Stresstest-Veröffentlichung Bankenlobby nicht begeistert
16.06.2010, 17:19 UhrSpanien stößt mit seinem Vorstoß, Ergebnisse von Banken-Stresstests zu veröffentlichen, bei den deutschen Banken auf entschiedenen Widerstand. Sie befürchten Fehlinterpretationen. Deutsche-Bank-Chef Ackermann fordert bei einer Veröffentlichung einen parallelen Rettungsschirm für Banken.
Die Diskussion um eine mögliche Veröffentlichung der Ergebnisse von Stresstests nach US-Vorbild stresst die deutschen Banken. Das Kreditgewerbe läuft Sturm gegen einen entsprechenden Vorstoß Spaniens. "Das ist aus unserer Sicht weder sinnvoll noch rechtlich möglich", sagte ein Sprecher des Bundesverbands deutscher Banken (BdB). Eine Veröffentlichung der erwarteten Finanzlage einzelner Institute oder Länder in Extremsituationen biete viel Raum für Fehlinterpretationen. Zudem sei eine öffentliche Bekanntmachung von Daten nur mit Zustimmung der jeweiligen Bank möglich, merkte der Sprecher an.
Die spanische Notenbank kündigte unterdessen an, die Stresstest-Ergebnisse bei seinen Banken zu veröffentlichen. "Die Resultate werden zeigen, dass der Sektor ausreichend kapitalisiert ist", teilte Spaniens Zentralbank am Mittwoch mit. Das hoch verschuldete Land hofft, mit den Ergebnissen die Finanzmärkte zu beruhigen. Seit Tagen halten sich Spekulationen, die viertgrößte Volkswirtschaft der Euro-Zone werde unter den Rettungsschirm der Währungsunion flüchten.
In Berliner Regierungskreisen wird die Bekanntmachung der Ergebnisse von Stresstests bei einzelnen Banken als eine Möglichkeit gesehen, um entsprechenden Spekulationen den Boden zu entziehen. Es gebe aber auch andere Möglichkeiten, hieß es in den Kreisen.
Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann fordert bei einer Veröffentlichung einen parallelen Rettungsschirm für Banken. "Eine Bekanntmachung ist eine gute Sache. Es beruhigt die Unsicherheit am Markt, aber das kann nur passieren, wenn es Sicherungsschirme gibt und Regierungen bereit sind, Banken bei Problemen zu unterstützen", sagte er kürzlich auf einem Bankentreffen in Wien.
Testen hat längst begonnen
Derzeit wird viel getestet in der Finanzbranche: Die europäische Regulierungsbehörde CEBS hatte die europäischen Banken bereits im vergangenen Jahr einem Stresstest unterzogen - mit dem Ergebnis dass keines der 22 überprüften Institute in Extremszenarien existenzgefährdet sei. Im März hatten die europäischen Aufseher einen weiteren Stresstest begonnen. Parallel hatte auch die Bundesbank eine Prüfung für deutsche Finanzinstitute angefangen. Die Ergebnisse werden im Sommer erwartet.
Aus der Europäischen Zentralbank (EZB) heißt es, dass die Entscheidung über eine Veröffentlichung am Ende nicht bei den Notenbanken liegt. Es sei jedoch unwahrscheinlich, dass sich der EZB-Rat im Zweifelsfall gegen eine solche Veröffentlichung stellen werde. Dabei müsse aber beachtet werden, dass in der aktuellen fragilen Lage jede Information an den Finanzmärkten für unkontrollierbare Spekulationen sorgen könne, wenn sie falsch interpretiert werde. "Die USA waren mit der Veröffentlichung der Ergebnisse der dortigen Stresstests aber ganz erfolgreich", sagte ein hochrangiger Notenbanker.
Die Amerikaner hatten im vergangenen Jahr die Überlebensfähigkeit ihrer Banken unter verschiedenen Szenarien getestet, die Ergebnisse teilweise publik gemacht und damit letztlich den Kapitalmarkt beruhigt. Allerdings stand dort der Staat bereit, um potenziell kriselnden Instituten im Notfall beizuspringen.
Dies sei in Europa nicht so einfach, hieß es in Bundesbankkreisen. Hier dürften staatliche Hilfen - falls diese als Konsequenz aus einem Stresstest notwendig seien - weitere Beihilfeverfahren bei der EU nach sich ziehen. Dennoch sei nicht auszuschließen, "dass man Ergebnisse von Stresstests künftig auch veröffentlicht", hieß es in den Kreisen.
Quelle: ntv.de, rts