Wie teuer werden Nahrungsmittel? Bauern zweifeln am Preis
04.01.2011, 11:13 Uhr
Biobauer am Arbeitsplatz: "So gesund, so vielfältig, so sicher und so preisgünstig ernähren wie nie zuvor."
(Foto: picture alliance / dpa)
Trotz milliardenschwerer EU-Subventionen geht der Präsident des deutschen Bauernverbands davon aus, dass die Preise für Milch, Butter und andere Nahrungsmittel künftig immer weiter steigen werden. Die Ursachen sieht Deutschlands oberster Landwirt in den Schwankungen am Weltmarkt und in den Folgen eines desaströsen Preiskampfs an der Supermarktkasse.

Die Pflichten eines Bauernpräsidenten sind vielfältig: Gerd Sonnleitner.
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Der Deutsche Bauernverband rechnet im neuen Jahr mit steigenden Preisen für Nahrungsmittel. "Die Lebensmittelpreise werden aufgrund weltweit steigender Nachfrage kontinuierlich anziehen", sagte Bauernpräsident Gerd Sonnleitner der "Bild"-Zeitung. Extreme Preissprünge, wie sie in den vergangenen Jahren in einigen Entwicklungs- und Schwellenländern zu beobachten waren, erwartet der deutsche Bauernpräsident allerdings nicht. Er gehe davon aus, dass der Preisanstieg "nicht über die allgemeine Inflationsrate hinaus gehen wird", sagte Sonnleitner.
"Der Anteil der landwirtschaftlichen Preise am Verkaufspreis an der Ladentheke liegt im Schnitt bei 25 Prozent", erklärte der Verbandspräsident. "Da kann viel weggepuffert werden, wenn die Erzeugerpreise etwas steigen." Nur bei Produkten wie Obst oder Gemüse, die nicht weiter verarbeitet werden, seien Preisänderungen an der Ladentheke unmittelbar spürbar. Dies gelte natürlich auch für sinkende Preise. "Der Salatkopf war im Sommer teilweise billiger als die Jungpflanze, aus der er wächst", hob Sonnleitner hervor. "Das geht natürlich nicht auf Dauer gut."
Ein weiterer Grund für den zu erwartenden Anstieg sieht der Bauernpräsident im deutschen Lebensmitteleinzelhandel. Der "Preisdruck der Discounter" aus der Zeit der Wirtschafts- und Finanzkrise stecke den Bauern noch "tief in den Knochen", sagte der Verbandschef. Sonnleitner verteidigte gleichzeitig die Milliardensubventionen der Europäischen Union (EU) für die Landwirtschaft. Diese beliefen sich seinen Angaben zufolge derzeit auf 36 Prozent des gesamten EU-Haushaltes von gut 126 Mrd. Euro. Dies sei "gut angelegtes Geld für eine halbe Milliarde EU-Verbraucher".
Die EU-Bürger würden so nicht nur "sicher und preisgünstig mit Nahrungsmitteln" versorgt. Die Agrarsubventionen sorgten zudem auch für eine "gepflegte Landschaft".
Italiener und Franzosen zahlen mehr
Sonnleitner machte das niedrige Preisniveau im deutschen Lebensmittelhandel für die Abhängigkeit der Landwirte von Subventionszahlungen indirekt mitverantwortlich. Verursacher der Agrarhilfen seien "zu einem großen Teil" die Billig-Preise der Discounter. Dafür stehe allerdings fest, dass sich der "deutsche Verbraucher (...) so gesund, so vielfältig, so sicher und so preisgünstig ernähren (kann) wie noch niemals zuvor", sagte Sonnleitner. Damit dies im internationalen Wettbewerb so bleibe, müsse "ein gewisser Ausgleich" geschaffen werden.
Auch das Durchschnitts-Minus der Öko-Höfe von rund 15 Prozent liege mit an den Billig-Preisen, sagte Sonnleitner. "Das Hauptproblem ist, dass wir zu wenig Esskultur in Deutschland haben", sagte der Bauernpräsident. "Ökologisch wie konventionell wirtschaftende Bauern brauchen kostendeckende Preise. Italiener oder Franzosen verbinden Essen vielmehr mit Genuss und Geselligkeit und zahlen bessere Preise."
Quelle: ntv.de, mmo/AFP