Postbank-Effekt im dritten Quartal Deutsche Bank tief im Minus
27.10.2010, 08:06 UhrDie Übernahme der Postbank drückt das größte deutsche Geldhaus im dritten Quartal tief in die roten Zahlen. Für Experten kommt das Ergebnis nicht überraschend: Sie hatten mit entspechenden Auswirkungen gerechnet. Ihr Blick richtet sich nun auf das Gewinnziel für das Gesamtjahr.

Wachstum kann wehtun: Die Übernahme der Postbank belastet bei der Deutschen Bank das Quartalsergebnis.
(Foto: dapd)
Trotz des Milliardenverlusts hat sich die Deutsche Bank im Sommerquartal besser geschlagen als viele ihrer Rivalen in Europa und den USA. Vor allem ihr Investmentbanking, in dem viele Banken unter der Flaute an den Märkten litten, zeigte sich unerwartet widerstandsfähig. Nur die 2,3 Mrd. Euro schwere Abschreibung auf die Beteiligung an der Postbank zog den deutschen Branchenprimus wie erwartet mit 1,2 Mrd. Euro tief in die roten Zahlen. Für die größte Bank Deutschlands ist das der erste Verlust seit Ende 2008. Dadurch halbierte sich der Gewinn in den ersten neun Monaten auf 1,7 Mrd Euro. Im Vergleichszeitraum aus dem Vorjahr hatte die Bank ein Ergebnis von 3,6 Mrd. Euro erzielt.
Vorstandschef Josef Ackermann zeigte sich dennoch zufrieden: "Das Ergebnis des dritten Quartals hat verdeutlicht, wie robust unser Geschäftsmodell auch in einem herausfordernden gesamtwirtschaftlichen Umfeld inzwischen ist", schrieb er an die Aktionäre. Im Kapitalmarktgeschäft, dem traditionell größten Gewinnbringer für die Deutsche Bank, half ihr ein Endspurt zum Quartalsende.
Nach zwei flauen Sommermonaten hat sich das Handelsgeschäft Ende September deutlich erholt. Während andere Großbanken mit Einbrüchen zu kämpfen hatten - die Schweizer UBS rutschte im Investmentbanking sogar in die Verlustzone -, steigerte die Deutsche Bank den Gewinn in der Sparte vor Steuern sogar um 12 Prozent auf 1,1 Mrd. Euro, die Erträge blieben nur knapp hinter dem boomenden Vorjahresquartal zurück.
Auch das Geschäft mit Privat- und Firmenkunden zog an: Der Gewinn vor Steuern legte um fast zwei Drittel auf 245 Mio. Euro zu, auch weil die Risikovorsorge weiter sank. Der Kauf der Postbank, für den die Deutsche Bank sich im September mehr als zehn Milliarden Euro frisches Kapital besorgt hatte, soll das Privatkundengeschäft aufwerten und die Gewinne damit stabilisieren.
Bei den Superreichen drückt der Schuh
Auch die Übernahme der verlustreichen Privatbank Sal. Oppenheim lastet weiter auf der Deutschen Bank. Im dritten Quartal ging der Vorsteuergewinn im Konzernbereich Fondsgeschäft und Vermögensverwaltung (AWM) von 134 Mio. vor Jahresfrist auf 78 Mio. Euro zurück. Allein im Zusammenhang mit Sal. Oppenheim/BHF seien Nettobelastungen von 52 Mio. Euro angefallen. Erst im zweiten Quartal hatte die Bank in der AWM-Sparte - die Superreiche betreut - die Rückkehr in die Gewinnzone geschafft.
Die BHF-Bank, die der Deutschen Bank mit der Übernahme von Sal. Oppenheim zugefallen ist, steht derzeit zum Verkauf. Wegen hoher Restrukturierungskosten gilt ein Preis in Höhe des Buchwertes von 650 Mio. Euro inzwischen als unrealistisch. Im Rennen um das Frankfurter Institut deutet sich ein Zweikampf an zwischen dem liechtensteinischen Institut LGT und einem Konsortium aus dem Bankhaus Lampe und dem Finanzinvestor KKR.
Zweifel an den Zielmarken für 2011
Für das kommende Jahr hat sich die Deutsche Bank im Konzern einen Vorsteuergewinn von 10 Mrd. Euro vorgenommen. Um diesen zu erreichen, müssten sich allerdings vor allem noch die Zinsen normalisieren, schränkte Ackermann ein.
Analysten haben Zweifel, ob die Bank ihr Ziel 2011 erreicht. Noch ist die Bank relativ davon entfernt: Auch ohne den Postbank-Sondereffekt lag der Vorsteuergewinn von Januar bis September nur bei 5,6 Mrd. Euro. Auch das - in der deutschen Öffentlichkeit umstrittene - Ziel einer Eigenkapitalrendite von 25 Prozent vor Steuern ist längst nicht geschafft: In den ersten neun Monaten erreichte die Bank bereinigt lediglich 18 Prozent, im dritten Quartal sogar nur 13 Prozent.
Eine Gewinnprognose für das laufende Jahr gibt Ackermann weiterhin nicht. "Das hat mich überrascht", sagte Analyst Konrad Becker von Merck Finck. Georg Kanders von der WestLB sagte, das Quartal sei besser gelaufen als erwartet: "Im Investmentbanking und im Privatkundengeschäft ist die Bank klar besser als die Schätzungen. Vor allem das Investmentbanking war extrem gut." Im vorbörslichen Handel legte die Deutsche-Bank-Aktie um 0,9 Prozent zu.
Strebsam Richtung "Basel III"
Die geplanten Eigenkapitalanforderungen will die Deutsche Bank vorzeitig erreichen. "Wir rechnen aus heutiger Sicht damit, dass wir bereits 2013 die eigentlich erst für 2019 geplanten Vorgaben erfüllen werden", teilte Vorstandschef Ackermann in seinem Brief an die Aktionäre mit. Nach Berechnungen der Deutschen Bank kann die harte Kernkapitalquote (Core Tier-1) durch die mehr als 10 Mrd. Euro schwere Kapitalerhöhung und einbehaltene Gewinne bis Anfang 2013 auf 8,5 Prozent steigen, obwohl das Regelwerk "Basel III" und die Übernahme der noch kapitalschwachen Postbank die risikogewichteten Aktiva (RWA) der Bank nach ihren Schätzungen von 277 Mrd. auf 529 Mrd. Euro aufblähen wird. Ende September lag die Core-Tier-1-Quote bei 7,6 Prozent.
Nach den Beschlüssen des Baseler Ausschusses, die noch von den Staats- und Regierungschefs der G20 bestätigt werden müssen, müssen Banken weltweit ihre harte Kernkapitalquote - den Anteil von Grundkapital und Gewinnrücklagen an den RWA - von 2013 bis 2019 in mehreren Schritten von 2 Prozent auf 7 Prozent steigern. Ackermann erwartet, dass börsennotierte Banken die Anforderungen auf Druck der Märkte schneller als gefordert erfüllen werden müssen. Für systemrelevante Banken, zu denen die Deutsche Bank gehören dürfte, ist ein zusätzlicher Aufschlag auf die allgemeinen Quoten im Gespräch.
Quelle: ntv.de, dpa/rts