Lehren aus Krise Die neue Finanzordnung
23.04.2010, 12:22 UhrWashington wird über das Wochenende zur Hauptstadt der Finanzwelt. Am Freitag treffen sich die Finanzminister und Notenbankchefs der G-20-Staaten, am Samstag und Sonntag halten der Internationale Währungsfonds (IWF) und die Weltbank ihre Frühjahrstagungen ab. Es soll eine Bilanz der globalen Bemühungen um eine Reform der Finanzmärkte gezogen werden, wie sie auf den G-20-Gipfeln im in London (April 2009) und Pittsburgh (September 2009) verabredet worden war. Die meisten Vorstöße warten noch auf eine Umsetzung:
Reform der Finanzmärkte

IWF-Chef Dominique Strauss-Kahn: Die Weltwirtschaft ist nach Einschätzung des IWF trotz des begonnenen Aufschwungs noch nicht über den Berg.
(Foto: REUTERS)
Aus einzelstaatlichen Vorstößen etwa in Deutschland oder Frankreich für Bankenabgaben und eine schärfere Regulierung ist noch keine globale Neuordnung aus einem Guss geworden. Die G-20-Finanzminister sollten in Washington einen IWF-Vorschlag diskutieren, der eine Sonderabgabe für Banken und eine Steuer auf Gewinne und Gehaltszahlungen vorsieht. Die Abgaben sollen die Kosten künftiger Rettungsaktionen abdecken. Die EU begrüßte den Vorschlag, andere Länder wie etwa Kanada meldeten Bedenken an. Offen ist noch die Frage, wie das Risiko durch hochspekulative Wertpapiere wie etwa Derivate weltweit kontrolliert werden kann.
Manager-Prämien
Die G-20-Chefs stellten in Pittsburgh erstmalig internationale Regelungen zur Begrenzung von Bonuszahlungen an Finanzmanager auf. Die Prämien sollen sich an "langfristiger Wertschaffung und nicht an exzessiven Risikoinvestitionen" orientieren. Die Umsetzung des Vorhabens kommt mit unterschiedlichem Tempo voran: Großbritannien etwa kassierte bereits eine Sondersteuer von 50 Prozent auf Banker-Boni. In Deutschland verabschiedete das Kabinett einen Entwurf entlang der G-20-Richtlinien. In den USA streiten die Parteien im Kongress noch um die Details der von Obama geplanten Finanzmarktregulierung.
Aufwertung der G-20
Das greifbarste Ergebnis des globalen Krisenmanagements im Finanzsektor ist der Aufstieg der Gruppe der 20 größten Volkswirtschaften. Die Gruppe wurde in Pittsburgh zum "obersten Forum" der globalen Finanzpolitik bestimmt. Zuvor fiel diese Aufgabe eher der G-7 zu, die anders als die G-20 nur Industrieländer, aber keine Schwellenländer wie Brasilien, Indien oder China umfasste. Die derzeitigen Finanztagungen in Washington illustrieren den Wandel: Wurden sie früher traditionell durch ein Treffen der G-7-Finanzminister eröffnet, tagen nun am Freitag die G-20-Minister.
Reform der Finanzinstitutionen
Der IWF soll nach dem Willen der G-20 zur Kontrollinstanz für die Weltwirtschaft ausgebaut werden. Die Debatte der mehr als 180 IWF-Mitgliedsländer über eine Reform des Mandats hält noch an; bis Oktober sollen Vorschläge vorliegen. Bislang bewerteten die IWF-Experten hauptsächlich die Finanz- und Wirtschaftspolitik der einzelnen Mitgliedsländer. In Zukunft soll der Fokus mehr auf grenzübergreifende systemische Risiken gerichtet sein. Sicher scheint, dass die Kompetenzen des IWF wachsen werden. Seine Finanzressourcen, aus denen Kredite an Länder in Notlage vergeben werden, hat er seit 2008 bereits um mehr als 80 Prozent auf rund 590 Milliarden Dollar ausgebaut.
Quelle: ntv.de, Peter Wütherich, AFP