US-Botschaft meldet sich Dax-Vorstände bleiben Putin fern
21.05.2014, 07:48 Uhr
Muss Absagen hinnehmen: Russlands Präsident Wladimir Putin.
(Foto: AP)
Ein Vorstandschef nach dem anderen sagt seine Teilnahme am St. Petersburger Wirtschaftsforum ab. So hat Eon-Chef Teyssen plötzlich "bedeutende" Termine. Doch ganz freiwillig dürften die Konzerne diese Entscheidung nicht getroffen haben.
Als einziger Vorstandschef eines deutschen Großkonzerns wird Metro-Chef Olaf Koch an der Wirtschaftskonferenz in St. Petersburg teilnehmen. "Gerade in der aktuell schwierigen Situation halten wir es für sinnvoll, miteinander zu sprechen und den Dialog aufrechtzuerhalten", sagte ein Konzernsprecher mit Blick auf die Ereignisse in der Ukraine. Diese Einstellung werde "auch von verschiedenen politischen Vertretern in Berlin geteilt."
Das mag sein, doch im Sinne der Bundesregierung dürfte die Teilnahme von deutschen Wirtschaftsbossen aus der ersten Reihe am St. Petersburg International Economic Forum nicht sein. Und so sagten die wichtigsten von ihnen der Reihe nach ab: erst Siemens-Chef Joe Kaeser, kurz darauf Jürgen Fitschen, Co-Chef der Deutschen Bank. Und schließlich fand auch Eon-Chef Johannes Teyssen plötzlich doch keine Zeit, zum Prestigeprojekt des russischen Präsidenten Wladimir Putin zu reisen. Das liege an "kurzfristigen wichtigen Terminen" mit einer besonderen Bedeutung für den Konzern, begründete Eon die Absage. Welche Termine das sind, wollte ein Sprecher nicht sagen. Statt Teyssen werden zwei andere Vorstände an dem Treffen teilnehmen. Politischen Druck habe es nicht gegeben.
Allerdings hatte das Kanzleramt Anfang vergangener Woche mit Blick auf den Wirtschaftsgipfel in St. Petersburg deutsche Manager zu einem Gespräch gebeten. "Das war ein Angebot an die Unternehmensvertreter, sich die Position der Bundesregierung in der Ukraine-Krise und außenpolitische Zusammenhänge erläutern zu lassen", sagte ein Regierungssprecher der "Bild"-Zeitung. "Ob die Unternehmen an dem Wirtschaftsforum in St. Petersburg teilnehmen, entscheiden sie selbst. Eine Empfehlung zu einer bestimmten Entscheidung gab es nicht."
US-Botschaft meldet sich bei deutschen Firmen
Dennoch sagten die Dax-Vorstände ihre Teilnahme ab. Und so muss sich Putin mit Vertretern aus der zweiten Reihe begnügen. Neben Koch wird unter anderem Tui-Aufsichtsratschef Klaus Mangold nach Russland reisen. Von Donnerstag bis Samstag treffen sich Spitzen der Wirtschaft in St. Petersburg bei einer Konferenz, auf der auch Putin sprechen wird. Anders als in früheren Jahren werden diesmal wegen der russischen Ukraine-Politik aber keine westlichen Spitzenpolitiker dabei sein.
Die US-Regierung hatte heimische Firmen offen aufgefordert, ihre Teilnahme zu überdenken. Das taten diese auch - und so verzichteten beispielsweise die Chefs von Goldman Sachs. Morgan Stanley und Alcoa auf den Trip nach St. Petersburg.
Die Konzerne stecken in einem Dilemma. Auf der einen Seite wollen sie ihre Geschäfte in Russland nicht gefährden. Auf der anderen Seite kann eine zu große Nähe zu Putin Probleme bereiten. Diese Erfahrung machte Siemens-Chef Joe Kaeser Ende März, als er mit anderen Geschäftsleuten den Präsidenten in dessen Residenz vor den Toren von Moskau besuchte und ihm weitere Investitionen in Russland zusicherte - und gar von einer "Wertepartnerschaft" sprach. Der Auftritt brachte Kaeser heftige Kritik ein.
Doch unangenehmer als die öffentliche Empörung ist für ihn und andere Konzernchefs der Kurs der US-Regierung. Sie drängt auf härtere Maßnahmen des Westens gegenüber Moskau. Der "Bild"-Zeitung zufolge hat sich die US-Botschaft bei deutschen Unternehmen gemeldet und ihnen zu verstehen gegeben, dass sich eine Reise nach St. Petersburg negativ auf ihre Geschäfte in den USA auswirken könnte.
Quelle: ntv.de, mit rts