Sau durch's Bankenviertel Bauern protestieren
29.05.2009, 11:29 UhrProtestierende Bauern haben am Freitag im Frankfurter Bankenviertel einen eigenen Rettungsschirm für die deutsche Landwirtschaft gefordert. Nach einer Sternfahrt mit 200 Treckern versammelten sich nach Angaben des Deutschen Bauernverbandes (DBV) rund 2.500 Bauern aus mehreren Bundesländern zu einer Kundgebung auf dem Opernplatz.
Die Sau "Josi" wird diese Krise überleben. Als Zuchtsau ist sie nicht für die Fleischproduktion vorgesehen.
(Foto: dpa)
Zuvor hatten Bauern ein lebendes Schwein vor die Börse getrieben. Bauernverbands-Präsident Gerd Sonnleitner zeigte sich an der bekannten Skulptur "Bulle und Bär" mit der Sau, die auf dem Rücken die Aufschrift trug: "Banken haben Schwein gehabt." Sonnleitner sagte, die Bauern bräuchten ebenso ein Konjunkturpaket wie Handwerker und Automobilindustrie.
"Nicht nur Opel, Commerzbank und Karstadt stehen auf dem Spiel, auch eine von Bauern getragene mittelständische und ländliche Wirtschaft", sagte Sonnleitner vor den Demonstranten mit Fingerzeig auf die nahen Bankentürme. Neben 25.000 Opel-Mitarbeitern und 50.000 Karstadt-Beschäftigten seien auch 380.000 landwirtschaftliche Betriebe und ihre Familien in Deutschland systemrelevant. Auf Plakaten der Demonstranten hieß es: "Banker haben Rettungsschirme, Bauern Finanzlöcher."
Der erneute Protest nach der jüngsten Demonstration in Berlin solle auch dafür sorgen, dass die von der Bundesregierung in Aussicht gestellte Entlastung bei der Agrardiesel-Steuer "nicht kurz vor dem Ziel aus der Kurve fliegt", erklärte Sonnleitner. Discountern warf er ein "modernes Raubrittertum" bei den Milchpreisen vor. Die Preise bei Milch seien im Vergleich zum Vorjahr um ein Drittel, die von Getreide sogar um die Hälfte gefallen.
Merkel engagiert sich
Bundeskanzlerin Angela Merkel hat die Milchkrise derweil zur Chefsache gemacht und will sich auf EU-Ebene für die betroffenen Landwirte einsetzen. Am Freitag traf sie sich mit 16 Bäuerinnen im Kanzleramt. Sie wolle die Regelung der Milchquote beim Treffen mit den EU-Staats- und Regierungschefs im Juni ansprechen, sagte Merkel. Konkrete Zusagen machte die Kanzlerin nicht. Die neun Landfrauen, sechs Milchviehhalterinnen und eine Kleinbäuerin zogen eine positive Bilanz des Treffens.
Die Milchviehhalterin Gabriele Stockhoff sagte nach dem Treffen mit Merkel: "Wir haben ihr deutlich gemacht, dass jetzt gehandelt werden muss, sonst werden in den nächsten Monaten etliche Betriebe sterben." Die Bäuerin Christine Schneebichler, die Mitte Mai am Hungerstreik teilnahm, sagte: "Wir können uns diese Politik nicht mehr gefallen lassen, weil wir um unsere Existenz kämpfen." "Die Bundeskanzlerin und ich werden alles tun, um die Situation der Milchbauern zu verbessern", versprach Landwirtschaftsministerin Ilse Aigner (CSU).
Der Bundesverband Deutscher Milchviehhalter hofft, dass das Auslaufen der EU-Milchmengengrenze 2015 zur Disposition steht und fordert, die stufenweise Erhöhung zu kippen. Die Große Koalition plant Zinshilfen und eine Entlastung bei der Agrardieselsteuer. Die Hilfen sind nach Ansicht der Milchviehhalter aber nur ein Tropfen auf den heißen Stein.
Quelle: ntv.de, sla/dpa