Wirtschaft

BER vermiest Bilanz Berliner Flughäfen sehen rot

Die Passagiere sind da - doch der neue Flughafen fehlt.

Die Passagiere sind da - doch der neue Flughafen fehlt.

(Foto: dpa)

Die Berliner Flughäfen verbuchen einen neuen Passagierrekord. Doch das Debakel um den neuen Hauptstadtflughafen macht finanziell alle Erfolge zunichte. BER-Geschäftsführer Mehdorn gibt sich dennoch frohgemut und räumt wortwörtlich in Schönefeld auf. Und auch von der Bundeskanzlerin kommen aufmunternde Worte.

Die geplatzte Eröffnung des neuen Hauptstadtflughafens hat die staatliche Betreibergesellschaft 2012 tiefer in die roten Zahlen gedrückt. Unterm Strich stand ein Fehlbetrag von 185 Mio. Euro, wie die Flughafen Berlin Brandenburg GmbH in Berlin mitteilte. Im Vorjahr hatte am drittgrößten deutschen Luftverkehrsstandort nach Frankfurt und München das Minus bei 75 Mio. Euro gelegen.

Besonders der weiter auf seine Eröffnung wartende neue Hauptstadtflughafen ist ein wahres Geldgrab. Der ungenutzte Neubau in Schönefeld belaste die Bilanz derzeit monatlich mit 34 Mio. Euro - 20 Mio. durch Betriebskosten für das Gebäude, 14 Mio. durch entgangene Einnahmen, erklärte Flughafenchef Hartmut Mehdorn. Bislang hatte der Flughafen nur die zweite Zahl bestätigt. Mehdorn warnte zudem vor einer weiteren Kostenfalle beim Schallschutz.

Mit BER wäre alles anders

"Was uns fehlt, sind die Erlöse aus dem neuen Flughafen. Dann hätten die Zahlen deutlich anders ausgesehen", bestätigte Finanzchefin Heike Fölster. Denn an Passagieren fehlt es in Berlin nicht: Der Umsatz war wegen eines Passagierrekords an den Altflughäfen Tegel und Schönefeld um drei Prozent auf 270 Mio. Euro gestiegen. Dort wurden 25,3 Mio. Passagiere abgefertigt. Fölster erwartet, dass die Umsatz- und Passagierzahlen in diesem Jahr weiter steigen. Zur Ergebniserwartung sagte sie: "Ich hoffe, dass wir bessere Zahlen haben werden."

Wie im Vorjahr trugen 2012 Zinsen für den Neubau zum Verlust bei, hinzu kam eine höhere Risikovorsorge und Leasingzahlungen für Gebäude, die Investoren am neuen Flughafen gebaut haben, darunter Parkhäuser. Das Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen lag mit 58 Mio. Euro etwa ein Drittel niedriger als im Vorjahr. Die Flughafengesellschaft gehört zu jeweils 37 Prozent den Ländern Berlin und Brandenburg. 26 Prozent hält der Bund.

Erst aufräumen, dann eröffnen

Trotz der dicken Minuszeichen gibt sich Mehdorn zuversichtlich und will der Eröffnung Schritt für Schritt näherkommen - weil es praktikabel und immer wieder mit kleinen Erfolgen verbunden sei. Dazu gehören auch ganz konkrete Aufräumarbeiten: Damit es nicht mehr wie "bei Lumpi unterm Sofa" aussieht, lässt der Flughafenchef unnütze Container vom Gelände schaffen und Bauzäune abmontieren. Seit Wochenanfang ist der Vorplatz des imposanten Airport-Terminals frei zugänglich. Dort plätschert sogar ein Springbrunnen-Ensemble einsam vor sich hin.

Im Juli werde das Frachtzentrum eröffnet, anschließend Parkhäuser, kündigte der Geschäftsführer an. Mehdorn erwägt zudem, den Nordflügel des Terminals mit einer kleineren Fluggesellschaft wie Easyjet, Condor oder Norwegian Airlines in Betrieb zu nehmen und diese von der Nordbahn starten zu lassen, die nun schon dem benachbarten alten Flughafen Schönefeld dient. Das soll vor allem Testzwecken dienen.

"Mitte Juli werden wir entscheiden, ob wir es definitiv machen", kündigte Mehdorn an. Nicht in jedem Fall brauche man den Bahnhof und die Gepäckanlage unter dem Hauptgebäude, in dem die Brandschutzprobleme noch nicht behoben sind.

Neue Südbahn soll Mitte 2014 betriebsbereit sein

Die neue Südbahn soll Mitte 2014 betriebsbereit sein. "Wir haben vor 14 Tagen den Antrag gestellt." Ein Eröffnungstermin lasse sich daraus nicht ableiten. Die Piste werde zunächst für Testflüge gebraucht. "Ich frage mich, warum man das noch nicht schon vor einem Jahr gemacht hat", kritisierte Mehdorn.

Einen Termin- und Kostenplan für das Gesamtprojekt will Mehdorn im September vorlegen. Dann will er auch das Geschäftsmodell näher beschreiben. Der Flughafen-Chef zielt vor allem auf Umsteigepassagiere in den Norden und Osten Europas. "Wir haben die Chance, da schon ein bisschen Drehkreuz zu sein. Das gefällt vielleicht den Münchnern nicht."

Mehdorn warnte vor weiteren Kostensteigerungen beim Schallschutz, sollte das Urteil des Berlin-Brandenburger Oberverwaltungsgerichts (OVG) Bestand haben. Es hatte den Flughafen verpflichtet, das strenge Schutzniveau zu gewährleisten, dass die Planfeststellung vorsieht. Die Betreiber hatten ursprünglich nur 139 Mio. Euro für Schallschutzfenster und Lüfter in den Umland-Häusern eingeplant, nach dem Urteil könnte die Summe auf 730 Mio. Euro steigen.

Laut Flughafen sind weitere Steigerungen möglich. Denn nach dem OVG-Beschluss hätten bis zu 90 Prozent der Anwohner Anspruch auf eine Entschädigung, die nicht zweckgebunden ist. Bauen sie damit keine Schallschutz ein, könnten sie später auf Grundlage des Fluglärmgesetzes Fenster und Lüfter fordern. "Ordentliche Leute würden das gar nicht probieren", sagte Mehdorn. "Aber man kann nicht ausschließen, dass es welche tun." Mehdorn erwägt, das Urteil anzufechten, um die Kosten für den Schallschutz zu drücken.

Merkel bekennt sich zum BER

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) bekannte sich unterdessen eindeutig zum Bau des neuen Hauptstadtflughafens. "Berlin braucht einen Flughafen. Deshalb werden Bund und Länder weiter daran arbeiten", sagte die Kanzlerin bei einem Besuch der Industrie- und Handelskammer Berlin vor 700 geladenen Gästen und zeigte auch Verständnis für die immensen Bauprobleme. "Berlin ist nicht allein mit Schwierigkeiten bei Großprojekten."

Quelle: ntv.de, sla/dpa

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen