Fitch droht, Moody's macht Ernst Daumen runter für Belgien
17.12.2011, 17:30 Uhr
(Foto: dpa)
Die großen Ratingagenturen schwingen in immer größeren Kreisen ihr Damoklesschwert einer Herabstufung über Europas Staaten. Im Falle Belgiens schafft Moody's nun Fakten und stuft die Kreditwürdigkeit des Landes um zwei Stufen herab. Den Finanzminister des Landes überrascht das nicht.
Wegen der Schuldenkrise in Europa hat die Ratingagentur Moody's die Kreditwürdigkeit Belgiens herabgestuft. Die Agentur senkte ihre Einstufung von "Aa1" auf "Aa3". Den Ausblick beurteilte die Agentur als negativ. Damit könnte eine weitere Herabstufung Belgiens in zwei Jahren folgen.
Moody's begründete den Schritt mit der Tatsache, dass es Euro-Ländern mit einem relativ hohen Schuldenstand wie Belgien zunehmend schwer falle, sich an den Märkten Geld zu beschaffen. Zudem dürfte die Unsicherheit an den Märkten noch eine Weile anhalten. Die Gefahren für die mittelfristigen Wachstumsaussichten der recht kleinen Volkswirtschaft hätten sich erhöht. Nicht zuletzt die Lage bei der belgisch-französischen Großbank Dexia berge erhebliche Riskien für den belgischen Haushalt. Dexia gilt als erstes Opfer der Euro-Staatsschuldenkrise und wird als erste große europäische Bank nach der Finanzkrise 2008 vom Staat übernommen. Im Oktober hatten sich Belgien, Frankreich und das ebenfalls beteiligte Luxemburg auf die Zerschlagung geeinigt. Belgien übernimmt den belgischen Arm des Geldhauses.
Der belgische Finanzminister Steven Vanackere zeigte sich wenig überrascht von der Herabstufung. Dies bedeute, dass Belgien im kommenden Jahr unbedingt seine Defizit-Ziele einhalten müsse. Sollten regelmäßige Kontrollen im nächsten Jahr zeigen, dass das Land vom Kurs abgekommen sei, würden zusätzliche Maßnahmen umgesetzt. Belgien will das Defizit 2012 auf 2,8 Prozent des Bruttoinlandsproduktes senken.
Druck auf alle Staaten
Kurz zuvor hatte bereits die Konkurrenzagentur Fitch einer Reihe von Euro-Staaten mit einer Senkung ihrer Bonitätsnote gedroht, darunter Frankreich, Italien und Spanien. Fitch bestätigte zwar für Frankreich vorerst sein Spitzenrating AAA, setzte aber den Ausblick auf negativ von zuvor stabil. Damit könnte eine Herabstufung in den kommenden zwei Jahren erfolgen. Die Agentur begründete ihre Entscheidung mit höheren Risiken, die Frankreich im Zuge der Schuldenkrise eingehen müsse. Das französische Finanzministerium teilte mit, dass es die Bestätigung des AAA-Ratings zur Kenntnis genommen habe.
Noch schärfer fiel das Fitch-Urteil über Italien, Spanien, Irland, Belgien, Slowenien und Zypern aus: Hier drohte die Ratingagentur mit einer Herabstufung innerhalb von drei Monaten. Fitch fügte hinzu, dass die Überprüfung schon Ende Januar abgeschlossen sein könnte. Sollte sie zu einem negativen Ergebnis kommen, würden die Staaten voraussichtlich um ein bis zwei Noten herabgestuft. Auch der Rivale S&P hatte mit Herabstufungen gedroht, allerdings gleich für fast alle Euro-Mitglieder, darunter auch Deutschland oder Frankreich.
Missklänge
Eigentlich sollte der EU-Gipfel von vor gut einer Woche eine umfassende Lösung der Schuldenkrise bringen. Vereinbart wurden aber lediglich Ansätze für eine Fiskalunion sowie eine Aufstockung der IWF-Gelder. Großbritannien war für eine EU-Vertragsänderung nicht zu haben und isolierte sich damit von den anderen 26 EU-Ländern. Details zu den IWF-Mitteln sollen nach slowakischen Angaben am Montag bei einem Treffen der Euro-Finanzminister auf den Weg gebracht werden.
Fitch ging mit den Ergebnissen des Gipfels hart ins Gericht. Eine umfassende Lösung der Schuldenprobleme sei mit den Beschlüssen aber weder technisch noch politisch zu erreichen, urteilte die US-Ratingagentur. Auch Weltbank-Chef Robert Zoellick äußerte sich mit Sorge. Die finanziellen und wirtschaftlichen Probleme in der Euro-Zone seien alles andere als gelöst, sagte Zoellick. Besorgt zeigte sich der Amerikaner auch über die zunehmenden Spannungen zwischen Frankreich und Großbritannien. Die Politiker beider Länder sollten sich im Kampf gegen die Schuldenkrise ihrer Verantwortung bewusst sein und deshalb mehr Zurückhaltung üben. Die Regierungen Frankreichs und Großbritanniens hatten sich zuvor erneut einen verbalen Schlagabtausch im Streit über den Kurs in der Schuldenkrise geliefert.
Monti stichelt gegen Berlin
Der italienische Regierungschef Mario Monti warnte unterdessen seine EU-Mitstreiter davor, die Gemeinschaft in einen "tugendhaften Norden" und einen "lasterhaften Süden" zu spalten. Die Antwort auf die Schuldenkrise sollte ein langfristig angelegter Entwurf sein und nicht nur den "kurzfristigen Hunger einiger Länder nach Härte" stillen - offenbar ein Seitenhieb in Richtung Deutschland.
Ein Streitpunkt im Kampf gegen die Krise ist die Rolle der EZB. Die Einschätzungen der Ratingagenturen dürften den Druck auf die Bundesregierung erhöhen, ihren Widerstand gegen eine stärkere Einbindung der EZB in die Lösung aufzugeben. Deutschland hat sich wiederholt klar gegen eine Ausweitung von Staatsanleihen-Käufen durch die EZB ausgesprochen.
In Paris bemüht sich die Regierung Beobachtern zufolge seit längerem, die Bevölkerung auf eine Herabstufung des Landes vorzubereiten. Das Thema könnte auch Einzug in den anstehenden Präsidentschaftswahlkampf halten. Fitch begründete die Entscheidung zu Frankreich mit höheren Risiken, die das Land im Zuge der Schuldenkrise eingehen müsse. Das französische Finanzministerium teilte mit, dass es die Bestätigung des AAA-Ratings zur Kenntnis genommen habe.
Quelle: ntv.de, nne/dpa/rts