Dreimal stärker als gedacht Deutschland produziert mehr
07.04.2011, 12:44 Uhr
Sicherer Stand auf der Leiter: Produktion und Auftragseingänge legen zu.
(Foto: picture alliance / dpa)
Damit haben die Experten nicht gerechnet: Die Geschäfte des produzierenden Gewerbes laufen viel besser als erwartet. Die Produktion in der deutschen Industrie, dem Bau und in der Energiebranche legt im Februar um 1,6 Prozent zu. Analysten hatten sich lediglich auf ein Wachstum von gerade einmal einem halben Prozent eingestellt.
Die Frühjahrsbelebung am Bau und die hohe Nachfrage in der Industrie haben der Produktion in Deutschland zu einem kräftigen Plus verholfen. Industrie, Bau und Energiefirmen stellten im Februar 1,6 Prozent mehr her als noch im Januar, wie das Bundeswirtschaftsministerium mitteilte. Der Anstieg fällt damit gut dreimal so stark aus wie die im Vorfeld befragten Analysten erwartet hatten. Und auch die Aussichten sind günstig: "Angesichts voller Auftragsbücher und weiter zunehmender Bestelltätigkeit dürfte die Industrieproduktion auch in den kommenden Monaten eine maßgebliche Stütze der Konjunktur bleiben", erklärte das Ministerium.
Die Beamten unter Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) schlugen mit ihren Berechnungen in dieselbe volkswirtschaftliche Kerbe wie die führenden Wirtschaftsforschungsinstitute. Die hatten kurz zuvor ihr Frühjahrsgutachten vorgelegt und darin ein deutlich verbessertes Wirtschaftswachstum im laufenden Jahr vorausgesagt. Die Konjunktur werde 2011 um 2,8 Prozent zulegen, verkündeten die Wirtschaftsweisen. Im nächsten Jahr dürfte es demnach mit plus 2,0 Prozent weiter nach oben gehen.
Im produzierenden Gewerbe jedoch trug vor allem die witterungsbedingte Erholung auf Deutschlands Baustellen zu dem starken Anstieg bei. Das mildere Wetter im Februar verhalf den Baufirmen zu einem kräftigen Produktionsplus von 3,4 Prozent. Damit normalisiert sich die Lage für die Baufirmen wieder: Im Dezember hatte es wegen des harten Winters den stärksten Produktionseinbruch seit mindestens 20 Jahren gegeben, im Januar schnellte der Ausstoß dann um mehr als ein Drittel nach oben.
Die Industrie steigerte ihre Produktion um 1,4 Prozent. Besonders gut lief es für die Hersteller von Autos, Maschinen und anderen Investitionsgütern: Sie produzierten 1,6 Prozent mehr als im Januar. Bei den Vorleistungsgüterproduzenten lag das Plus bei einem Prozent, Konsumgüterhersteller meldeten plus 1,4 Prozent. Die Industrie profitiert dabei von der anhaltend starken Nachfrage. Im Februar legte der Auftragseingang viermal so stark zu wie erwartet, vor allem Kunden im Inland griffen zu.
Im März dürfte sich der Aufwärtstrend fortgesetzt haben: Denn das Geschäftsklima im Verarbeitenden Gewerbe hellte sich nach Angaben des Münchner Ifo-Instituts nochmals auf. Die Stimmung der gesamten Wirtschaft hält sich damit weiter auf Rekordniveau.
Brüderle greift zur Märchen-Metapher
Wirtschaftsminister Brüderle sah sich in einer ersten Reaktion auf das Frühjahrsgutachten und die Kennzahlen zur Produktion in seiner Auffassung bestätigt. Der Aufschwung sei in Deutschland inzwischen fest im Inland verankert, erklärte der Minister. Er erwarte eine weiter kräftige Erholung.
"Die klare Botschaft der Frühjahrsdiagnose lautet: der dynamische Wirtschaftsaufschwung geht weiter", erklärte Brüderle. Die Wachstumslücke, die die Krise gerissen habe, werde nach der Prognose der Institute bereits in diesem Jahr geschlossen. "Deutschland hat die Sieben-Meilen-Stiefel angezogen", meinte Brüderle. Der Aufschwung werde hauptsächlich von der Binnenkonjunktur getragen.
Die Inlandsnachfrage werde von steigenden Ausrüstungsinvestitionen und den spürbar steigenden Konsumausgaben der privaten Haushalte getrieben. Der Beitrag des Außenhandels lasse nach. Auch der Arbeitsmarkt entwickele sich weiter überaus positiv. "Am Arbeitsmarkt werden im laufenden und im kommenden Jahr neue Beschäftigungsrekorde aufgestellt", so der Minister. Die Forderung der Institute nach einer Stärkung des Haftungsprinzips im neuen Krisenmechanismus ESM bezeichnete Brüderle als "sicherlich nachdenkenswert".
Die Bundesregierung wird ihre eigene Konjunkturprognose am Donnerstag der kommenden Woche aktualisieren und voraussichtlich gegenüber ihrer Prognose vom Januar erhöhen. "Für dieses Jahr ist die Projektion bislang 2,3 Prozent; ich würde mich nicht wundern, wenn es am Ende des Jahres höher sein wird, als wir es bisher projektiert haben", hatte Brüderle beim "Sparkassen-Forum Deutscher Mittelstand" festgestellt. Im Januar hatte die Regierung ein Wachstum von 2,3 Prozent für 2011 und von 1,8 Prozent für 2012 vorausgesagt.
Quelle: ntv.de, mmo/DJ/rts