Ausflug in die Lüfte beendet Daimler kehrt auf den Boden zurück
17.04.2013, 16:54 Uhr
Mercedes CLA: Daimler steigt bei EADS aus und will sich auf das Autogeschäft konzentrieren.
(Foto: REUTERS)
Daimler ist im Jahr 2000 eines der Gründungsunternehmen des europäischen Konzerns EADS, dessen Herzstück der Flugzeugbauer Airbus ist. Die Wurzeln des Daimler-Engagements in der Luftfahrt reichen sogar bis in die 1980er Jahre zurück. Nun ist Schluss damit. Der EADS-Anteil wird versilbert - und ins Kerngeschft reinvestiert.
Der Autobauer Daimler bleibt künftig lieber auf dem Boden. Überraschend schnell trennte sich der Konzern von seinem Restanteil am Luftfahrt- und Rüstungskonzern EADS. Damit zog Daimler einen Schlussstrich unter seinen Ausflug in die Lüfte, der ihm oft Diskussionen mit Aktionären und immer wieder hohe Verluste einbrockte. Die 2,2 Mrd. Euro Erlös aus dem Verkauf wollen die Stuttgarter lieber auf die Straße bringen.
Dort soll mit neuen Mercedes-Modellen der Rückstand auf die davongefahrenen Wettbewerber BMW und Audi bis 2020 aufgeholt werden soll. "Wir werden den Erlös der Veräußerung in das globale Wachstum unserer Geschäftsfelder und den Ausbau unserer technologischen Spitzenposition investieren", sagte Finanzvorstand Bodo Uebber.
"Dauerhaft"
Beim Absatz hat Daimler die Spitzenposition allerdings schon seit Jahren verloren. "Wir wollen die Konkurrenz schlagen - dauerhaft", verkündete Konzernchef Dieter Zetsche vorige Woche auf der Hauptversammlung. Konzernweit will er bis 2014 Kosten von 4 Mrd. Euro einsparen, um weiterhin Milliardenbeträge in die Entwicklung neuer Modelle und verbrauchsärmerer Antriebe stecken zu können.
Der Milliardenerlös aus dem EADS-Verkauf kommt ihm daher sehr gelegen. Er sichert auch die Dividendenfähigkeit des Konzerns. "Die Transaktion sollte die attraktive Dividendenrendite untermauern", erklärte DZ-Bank-Analyst Michael Punzet. Für 2012 hat Daimler 2,20 Euro je Aktie ausgeschüttet.
Aussicht auf Buchgewinn
Daimler war im Jahr 2000 eines der Gründungsunternehmen des europäischen Konze rns EADS, dessen Herzstück der Flugzeugbauer Airbus ist. Die Wurzeln des Daimler-Engagements in der Luftfahrt reichen aber bis in die 80er Jahre zurück. Damals wollte Daimler nicht mehr nur Autos bauen, sondern höher hinaus. Der Konzern übernahm den Flugzeugmotorenbauer MTU, den Flugzeugbauer Dornier und das Raumfahrtunternehmen MBB und schmiedete daraus 1989 die Deutsche Aerospace AG (Dasa). Diese ging im Jahr 2000 in der EADS auf, Daimler wurde zum Großaktionär.
Nun verkauften die Stuttgarter ihren restlichen Anteil von 7,5 Prozent. Die rund 61 Millionen EADS-Aktien seien zu je 37 Euro an internationale Anleger gegangen. Die Nachfrage sei "stark" gewesen. Die EADS-Aktien hatten den Börsenhandel am Dienstag mit 37,20 Euro beendet.
Aus dem Verkauf von 7,5 Prozent des EADS-Kapitals im vergangenen Jahr hatte Daimler einen Buchgewinn von gut 700 Mio. Euro eingefahren. Der Autobauer legt am 24. April seine Geschäftszahlen für das erste Quartal vor, drei Monate später will sich der Konzern im Rahmen des Berichts über das zweite Quartal zur Bewertung der EADS-Transaktion äußern.
EADS mit starkem Jahresbeginn
Seit Jahresbeginn ist der Aktienkurs von EADS kräftig gestiegen: Anfang Januar wurden die EADS-Papiere zu 30 Euro gehandelt, am Mittwoch kletterten sie abermals kräftig um 4,5 Prozent auf 38,85 Euro. Daimler-Aktien lagen nach der Platzierung mit 39 Euro gut ein Prozent im Minus.
Die Schwaben hatten eigentlich angekündigt, ihre restlichen Anteile an EADS erst ab Juli abzutreten. Die begleitenden Banken verzichteten nach Angaben des Unternehmens jedoch auf die Einhaltung der entsprechenden Sperrklauseln, zu denen sich Daimler im Dezember verpflichtet hatte. Mit den Banken Goldman Sachs und Morgan Stanley sei eine Barabwicklung vereinbart worden: Diese ermögliche Daimler bis zum Jahresende an einem möglichen Kursanstieg der EADS-Aktie teilzuhaben.
Zuletzt hatte der französische Konzern Lagardere ein Aktienpaket von 7,4 Prozent an EADS versilbert, einen Teil der Papiere schnappte sich EADS selbst. Auch aus dem Bestand von Daimler bediente sich EADS. Die Transaktionen sind Teil der Konzernreform, auf die sich die staatlichen und privaten EADS-Eigner nach der gescheiterten Fusion mit dem britischen Rüstungskonzern BAE Systems Ende vergangenen Jahres geeinigt hatten. Mit dem Umbau der Aktionärsstruktur will EADS künftig unabhängiger von der Politik werden - der Luftfahrt- und Rüstungskonzerns war häufig Anlass für Gezänk zwischen den Regierungen beiderseits des Rheins. Deutschland und Frankreich sollen künftig Aktienpakete über je zwölf Prozent halten, Spanien reduzierte jüngst seinen Anteil um 1,15 Prozentpunkte auf 4 Prozent.
EADS kauft Aktien zurück
Zugleich treibt EADS-Chef Tom Enders den milliardenschweren Rückkauf eigener Aktien zügig voran. Von Daimler sicherte sich sein Haus knapp zwei Prozent der Anteile für 600 Millionen Euro, vom französischen Staat übernimmt EADS knapp 1,6 Prozent für 482,7 Millionen Euro. Zudem erhielt ein Aktienmakler den Auftrag, bis Ende Juli bis zu 43 Millionen Papiere für EADS zusammenzuklauben.
Zum gegenwärtigen Kurs ist dieses Paket gut eine Milliarde Euro teuer. Mit der raschen Rückkauftour hat EADS schon einen Großteil der geplanten 3,75 Mrd. Euro zur Verknappung seiner Aktien ausgegeben und kommt damit schneller voran als ursprünglich erwartet. Eigentlich wollte sich das Unternehmen 18 Monate Zeit lassen.
Quelle: ntv.de, dpa