Flughafen in Betrieb genommen werden kann, sei deshalb aus heutiger Sicht nicht zu sagen. "Spekulationen darüber sind nicht angebracht", sagte Amann. Der Brandschutz bleibe das zentrale Thema.

Ursprünglich sollte der Flughafen im November 2011 eröffnet werden. Der Termin wurde aber dann auf den 3. Juni 2012 verschoben, als Grund wurde die Pleite einer Firma angegeben. Dass auch dieses Datum nicht gehalten werden konnte, vor allem wegen Brandschutzmängeln, wurde erst kurz vorher bekannt. Damit nahm das Flughafen-Debakel seinen Lauf, Technikchef Manfred Körtgen musste für Amann seinen Posten räumen. Als neuer Termin wurde der 17. März 2013 genannt, der aber zuletzt unter Vorbehalt stand.

Finanzspritze gegen Insolvenz

In der zentralen Frage, wie unter anderem die entstehenden Mehrkosten von bis zu 1,177 Milliarden Euro aufgebracht werden sollen, scheint dagegen eine Lösung gefunden zu sein: Der Bund und die Länder Berlin und Brandenburg wollen den Hauptstadtflughafen mit einer Finanzspritze vor der Zahlungsunfähigkeit retten. "Es wird ein Mix sein aus Eigenkapital, aus Überbrückungskrediten und Gesellschafterdarlehen", sagte der Verkehrsstaatssekretär des Bundesverkehrsministeriums, Rainer Bomba, ohne konkrete Summen zu nennen.

Die Lage sei "nicht optimal", räumte der CDU-Politiker Bomba ein. Denn auch für die Finanzierung sei wichtig zu wissen, wann der Flughafen fertiggestellt wird. Bevor das staatliche Geld fließt, muss ein Beihilfeverfahren der EU-Kommission abgewartet werden. Bomba kündigte an, dass demnächst Kontakt mit Brüssel aufgenommen werde.

Schon vor der Sitzung war erwogen worden, weiteres Steuergeld in das Prestigeprojekt zu pumpen. Bis die EU grünes Licht für die Beihilfe gibt, sollten die Flughafen-Eigentümer Berlin, Brandenburg und der Bund die Garantie für einen Überbrückungskredit übernehmen. Bislang haben der Bund und die beiden Länder für den Flughafen 430 Millionen Euro gezahlt. Außerdem bürgen sie für Kredite im Umfang von 2,4 Milliarden Euro. Der Bund hält 26 Prozent der Anteile, die Länder Berlin und Brandenburg jeweils 37 Prozent.

Widerstand gegen Staatshilfen

Gegen staatliche Hilfen formierte sich in der schwarz-gelben Bundesregierung aber bereits Widerstand. Vor allem die FDP sprach sich vor dem Ende der Aufsichtsratssitzung dagegen aus, auch in der Union gab es Vorbehalte. Der staatliche Flughafenbetreiber hat Schwierigkeiten, neue Kredite zu bekommen, ist nach eigenen Angaben aber noch bis Jahresende flüssig.

Der FDP-Bundestagsfraktionsvorsitzende Rainer Brüderle sagte der "Berliner Morgenpost" zu Bundeszuschüssen für das Projekt: "Es kann nicht sein, dass Berlin diese Chaos-Kosten auf den Bund abschiebt." Unionsfraktionsvize Arnold Vaatz sagte dem "Tagesspiegel": "Solange es bei diesem Delegieren der Verantwortung und dieser Informationspolitik seitens der Mehrheitseigner Berlin und Brandenburg bleibt, darf es kein zusätzliches Geld vom Bund geben."

Der 15-köpfige Aufsichtsrat um die Regierungschefs von Berlin und Brandenburg, Klaus Wowereit und Matthias Platzeck (beide SPD), und den Staatssekretär Bomba steht unter großem Druck. Platzeck und Wowereit sehen sich Forderungen ausgesetzt, ihre Posten in dem Kontrollgremium abzugeben. Aus der Opposition in Berlin und Brandenburg kommen auch Rücktrittsforderungen an Flughafenchef Rainer Schwarz.

Platzeck wies Forderungen der oppositionellen CDU im brandenburgischen Landtag nach einem Rückzug zurück. Er wolle weiter an diesem Projekt arbeiten, das einmal wesentlich zum Aufschwung der Region beitragen werde, sagte er der "Märkischen Allgemeinen"

Lärmschutz aufgebessert

Doch nicht nur bei die Finanzierung, auch beim Lärmschutz gab es Streitpunkte, die dem Aufsichtsrat auf den Tisch gelegt wurden. Das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg hatte festgestellt, dass die Flughafengesellschaft die Schutzziele aus dem Planfeststellungsbeschluss systematisch verfehlt hatte. Nun sollen die Anwohner am Berliner Hauptstadtflughafen einen deutlich besseren Schutz vor Fluglärm bekommen. Allerdings bleibt das Unternehmen weiter hinter der Maßgabe des Oberverwaltungsgerichts zurück, wonach in den Häusern um den Flughafen normale Gespräche (55 Dezibel) tagsüber nie von Fluglärm übertönt werden dürfen. Platzeck sagte einen Durchschnittswert von knapp unter 0,5 Überschreitungen pro Tag voraus.

Das OVG-Urteil hätte für den Flughafen Mehrkosten von 591 Millionen Euro gebracht, die maßgeblich zur bislang genannten Finanzlücke beitrugen. Nun dürfte es zumindest in diesem Punkt günstiger werden. Die Mehrkosten für den Schallschutz werden nach früheren Berechnungen aber immer noch bei mehr als 300 Millionen Euro liegen.

Quelle: ntv.de, sla/dpa/rts

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