Kein Anzapfen der Ölreserven Deutschland hält still
28.03.2012, 19:50 Uhr
Die Autofahrer müssen für Benzin und Diesel immer tiefer in die Tasche greifen.
(Foto: dpa)
Die hohen Spritpreise sorgen in vielen Ländern für großen Ärger. Die USA und Frankreich - dort stehen Präsidentschaftswahlen an - wollen an ihre Notreserven ran. Dagegen sperrt sich die Bundesregierung. Günstigere Benzinpreise verspricht sie sich von einem größeren Wettbewerb im Kraftstoffhandel.
Trotz rekordhoher Benzinpreise will die Bundesregierung im Gegensatz zu den USA die strategischen Ölreserven nicht anzapfen. Die Reserven seien ausdrücklich kein Werkzeug zur Stabilisierung der Preise, sagte Wirtschaftsminister Philipp Rösler: "Die nationalen Ölreserven können nur freigegeben werden bei einem echten physischen Mangel." Dies sei nicht nur die Lesart der Regierung, sondern Gesetzeslage, so der FDP-Politiker.
Frankreich reagierte indes positiv auf einen US-Vorstoß, sich gemeinsam mit Großbritannien auf eine Freigabe der Notreserve vorzubereiten. Die USA und Frankreich stehen vor Wahlen. Spekulationen auf eine Freigabe der Reserven in den drei Ländern ließen den Ölpreis sinken.
Rösler wollte trotz wiederholter Nachfrage nicht sagen, ob auch Deutschland von den USA auf eine mögliche Freigabe der Reserven angesprochen wurde. Ein Regierungssprecher sagte, er wisse von keiner offiziellen Anfrage. Unterstützung in seiner ablehnenden Haltung erhielt Rösler von seinem Amtsvorgänger Rainer Brüderle. Die Reserven könnten genutzt werden, wenn es zu extremen Situationen komme. Dieser Zeitpunkt sei aber noch nicht erreicht, sagte der FDP-Fraktionschef.
Günstigere Benzinpreise verspricht sich die Bundesregierung vielmehr von einem größeren Wettbewerb im Kraftstoffhandel. Diesen will sie stärken, indem sie die kleinen freien Tankstellen dauerhaft vor Preisnachteilen bei der Kraftstoff-Belieferung durch die großen Mineralölkonzerne schützt. Dazu beschloss das Kabinett, das bislang befristete Verbot der Preis-Kosten-Schere unbefristet zu verlängern. Damit wird unterbunden, dass Mineralölkonzerne eigene Tankstellen billiger mit Kraftstoffen beliefern als freie Anbieter.
Sarkozy und Obama in Bedrängnis
Aus Furcht vor Lieferengpässen wegen der Sanktionen im Atomstreit mit dem Opec-Land Iran war der Ölpreis zuletzt kräftig gestiegen. Dies führte weltweit zu Sorgen, teure Kraftstoffe könnten die Wirtschaft abwürgen. Höhere Kosten für Heizen und Tanken hatten die Inflation in der Eurozone im Februar auf dem hohen Niveau von 2,7 Prozent gehalten. Allein Energie verteuerte sich um 9,5 Prozent.
Wie in Deutschland erreichten auch in Frankreich die Spritpreise Rekordhöhen. Damit wurden sie auch zum Thema im Wahlkampf zwischen Präsident Nicolas Sarkozy und seinen Herausforderern. Auch in den USA, wo Präsident Barack Obama im November wiedergewählt werden will, ist der Ärger über das teure Benzin groß. Obama will mit seinem Vorstoß verhindern, dass der hohe Ölpreis die immer noch fragile Erholung der heimischen Wirtschaft vor der Wahl schädigt.
Deutschland hat seit dem Aufbau einer nationalen Ölreserve 1978 drei Mal einen Teil der Bestände auf den Markt geleitet, zuletzt wegen Lieferunterbrechungen im Zuge der Libyen-Krise im vergangenen Juni. Erstmals geschah dies 1990 nach dem irakischen Angriff auf das ölreiche Kuwait. Danach wurde die Reserve angezapft, als Hurrikan "Katrina" die Erdölförderung im Golf von Mexiko zum Erliegen brachte. Wie nun in Frankreich und in den USA herrschte damals hierzulande Wahlkampf.
Quelle: ntv.de, wne/rts