Wirtschaft

Forcierung der Finanzmarktreform Berlin und Paris blitzen ab

Im Kampf gegen hochspekulative Finanzmarktprodukte preschen Deutschland und Frankreich jetzt vor. Kanzlerin Merkel und Staatspräsident Sarkozy fordern eine zügigere Umsetzung eines entsprechenden Programms. Damit stoßen sie aber auf Widerstand von EU-Kommissionschef Barroso.

José Manuel Barroso

José Manuel Barroso

(Foto: AP)

Die EU-Kommission hat die Forderungen Deutschlands und Frankreichs, bei den laufenden Finanzmarktreformen noch schneller voranzugehen, zurückgewiesen. Die Behörde arbeite bereits mit Nachdruck und Eile an einem EU-Gesetz zu den umstrittenen Leerverkäufen, sagte die Sprecherin von Kommissionspräsident José Manuel Barroso in Brüssel. "Wir haben bislang unterschiedliche Positionen der Mitgliedstaaten gehört, wir brauchen aber eine einheitliche europäische Reaktion."

Die Kommission nimmt damit Stellung zu einem gemeinsamen Brief von Bundeskanzlerin Angela Merkel und Frankreichs Staatspräsident Nicolas Sarkozy. Zu Leerverkäufen und Kreditausfallversicherungen werde die Kommission "im Sommer Vorschläge machen, hieß es weiter: "Aber wir haben noch kein konkretes Datum. Wir befinden uns in engen Konsultationen mit allen Beteiligten."

Allgemein wollte die Behörde den Brief nicht als Kritik an ihrer Arbeit verstanden wissen. "Wir betrachten dies als Unterstützung für unsere europäische Herangehensweise." Berlin und Paris fordern unter anderem, die Gesetzesvorschläge zu Derivaten und Kreditausfallversicherungen CDS noch vor dem nächsten EU- Finanzministertreffen am 13. Juli vorzulegen. Besonders zu den CDS dürfte dies kaum möglich sein; bislang ist September terminiert.

"Große Besorgnis"

Im Gegenzug rief die Sprecherin die EU-Staaten und das Europaparlament auf, in der Frage der neuen EU-Finanzmarktaufsicht aus drei vernetzten Behörden sowie der Hedge-Fonds-Direktive schnell zu einem Kompromiss zu kommen. "Wir hoffen, dass das jetzt schnell vorankommt."

Angela Merkel und Nicolas Sarkozy machen Druck.

Angela Merkel und Nicolas Sarkozy machen Druck.

(Foto: picture alliance / dpa)

Die "schweren Turbulenzen an den Finanzmärkten während der letzten Monate" hätten bei den EU-Mitgliedsstaaten und den Bürgern "große Besorgnis" ausgelöst, äußerten Merkel und Sarkozy. Daher stellten sich "legitime Fragen", "insbesondere bezüglich bestimmter Finanzpraktiken und der Nutzung bestimmter Derivatprodukte" wie etwa Leerverkäufe und Kreditausfallversicherungen. Die deutsche Finanzaufsicht BaFin hatte Mitte Mai im Alleingang ungedeckte Leerverkäufe und den Abschluss ungedeckter Kreditausfallversicherungen für bestimmte Aktien und Staatschuldpapiere verboten.

Bei Leerverkäufen wetten Händler auf fallende Kurse. Sie leihen sich Staatsanleihen oder Unternehmenstitel gegen eine geringe Gebühr zum Beispiel von Banken und verkaufen sie weiter. Später kaufen sie die Papiere zurück. Ist die Wette aufgegangen, sind sie dann billiger - die Differenz im Preis kassiert der Händler. Mit Kreditausfallversicherungen, sogenannten Credit Default Swaps (CDS), können sich Kreditgeber gegen eine Prämie für den Fall eines Zahlungsverzugs oder der Pleite eines Schuldners absichern. Die Papiere werden aber teilweise auch losgelöst von den Krediten gehandelt.

EU-weite Harmonisierung

Merkel und Sarkozy riefen die EU-Kommission auf, noch vor der Tagung des Rates der Wirtschafts- und Finanzminister im Juli ihre Vorschläge zur strengeren Kontrollen bei Kreditausfallversicherungen auf Staatsanleihen sowie für Leerverkäufe vorzustellen. Die Arbeit der Kommission solle sich "auf die Möglichkeit eines EU-weiten Verbots ungedeckter Leerverkäufe aller oder bestimmter Aktien und Staatsanleihen sowie aller oder bestimmter ungedeckter CDS auf Staatsanleihen erstrecken". Die Kommission solle zudem eine EU-weite Harmonisierung der zulässigen Fristen für die Abrechnung und Lieferung von Wertpapieren prüfen.

"Wir sind zuversichtlich, dass wir bei der Behandlung dieser Themen, die für den Erhalt der Finanzstabilität der Europäischen Union von entscheidender Bedeutung sind, mit Ihrem uneingeschränkten Engagement rechnen können", schlossen Merkel und Sarkozy ihr Schreiben.

Quelle: ntv.de, wne/dpa/AFP

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