Berlin und Hamburg Bahn will S-Bahnen verschmelzen
17.07.2011, 17:04 UhrDie Berliner S-Bahn verliert nach einer jahrelangen Pannenserie wohl ihre Eigenständigkeit. Bis spätestens 2017 will der Mutterkonzern Deutsche Bahn die Berliner mit der Hamburger S-Bahn zusammenlegen. Davon wären auch über 100 Tochtergesellschaften betroffen, die unter das neue Dach schlüpfen oder geschlossen werden sollen.
Nach den zahlreichen Pannen der Berliner S-Bahn in den vergangenen Jahren soll das Unternehmen mit der Hamburger Schnellbahn zusammengelegt werden. Die Deutsche Bahn will im Zuge der geplanten Auflösung und Verschmelzung von über 100 Tochtergesellschaften auch die S-Bahn in den beiden größten deutschen Städten unter einem Dach zusammenführen. Das geht aus Vorstandsunterlagen hervor, die der Nachrichtenagentur Reuters zugänglich waren. Das Unternehmen wollte dies weder bestreiten noch bestätigen. "Interne Papiere kommentieren wir nicht", sagte ein Sprecher.
Die Verschlankung des Konzerns und die Reduzierung der derzeit fast 300 deutschen Töchter werden demnach bereits in diesem Jahr in Angriff genommen. "Die gesamte Umsetzungsphase soll im Inland bis 2013 abgeschlossen sein", heißt es in den Papieren weiter. Die Fusion der Berliner und Hamburger S-Bahn könnte allerdings später kommen: "Die Verschmelzung der beiden S-Bahnen Hamburg und Berlin soll gegebenenfalls erst nach Ablauf der aktuellen Verkehrsverträge erfolgen." Dies wäre dann 2017 der Fall.
Die Berliner S-Bahn war durch zahlreiche Pannen seit 2009 wiederholt in die Schlagzeilen geraten. Züge mussten wegen Mängeln oder fehlender Überprüfung von Achsen und Rädern aus dem Verkehr gezogen werden. Später kamen weitere Defekte etwa an den Türen hinzu. Zwischenzeitlich hatte der Bahn-Konzern die gesamte Geschäftsführung der S-Bahn Berlin ausgewechselt. Erst für Ende dieses Jahres hat die Bahn eine Rückkehr zum Normalfahrplan angekündigt.
Weniger Töchter, weniger Manager
Die geplante Zusammenlegung steht in Zusammenhang mit der Ausdünnung der gesamten Tochtergesellschaften der Bahn. Im In- und Ausland sind dies über 1000 Gesellschaften. Zunächst hat die Deutsche Bahn aber den Nutzen der 287 inländischen Töchter unter die Lupe genommen: "Danach können in Deutschland 51 Gesellschaften verschmolzen und weitere 50 Gesellschaften verkauft und liquidiert werden", heißt es. Für weitere 40 sei die Prüfung noch nicht abgeschlossen. In Deutschland handelt es sich in erster Linie um GmbHs, die meist der DB Regio AG zugeordnet sind. Die Bahn will damit offensichtlich vor allem Führungspersonal abbauen. Mit der drastischen Verkleinerung könnten Millionen gespart werden. Im Schnitt sollen dies für jede einzelne Zusammenlegung jährlich rund 100.000 Euro einsparen, heißt es im Vorstandspapier.
In Kreisen der Berliner S-Bahn wurde jedoch auch vermutet, die Zusammenlegung könne zudem den Sinn haben, die Arbeitnehmervertretung in Berlin zu schwächen. Die Betriebsräte der Berliner S-Bahn gelten im Konzern als besonders kämpferisch. Eine Zusammenlegung mit der Hamburger S-Bahn würde auch einen gemeinsamen Betriebsrat bedeuten.
Ursprünglich wollte die Bahn den Papieren zufolge sogar noch einen Schritt weiter gehen und die drei großen Aktiengesellschaften für Fern-, Nah- und Güterverkehr in GmbHs umwandeln. Dies hätte bedeutet, dass der bei AGs vorgeschriebene Aufsichtsrat für die entscheidenden operativen Gesellschaften entfallen wäre und diese direkt gegenüber dem obersten Bahn-Management verantwortlich gewesen wären. Der Bund, der die Aufsichtsräte dominiert, wäre so ebenso herausgedrängt worden wie die Arbeitnehmervertreter. Bahnchef Rüdiger Grube erwog sogar, dafür dass Bahn-Gründungsgesetz ändern zu lassen, in dem die Existenz der AGs vorgeschrieben ist. Dabei traf er allerdings auf Widerstand beim Bund, so dass die Bahn erklärte, diese Pläne würden nicht weiterverfolgt.
Quelle: ntv.de, RTS