Nah am russischen Roulette Die Chancen der Ukraine-Bonds
03.03.2014, 17:54 Uhr
Nah am Staatsbankrott: Die Flagge der Ukraine vor der ukrainischen Botschaft in Berlin (Archivbild).
(Foto: picture alliance / dpa)
Wie riskant sind Spekulationen mit ukrainischen Staatsanleihen? Die Aussicht auf rapide steigende Zinsen locken risikobereite Investoren an. Kalkulierbar sind die Perspektiven der blau-gelben Bonds allerdings nicht.

Nur wenn die Waffen schweigen, haben Anleger realistische Aussichten auf konstante Zinszahlungen.
(Foto: AP)
Rosenmontage sind eigentlich zum Schunkeln da, zum ausgelassenen Feiern und zum Beklatschen der Fastnachtszüge in Köln, Mainz, Düsseldorf und wo immer Karnevalisten zu finden sind. 2014 steht Fasching, Fasenacht und Karneval aber ganz im Zeichen der Ukraine, und so geht der Rosenmontag als Tag in die noch kurze Börsengeschichte 2014 ein, der alle Anlageklassen kräftig durcheinander wirbelt.
Gold und Silber sind als sichere Häfen wieder gefragt, Währungen wie der russische Rubel oder der ungarische Forint werden als Nachbarn in Mitleidenschaft gezogen, und die Aktienmärkte sehen eine stattliche Korrektur. Gleichzeitig steigt das Angstbarometer VDax-New im Tagesverlauf so stark an wie seit Monaten nicht mehr. Doch auch spekulative Anleger sind unterwegs und gehen dorthin, wo es besonders risikoreich ist – ins Terrain ukrainischer Staatsanleihen.
Gerade wegen der Verschärfung der Krise sind die Ukraine-Bonds in den Blick der Investoren geraten. Die auf Euro oder Dollar lautenden Anleihen rutschen ab, doch während die einen flüchten, zocken die anderen wild herum. Lohnt sich bei den hohen Zinsen ein Einstieg oder droht eine Art "Griechenland 2.0"?
Knapp 18 Prozent Zinsen
Die Invasion der russischen Truppen hat tatsächlich zu einem bemerkenswerten Absturz bei ukrainischen Anleihen geführt. Mit einem Handelsvolumen von 1,27 Mio. Euro (Nennwert 1,55 Mio. Euro) ist die auf Euro lautende und bis Oktober 2015 laufende Anleihe (WKN: A0GGXG) zum Beispiel an dritter Stelle unter den meistgehandelten Papieren an der Börse Stuttgart. Nachdem es am Morgen bis auf 78 Prozent abgeschmiert war, hat es sich zuletzt bis auf 84 Prozent erholt. Die Verzinsung ist damit auf 17,8 Prozent hochgeschossen.
Weil Investoren befürchten, dass eine Staatspleite immer näher rückt, sind die Kurse der kurzlaufenden Anleihen noch viel stärker eingebrochen. Denn die Notenbank hatte Ende Februar erklärt, dass die Währungsreserven auf nur mehr 15 Milliarden Dollar gefallen sind. Das ist ein Acht-Jahres-Tief. Das Land will nun Finanzhilfen in Höhe von 35 Milliarden Dollar vom Internationalen Währungsfonds (IWF). Kapitalverkehrskontrollen wurden eingeführt: Etliche Banken haben die Auszahlungen von Bargeld stark eingeschränkt.
Die Zinsen für die im Juni 2014 auslaufende Dollar-Anleihe (WKN: A0VLNM) ist auf 30 Prozent hochgeschossen. Denn in dem explosiven Umfeld kann sich eine Vereinbarung mit dem IWF lange hinziehen. Die Verzinsung für Dollar-Anleihen mit den Laufzeiten 2017, 2022 und 2023 (WKN: A1G7QA, A1HC2X und A1HJLK) liegen zwischen 12,4 Prozent und 9,7 Prozent.
Staatspleite gleich Totalausfall
Wegen des Einfalls in der Ukraine ist auch der russische Rubel eingebrochen. Mit 36,37 Rubel je Dollar notiert der Rubel am Allzeittief. 1996 konnte man noch für fünf Rubel einen Dollar kaufen. Die russische Notenbank reagiert auf den Währungsverfall und hat die Zinsen in einer kurzfristig anberaumten Aktion von 5,5 Prozent auf 7,0 Prozent erhöht.
So verlockend antizyklisches Einsteigen sein mag: Anleger, die bei den ukrainischen Anleihen einsteigen, gehen ein sehr hohes Risiko ein. Eine Vereinbarung mit dem IWF über Finanzhilfen könnte sich unter den aktuellen, sehr dynamischen Rahmenbedingungen tatsächlich sehr lange hinziehen - und womöglich dann zu spät kommen, um eine Staatspleite noch abzuwenden. Zudem dürfte das Land kaum Kredite von der Europäischen Union bekommen.
Zum Vergleich: Während der Griechenlandkrise waren die Zinsen für zehnjährige griechische Anleihen im März 2012 bis auf 36,5 Prozent geklettert. Griechenland war aber Mitglied der Europäischen Union und hatte als Währung den Euro. Deshalb konnte sich das Land auf die Unterstützung der EU verlassen. Die Ukraine hingegen ist nicht Mitglied der Europäischen Union. Zocken mit Ukraine-Bonds gleicht russischem Roulette.
Quelle: ntv.de