Wirtschaft

Banger Blick auf Wettbewerbshüter Börsenfusion stößt auf Skepsis

Es ist nicht alles Gold was glänzt: Dies gilt auch für die angestrebte Fusion der Deutschen Börse mit der transatlantischen Nyse Euronext. Nach wie vor können die Wettbewerbshüter einen Strich durch die rechnung machen. Auch die Politik mischt mit: Hessens Landesregierung schreibt sich den Schutz des Finanzplatzes Frankfurt auf die Fahne.

In "fortgeschrittenen Verhandlungen": Die New Yorker sprechen mit Frankfurt.

In "fortgeschrittenen Verhandlungen": Die New Yorker sprechen mit Frankfurt.

Kurz nach der Börsen-Party macht sich schon Katerstimmung breit. Denn bei den Fusionsplänen, die der Chef der Deutschen Börse, Reto Francioni, wieder aus der Schublade gezogen hat, steckt der Teufel im Detail. Als größte Hürde für ein Zusammengehen mit der New Yorker Nyse Euronext wird ein mögliches Veto der Wettbewerbshüter und Börsenaufseher gesehen, das schon den ersten Anlauf 2008 ins Wanken gebracht hatte.

Vor allem im Derivatehandel, der in Frankfurt angesiedelt werden soll, würde mit der fusionierten Börse ein Marktschwergewicht entstehen. Die Aktionäre der Deutschen Börse ließen sich aber in ihrem Jubel nicht stören: Der Kurs schoss nach oben.

Beide Börsenbetreiber hatten weit fortgeschrittene Gespräche über einen Zusammenschluss zum mit Abstand weltgrößten Handelsplatz für Aktien und Derivate bestätigt. Zusammen wären die Deutsche Börse und die Nyse knapp 26 Milliarden Dollar wert. Formal würde die Nyse nach Informationen aus Finanzkreisen die Deutsche Börse schlucken, die Aktionäre der Deutschen Börse hielten aber rund 60 Prozent an dem neuen Konzern. Bereits 2008 hatten die beiden Börsen eine Fusion ausgelotet.

Hessen sorgt sich um Finanzplatz Frankfurt  

Diesmal sind die Pläne konkreter: Das "Projekt Gamma" könnte schon nächste Woche präsentiert werden - vorbehaltlich der Zustimmung durch die Aufsichtsbehörden. Nach Medienangaben sollen der Derivatehandel in Frankfurt, der Aktienhandel aber in New York angesiedelt werden. Im Gespräch sei unter anderem, die Informationstechnologie in Paris zu bündeln. "Es wird ein langer und ausgedehnter Prozess wegen der unterschiedlichen Rechtssysteme und der zahlreichen Genehmigungen, die man braucht", sagte ein Insider.

Die Regulierungsbehörden haben noch ein gewichtiges Wörtchen mitzureden - unter anderem die bei Hessens Wirtschaftsminister Dieter Posch angesiedelte Börsenaufsicht. Es gehe darum, die Rolle der Deutschen Börse und des Finanzplatzes Frankfurt zu sichern und auszubauen, sagte der hessische Ministerpräsident Volker Bouffier. Die Landespolitik hatte schon 2008 auf den Erhalt der Arbeitsplätze in Frankfurt gepocht.

Befreiungsschlag von Francioni?

Einigkeit herrscht über die Top-Personalfragen. Leiten soll die neue Super-Börse Nyse-Euronext-Chef Duncan Niederauer in New York. Francioni soll als Verwaltungsratschef von Frankfurt aus arbeiten. Im Aufsichtsrat der Deutschen Börse regt sich darüber Unmut. "Es ist ein Unding, dass bereits über Führungspositionen gesprochen wurde, ohne dass der Aufsichtsrat eine Chance hat, sich da einzubringen", sagte Arbeitnehmervertreter Johannes Witt Reuters.

Für Francioni wäre ein Gelingen der transatlantischen Elefantenhochzeit ein Befreiungsschlag: Seit Jahren müht er sich um den großen Wurf, Kritiker werfen ihm Mangel an strategischen Visionen vor. Francioni hatte in den vergangenen Jahren mehr auf Kostensenkungen gesetzt und war mit der Börse von Frankfurt ins billigere Eschborn umgezogen. Ob die Deutsche Börse oder die Nyse mehr von der Fusion profitieren würde, ist selbst unter Experten umstritten.

Quelle: ntv.de, rts

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