Wirtschaft

Spezialisierte Händler kämpfen gegen Abwärtstrend Bulgarien setzt auf Nischenprodukte

Bulgarien ist unter anderem eins der wichtigsten Exportländer für Getreide und Müsli.

Bulgarien ist unter anderem eins der wichtigsten Exportländer für Getreide und Müsli.

(Foto: picture-alliance/ ZB)

Bei den Großen mitspielen, das ist nicht einfach für das ärmste Land der EU. Deswegen spezialisiert sich die Wirtschaft in Bulgarien auf Nischensegmente - und es funktioniert. Getreide und Müsli sind Exportschlager, die gegen starre Probleme ankämpfen müssen.

Dragomir Kusow hätte allen Grund zum Pessimismus. Der 52-Jährige produziert mit seiner Firma Fahrräder - ausgerechnet im Krisenland Bulgarien, dem ärmsten der Europäischen Union. Doch das schlechte wirtschaftliche Umfeld ficht den früheren Profi-Radler nicht an. "Meine Devise lautet: Ich glaube dran", sagt er. Das hat ihn schon weit gebracht: Auf seinen Fahrrädern der Marke "Drag" ist unter anderem die ukrainische Olympiamannschaft unterwegs.

Ein großes Problem in Bulgarien: Die qualifizierten Arbeitskräfte wandern oft aus.

Ein großes Problem in Bulgarien: Die qualifizierten Arbeitskräfte wandern oft aus.

(Foto: picture-alliance/ dpa)

Ähnlich wie Kusow finden sich in Bulgarien vielerorts Unternehmer, die mit der Konzentration auf eine eng umrissene Sparte Erfolg haben. In dem Land haben etwa Walltopia, HRT und Composite-X ihren Sitz, die weltgrößten Hersteller von Kletterwänden und den dazu gehörigen bunten Plastikgriffen. "Wir sind sehr tatkräftig und wir sind intelligent", sagt einer der Gründer der drei Firmen, Iwailo Penschew.

"Wir Bulgaren haben gute Chancen auf Erfolg in Nischensegmenten", sagt Kusow. "Arbeitskräfte sind günstig und hier gibt es Kreativität, Innovation und originelle Produkte". Der bulgarische Industrieverband BIA sieht das Land bereits auf dem Weg zum "Marktführer beim Export von Nischenprodukten". Auch Unternehmer Penschew ist überzeugt, entscheidend für den Erfolg seien Innovationen.

Qualifizierte Arbeitskräfte wandern aus

Wirtschaftlicher Erfolg wird im Ausland indes kaum mit Bulgarien in Zusammenhang gebracht. Die Investitionen sanken von 6,6 Milliarden Euro im Jahr 2008 auf 1,4 Milliarden im Jahr 2012. Seit dem Ende des Kommunismus vor 25 Jahren verließen rund eine Million Menschen das Land. Und seit dem 1. Januar 2014 können Bulgaren ebenso wie Rumänen überall in der EU arbeiten - in Deutschland wird seither über sogenannte Armutszuwanderung aus den osteuropäischen Ländern diskutiert.

Mit eingemachten Kirschen ist Bulgarien auf Platz zwei der weltgrößten Exporteure.

Mit eingemachten Kirschen ist Bulgarien auf Platz zwei der weltgrößten Exporteure.

(Foto: picture alliance / dpa)

Den Firmen in Bulgarien bereitet vor allem die Abwanderung der gut ausgebildeten Bürger Sorgen. Der Wegzug der klugen Köpfe mache es sehr schwierig, qualifizierte Nachwuchskräfte zu finden, beklagen Kusow und Penschew. Hinzu komme das schlechte Image bulgarischer Produkte im Ausland. Das ist besonders problematisch, weil die Wirtschaft des Landes zu großen Teilen auf den Export ausgerichtet ist. Zwei Drittel der ausgeführten Güter gehen in die EU.

Bulgarien ist unter anderem eins der wichtigsten Exportländer für Getreide und Müsli. Zudem liegt es auf Rang zwei der weltgrößten Exporteure von Koriandersamen, Sonnenblumenkernen, Entenfleisch und eingemachten Kirschen. Ein weiterer wichtiger Wirtschaftszweig sind Autoteile, beispielsweise Airbags, sowie Skier und Snowboards.

"Wir müssen in der Kette aufrücken"

Doch vielfach profitieren vor allem ausländische Firmen von bulgarischen Produkten. Insbesondere in der Lebensmittelbranche werden diese in der Regel von ausländischen Unternehmen weiterverarbeitet und mit einem ordentlichen Aufschlag verkauft. "Wir müssen in der Kette aufrücken", sagt deshalb Weselin Iliew vom Industrieverband BIA. "Wir müssen in die Lage kommen, mehr fertige Produkte selbst herzustellen und zu vermarkten."

Was den Unternehmen zusätzliche Sorgen bereitet, ist die politische Lage. Nach Massendemonstrationen gegen die Armut im Land trat vor bald einem Jahr die konservative Regierung von Ministerpräsident Boiko Borissow zurück. Die neue Expertenregierung ist äußerst unbeliebt; nach Ansicht von Politologen wird sie es schwer haben, sich länger als ein Jahr im Amt zu halten. "Wir wollen das Image Bulgariens verbessern. Leider hilft uns die Regierung dabei nicht besonders", resümiert Fahrrad-Unternehmer Kusow.

Er versucht es deshalb in Eigenregie: Kusows Fahrräder tragen die Kennzeichnung "Mit Stolz in Bulgarien hergestellt".

Quelle: ntv.de, Diana, Simeonova, dpa

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