Wirtschaft

Alpen-Desaster kostet 3,7 Milliarden BayernLB-Chef geht

Nach dem Milliardendebakel in Österreich muss BayernLB-Chef Michael Kemmer den Hut nehmen. Die bayerische Staatsregierung gibt nach einer Kabinettssitzung den sofortigen Rücktritt Kemmers bekannt.

Lange hat sich Michael Kemmer nicht an der Spitze der BayernLB gehalten: Im März 2008 übernahm er den Vorstandsposten bei den Bayern.

Lange hat sich Michael Kemmer nicht an der Spitze der BayernLB gehalten: Im März 2008 übernahm er den Vorstandsposten bei den Bayern.

(Foto: AP)

An die Bankspitze rückt kommissarisch dessen Stellvertreter, Finanzvorstand Stefan Ermisch. Zuvor hatte Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) bereits personelle Konsequenzen aus dem gescheiterten Engagement bei der österreichischen BayernLB-Tochter Hypo Group Alpe Adria (HGAA) angekündigt.

Seehofer hatte einen schmerzhaften Schlussstrich unter die ehrgeizigen Expansionspläne der Landesbank in den einst wachstumsstarken Ländern Osteuropas gezogen. Gut zwei Jahre nach der Übernahme der HGAA musste Bayern an Österreich noch eine Mitgift von 825 Millionen Euro zahlen, um das in Kärnten ansässige Institut wieder loszuwerden. Damit kostete der Fehlkauf die Landesbank bislang insgesamt rund 3,7 Milliarden Euro.

Schwierigste Zeiten überstanden

Die Hypo Group Alpe Adria wird als systemrelevant eingestuft.

Die Hypo Group Alpe Adria wird als systemrelevant eingestuft.

(Foto: AP)

Kemmer habe den Verwaltungsratschef, Landesfinanzminister Georg Fahrenschon (CSU), darum gebeten, ihn von seinen Aufgaben zu entbinden, teilte die BayernLB mit. Kemmer gehörte dem Vorstand seit Mitte 2006 an und war im März 2008 an die Konzernspitze gerückt. Bei der Problemtochter HGAA stand er dem Aufsichtsrat vor. Er erklärte in der Mitteilung der Landesbank, dass das Institut zwar die schwierigsten Zeiten überstanden habe. Es sei aber zu früh, davon zu sprechen, dass die BayernLB vollständig "über dem Berg" sei.

Der Freistaat Bayern, dem die BayernLB beinahe komplett gehört, hatte wochenlang mit der österreichischen Regierung um das Schicksal der HGAA gerungen. Erst am Montagmorgen wurde nach einem nächtlichen Sitzungsmarathon eine Lösung präsentiert: Die sechstgrößte Bank der Alpenrepublik wird verstaatlicht, ihr fließen insgesamt 1,5 Milliarden Euro zu, wie der österreichische Finanzminister Josef Pröll mitteilte. Für ihre 67-prozentige Beteiligung an der Krisenbank bekommt die BayernLB von Österreich nur noch einen symbolischen Euro. 2007 hatten die Bayern für die Mehrheit an der HGAA noch 1,7 Milliarden auf den Tisch gelegt.

Seehofer geißelt Balkan-Engagement

Seehofer: Konsequenzen ja, Schuldzuweisungen nein.

Seehofer: Konsequenzen ja, Schuldzuweisungen nein.

(Foto: AP)

Seehofer bezeichnete das Verhandlungsergebnis als "schmerzlich, aber unvermeidlich". Ein Kollaps der HGAA hätte auch die Banken der Euro-Zone erschüttert, weshalb er Kontakt zu EZB-Präsident Jean-Claude Trichet, der Bundesbank und Bundeskanzlerin Angela Merkel gehalten habe. Seehofer kritisierte die von der Regierung seines Vorvorgängers Edmund Stoiber abgesegnete HGAA-Übernahme als Fehlentscheidung. "Ich habe immer die Frage gestellt, warum eine Landesbank sich auf Balkan engagieren muss", sagte er. Der Verwaltungsrat der BayernLB war und ist mit zahlreichen CSU-Politikern besetzt. Den obersten BayernLB-Aufseher Fahrenschon, der die gesamte Nacht in Wien mit Österreich um die Konditionen des Ausstiegs gerungen hatte, nahm Seehofer in Schutz. Er habe Fahrenschon "heute morgen das Vertrauen ausgesprochen".

Nach dem Wegfall der staatlichen Garantien für Landesbank Mitte des Jahrzehnts suchte die BayernLB wie viele andere Landesbanken ein neues Geschäftsmodell. Die HGAA erschien damals als ideales Übernahmeziel. In der Wachstumsregion Osteuropa war sie eine der letzten Banken, die zum Verkauf stand. Aus Angst, leer auszugehen, zahlte die Landesbank einen überraschend hohen Preis. Die Opposition wirft der BayernLB vor, die Bücher der HGAA nur flüchtig geprüft und deshalb zu viel bezahlt zu haben. Voriges Jahr musste der Freistaat die BayernLB selbst mit zehn Milliarden Euro vor dem Aus bewahren.

Die HGAA wird in Österreich als systemrelevant eingestuft. Bei einer Pleite hätten die anderen österreichischen Hypo-Banken für die Einlagen bei der HGAA geradestehen müssen - mit Folgen für das Finanzsystem des Landes. Deshalb erwog die österreichische Finanzaufsicht am Wochenende Verhandlungskreisen zufolge, bei einem Scheitern der Gespräche am Montagmorgen die Schalter zu schließen.

Quelle: ntv.de, rts

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