Wirtschaft

Zerstörerischer Umschwung? BIZ warnt vor Crash durch Risiko-Anleger

Deutliche Worte: Die BIZ sorgt sich angesichts der durch Investoren aufgebauten Risiken.

Deutliche Worte: Die BIZ sorgt sich angesichts der durch Investoren aufgebauten Risiken.

(Foto: REUTERS)

Mit den niedrigen Zinsen steigt die Risikobereitschaft: Auf der Suche nach Rendite kaufen Anleger Anleihen von Krisenstaaten und schlecht bewerteten Firmen. Nach Ansicht der BIZ sind mutige staatliche Eingriffe erforderlich - sonst könnte die Situation kippen.

Die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) warnt vor neuen Turbulenzen auf den Finanzmärkten. Ausgelöst werden könnten sie durch eigentlich als eher konservativ geltende Großinvestoren wie Pensionsfonds oder Vermögensverwalter. Während viele Banken immer noch ihre Wunden nach der jüngsten Krise leckten, gingen diese angesichts der weltweit niedrigen Zinsen immer höhere Risiken ein, unter Druck teils garantierte Erträge erwirtschaften zu müssen, sagte BIZ-Chefvolkswirt Hyun Song Shin der Nachrichtenagentur Reuters. "Aktuell sieht alles zwar sehr gut aus, aber es baut sich möglicherweise ein schmerzhafter und sehr zerstörerischer Umschwung auf."

Shin hatte sein Amt bei der BIZ im Mai angetreten. Für den südkoreanischen Ökonomieprofessor und früheren Präsidentenberater in seinem Heimatland sind inbesondere die geringen Schwankungen der Notierungen an den Weltmärkten ein Warnsignal. Durch die aus seiner Sicht trügerische Ruhe werde verdeckt, dass einzelne Investoren schon heute immense Risiken aufgebaut hätten.

Banken diesmal nicht das Problem

Anders als vor der jüngsten Krise seien dieses Mal aber nicht die Banken das Problem. "Das passiert jetzt bei den anderen Spielern. Diesen schließen sich inzwischen auch eigentlich langfristig orientierte Investoren an." Deren neues Verhalten berge große Gefahren. "Wir betreten hier bis dato völlig unbekanntes Terrain."

Daher dürften die Bemühungen um eine umfassende Regulierung der Finanzbranche nicht bei den Banken stehen bleiben. "Wir haben die Regulierung der Banken verstärkt, aber die Risiken haben sich verändert. Wir dürfen nicht blind werden für neue Risiken", sagte er. So seien Investoren inzwischen oft bereit, teils hoch riskante Wertpapiere, etwa Anleihen von Firmen mit niedrigerer oder zweifelhafter Bonität, zu zeichnen. Im vergangenen Jahr etwa wurden weltweit pro Quartal im Schnitt riskante Unternehmensanleihen im Wert von 90 Milliarden Dollar emittiert, die reißenden Absatz fanden. Vor der Krise waren es pro Quartal im Schnitt 30 Milliarden Dollar.

Staatliche Eingriffe gegen Blasen

Um durch die Jagd der Investoren nach Rendite entstehenden Spekulationsblasen entgegenzuwirken - etwa an den in vielen Ländern angespannten Immobilienmärkten -  sprach sich Shin für staatliche Eingriffe aus. In vielen Industrienationen seien die Behörden mit dem Einsatz solcher Mittel zu zurückhaltend. Länder wir Südkorea oder die Stadtstaaten Hongkong und Singapur hätten dagegen sehr gute Erfahrungen damit gemacht, sagte Shin. "Die Zurückhaltung liegt auch daran, dass diese Instrumente kaum erprobt worden sind in den Industrienationen." Den Entscheidungsträgern seien die Möglichkeiten, die sie hätten, oft kaum bekannt. "Da ist noch Einiges zu tun."

Großbritannien führt ab Oktober wegen des Immobilienbooms in London und anderen Großstädten Grenzen bei Hypothekenkrediten ein. Nach Angaben der Notenbank wird die neue Regel bei 85 Prozent der neuen Kredite greifen. Auch in Deutschland sind die Preise für Immobilien in den Ballungsräumen und auch in mittelgroßen Städten zuletzt massiv gestiegen. Die Bundesbank spricht zwar noch nicht von einer Spekulationsblase, wohl aber von lokalen Überhitzungen.

Die im schweizerischen Basel ansässige BIZ gilt als die "Zentralbank der Zentralbanken". Sie wurde 1930 ursprünglich dafür gegründet die deutschen Reparationszahlungen nach dem Ersten Weltkrieg an die Siegermächte abzuwickeln. Heute dient sie als Plattform für den Auftausch von Notenbankern in aller Welt und verwaltet zudem in deren Auftrag Teile der globalen Goldreserven. Die BIZ war eine der wenigen Institutionen, die vor der schweren Finanzkrise der Jahre 2007/08 gewarnt hatten.

Europas Banken in kritischer Phase

Derweil warnte die Bank in ihrem unter Fachleuten als eine bedeutende Analyse von Weltwirtschaft, Geldpolitik und Finanzwirtschaft geltenden Jahresbericht, dass sich auch gut sechs Jahre nach dem Höhepunkt der Finanzkrise insbesondere Europas Bankensektor weiter in einer kritischen Situation befinde. Zwar habe die Branche weltweit wieder recht gut Tritt gefasst. Allerdings bleibe die Lage gerade in Europa angespannt. Der Handlungsbedarf sei weiter groß, um die Banken widerstandsfähiger und ihre Geschäftsmodelle langfristig tragfähig zu machen.

Gerade in Europa sei die hohe Verschuldung der Institute weiter ein Risiko. Allerdings räumt die BIZ ein, dass die Institute in der Eurozone zuletzt im Zusammenhang mit dem laufenden Bilanzcheck der Europäischen Zentralbank (EZB) diese Probleme verstärkt angingen. Die Institute machten nun anscheinend Ernst damit, in ihren Bilanzen aufzuräumen und Problemanlagen abzuschreiben.

Außerhalb des Euro-Raums - vor allem in den USA - haben sich die Gewinne der Banken im vergangenen Jahr laut dem BIZ-Bericht wieder deutlich verbessert. Dagegen sei in der Eurozone angesichts von Staatsschuldenkrise und der verbreitet schwierigen Konjunktur die Ertragslage trüb geblieben.     

Insgesamt habe der Sektor weltweit seit der Krise seine Puffer verstärkt, indem Gewinne einbehalten wurden. Zugleich senkten die Banken ihren Bestand an Risikopositionen. Allerdings bemängelt die BIZ dabei, dass dies auch daran lag, dass die Institute einfach optimistischere Risikomodelle anwendeten. Bei der Berechnung dieser Werte forderte die Notenbanker-Institution nun erneut mehr Transparenz, um das Vertrauen in die Stabilität der Kreditinstitute zu stärken.

Quelle: ntv.de, jwu/rts

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