Wirtschaft

Gigantomanie auf Arabisch Der Burj ist eröffnet

In Dubai wird das höchste Haus der Welt eröffnet, der Turm ist mehr als 820 Meter hoch. Die Feier fällt angesichts der Finanzprobleme des Emirats zwar verhältnismäßig bescheiden aus. Eine große Gala gibt es aber trotzdem.

(Foto: dpa)

In Dubai ist das höchste Haus der Welt eröffnet worden. Der Herrscher des arabischen Emirats, Scheich Mohammed bin Raschid al-Maktum, gab den 828 Meter hohen Wolkenkratzer, in dem bald 12.000 Menschen leben und arbeiten sollen, für die Öffentlichkeit frei. Er sagte, das Gebäude solle "Burj Chalifa" heißen, benannt nach dem Herrscher von Abu Dhabi und Präsidenten der Vereinigten Arabischen Emirate (VAE), Scheich Chalifa bin Said al-Nahjan. Bisher wurde der Turm als "Burj Dubai" bezeichnet.

Zu Beginn der Feierlichkeiten in Dubai führten Männer in traditionellen Gewändern arabische Tänze auf. Ein Kinderchor sang vor dem Rekord-Gebäude. Auf grellbunte Show-Auftritte und internationale Popstars wurde verzichtet. Beobachter deuteten dies als Geste an die Adresse des konservativeren Nachbaremirates Abu Dhabi, das Dubai im vergangenen Jahr geholfen hatte, den enormen Schuldenberg seiner Staatsunternehmen abzubauen. Mehrere arabische Fernsehsender übertrugen die Eröffnung des Burj Dubai live.

(Foto: REUTERS)

Bei einer großen Gala mit rund 6000 Gästen wurde das Ereignis anschließend mit Feuerwerk, Wasserfontänen und Lichtinstallationen gefeiert. Der Turm hat am Boden die Form eines Ypsilons, wird nach oben hin immer schmaler und wird an der Spitze von einer gigantischen Stahlkonstruktion gekrönt.

Bei gutem Wetter ist der Wolkenkratzer, der zwischen Meer und Wüste in den Himmel ragt, aus fast hundert Kilometern Entfernung zu erkennen. Er verfügt über 200 Etagen, von denen 160 für mehr als tausend Wohnungen und Büros genutzt werden sollen.

Milliardenkosten

Die ersten Wohnungen in dem Gebäude, dessen Form an eine Rakete erinnert, sollen im Februar bezogen werden. Wer nicht unter Höhenangst leidet, kann dann künftig durch Glasscheiben den Blick von der 442 Meter hohen Aussichtsplattform des Burj (arabisch für "Turm") genießen.

"Viele reden, wir erreichen etwas", lautet der Wahlspruch von Scheich Mohammed bin Raschid al-Maktum, der am Montag nicht nur den Wolkenkratzer eröffnete, sondern auch sein vierjähriges Amtsjubiläum als Herrscher von Dubai feierte.

(Foto: ASSOCIATED PRESS)

Mit 3,07 Mrd. Euro haben die Projektfirma Emaar und Adrian Smith (Cicago) eine Art "vertikale Stadt geschaffen. Luxus-Residenzen, Edel-Büros, Nobel-Restaurants und das erste Hotel, das der italienische Couturier Giorgio Armani gestaltet hat, verhelfen den Superreichen, Superschönen und Supererfolgreichen zu einer neuen Prestige-Adresse auf dem Globus. Mit mehr als 160 nutzbaren Stockwerken ist der Luxustempel aus Stahl und Glas das höchste von Menschen bewohnte Gebäude der Welt.

Ursprünglich sollte die bereits mehrfach verschobene Eröffnung des höchsten Hauses der Welt in Dubai eine neue Phase des Wachstums einläuten. Doch die Stürme der globalen Finanzkrise haben das arabische Emirat, das derzeit vor allem wegen seiner Schuldenberge Schlagzeilen macht, arg gebeutelt. Erst sanken die Immobilienpreise, dann gaben die Aktienkurse nach. Scheich Mohammed will die Eröffnung des Wolkenkratzers nun auch als Mittel gegen die Vertrauenskrise der Investoren nutzen. Das Golfemirat hatte die Gläubiger der Unternehmen ihres Staatsfonds Dubai World Ende vergangenen Jahres um Zahlungsaufschub gebeten und damit eine Talfahrt an den Börsen der Region ausgelöst. Das reichere Nachbaremirat Abu Dhabi war daraufhin in die Bresche gesprungen.

Das schnittige Bauwerk, für dessen Fertigstellung Ingenieure aus aller Welt Höchstleistungen vollbringen mussten, ist nicht unumstritten. Während sich einige Investoren und Immobilienentwickler an den Superlativen und Prestigeprojekten des arabischen Emirats ergötzen, werfen Umweltschützer und Globalisierungsgegner "Scheich Mo" Größenwahn und Geltungsdrang vor. Der Burj Dubai ist für sie das Symbol der "Höher-Schneller-Weiter-Strategie" des Scheichs.

Bau ist umstritten

Auch unter Architekten ist der Bau umstritten. Der mehr als 800 Meter hohe Wolkenkratzer ist nach Ansicht des Verbands der Deutschen Architekten- und Ingenieurvereine (DAI) kein Vorbild für die Baukultur. In Europa gehe es weniger um die Gestaltung von immer mehr und immer größeren Neubauten, sondern um die Sanierung und Aufwertung bestehender Gebäude, hieß es zur Begründung. "Keiner weiß genau, wohin die planerische Hybris der Scheichs noch führen wird. Eines ist allerdings sicher: Einen nachhaltigen Beitrag zur Baukultur in der Welt stellt die Betonstahl und Glas gewordene Wüste kaum dar", sagte DAI-Präsident Christian Baumgart.

Der Architekt Meinhard von Gerkan nannte den Wolkenkratzer "ein ökonomisch sinnloses Prestigesymbol für die Macht des Geldes". Mit solchen Gebäuden lasse sich kein Geld verdienen, sagte der Architekt des Berliner Hauptbahnhofs im "Deutschlandradio Kultur". Bei einem Gebäude dieser Höhe wüchsen auch die Bau- und Betriebskosten maßlos in die Höhe. Es sei kein Zufall, dass der höchste Wolkenkratzer der Welt in einem islamischen Land entstanden sei und nicht beispielsweise in den USA, wo die Rationalität gegenüber der Demonstration von Macht eine größere Rolle spiele.

Deutsche Firmen beteiligt

(Foto: REUTERS)

Nach Ansicht des Architektur-Experten Peter Cachola Schmal wird der Bau "mindestens zehn Jahre lang" das höchste Haus der Welt bleiben. "Ob man es für verrückt hält oder nicht: Es ist der neue Maßstab", sagte der Direktor des Deutschen Architekturmuseums (DAM). Die Menschheit werde nicht auf solche Objekte verzichten, auch wenn Häuser in dieser Höhe aus Energiegründen derzeit ökologisch unsinnig seien.

Der "kulturkritische Abgesang" auf das Gebäude wegen der aktuellen Finanznöte Dubais werde aber nicht nachhaltig sein, meinte Schmal. Er erinnerte daran, dass einst auch das Empire State Building in New York als "Hybris" angesehen worden sei und lange Zeit leerstand. "Der Blickwinkel ändert sich nach 20 oder 30 Jahren." Auch der Messeturm in Frankfurt sei anfangs aufgrund des Leerstands verspottet worden.

Profitieren werde vom rund 825 Meter hohen Turm, an dessen Errichtung auch deutsche Firmen beteiligt waren, auf alle Fälle die Bautechnik. "Wir werden erst in einigen Jahren erkennen, welche Fortschritte dort gemacht wurden. Das wird auch die gängige Bautechnik positiv beeinflussen." Große Fortschritte habe es in den vergangenen Jahren beim Hochhausbau vor allem bei der Fassaden- und Aufzugstechnologie, sowie in der Entwicklung und Förderung der ultrahochfesten Betone gegeben.

Grundsätzlich können Hochhäuser nach Einschätzung Schmals durchaus ökologisch sinnvoll sein. "Sie verdichten eine Menge Menschen auf einem relativ kleinen Fleck Erde. Wenn man für die gleiche Menge flächig bauen würde, bräuchte man dafür viel mehr Platz. "In Megastädten macht also der Bau von Hochhäusern durchaus Sinn." Umwelttechnologisch gelte derzeit ein 200-Meter-Hochhaus als "vernünftiger Kompromiss". Dieser werde sich jedoch mit dem technologischen Fortschritt weiter nach oben verschieben.

Architektonisch hält Schmal den von den Chicagoer Architekten Skidmore Owings & Merrill entworfenen Turm für durchaus gelungen. "Es ist ein bemerkenswert schlankes und elegantes Gebäude."

Quelle: ntv.de, dpa/AFP

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