Sonderaktien sollen Staaten locken EADS und BAE planen Knalleffekt
13.09.2012, 13:51 Uhr
Gemeinsam zu neuen Höhen: BAE und EADS schmieden große Pläne.
(Foto: picture alliance / dpa)
Mit einer Megafusion wollen Europas Rüstungsriesen EADS und BAE großen US-Rivalen die Stirn bieten. Dafür brauchen die Unternehmen jedoch grünes Licht der Politik, die in dieser sensiblen Branche peinlich genau darauf achten, mit Beteiligungen ihre jeweiligen Länderinteressen zu wahren. Intern schwören die Konzerne ihre Mitarbeiter aber schon auf eine Fusion ein.
Europas Rüstungskonzerne EADS und BAE verfolgen kühne Pläne: Sie wollen nicht weniger, als die bisherigen Machtverhältnisse in der Branche auf den Kopf zu stellen. Gemeinsam arbeiten sie daran, das deutsch-französische und das britische Unternehmen zu einem neuen Branchenriesen mit einem Marktwert von fast 40 Mrd. Euro zu verschmelzen. Dies würde den EADS-Erzrivalen Boeing in den Schatten stellen.
Doch weil in kaum einer Branche die Verflechtungen mit der Politik so groß sind wie bei Rüstungsgütern, gelten für eine solche Fusion besondere Spielregeln. Schon allein bei EADS waren Deutschland und Frankreich gleichermaßen stets darauf bedacht, das Kräftegleichgewicht der Interessen beider Staaten genau zu wahren. Beide Länder sind mit je rund 22 Prozent an EADS beteiligt. Bei einer Fusion mit den Briten gilt es daher, ein neues Gleichgewicht auszutarieren - kein einfaches Unterfangen.
BAE betonte, dass bereits zahlreiche Gespräche mit Regierungen aufgenommen worden seien. Geplant ist, dass die französische, deutsche und britische Regierung jeweils Sonderaktien erhalten, um ihre Interessen zu wahren. Doch die Überzeugungsarbeit hat gerade erst begonnen.
Fragen offen
Die Bundesregierung prüft nach Angaben eines Sprechers des Bundeswirtschaftsministeriums zurzeit die möglichen Folgen einer Fusion. In Regierungskreisen hieß es, die Bundesregierung befinde sich in konstruktiven Gesprächen mit dem Unternehmen. Auch eine enge Abstimmung mit der französischen Regierung sei vorgesehen. Eine ganze Reihe schwieriger Fragen müsse aber noch geklärt werden. Von Industrieseite hieß es, aus der Politik der beteiligten Länder habe es zumindest ermutigende Signale für das Fusionsvorhaben gegeben.
Nicht nur in der Politik müssen die Unternehmen für ihr Vorhaben werben. Auch der französische EADS-Großaktionär Arnaud Lagardère muss den Fusionsplänen noch zustimmen. Bevor die Lagardère-Gruppe grünes Licht für ein solches Projekt gebe, müssten alle möglichen Konsequenzen geprüft werden, ließ der Unternehmer und EADS-Chefkontrolleur mitteilen. Das Projekt sei dem EADS-Verwaltungsrat bisher noch nicht vorgelegt worden.
Daimler will verkaufen
Realisiert werden soll die mögliche Fusion über einen Aktientausch. Aktionäre des britischen Fusionspartners BAE sollen 40 Prozent an dem entstehenden Unternehmen halten. 60 Prozent würden bei den bisherigen EADS-Aktionären liegen, zu denen auch der Autobauer Daimler gehört. "Wir beobachten die Verhandlungen über einen möglichen Zusammenschluss sehr genau", teilte der Stuttgarter Konzern mit. Daimler hält direkt 15 Prozent an EADS und übt für weitere 7,5 Prozent der Anteile die Stimmrechte aus.
Schon seit längerem plant Daimler, seine EADS-Beteiligung zu verringern. Der Autohersteller will einen 7,5-Prozent-Anteil an die Staatsbank KfW verkaufen. An seinen Absichten habe sich auch jetzt nichts geändert. Da die Fusion mit einer Auflösung des Aktionärspaktes einhergehen könnte, stünden Daimler "grundsätzlich alle Optionen offen", wie der Konzern mitteilte. Dazu zähle auch, den Anteil am Markt zu platzieren. Der Konzern verhandelt weiter mit der Bundesregierung über einen Teilverkauf der Anteile, die Gespräche sollen noch in diesem Jahr abgeschlossen werden.
Mit Aktientausch an die Spitze
Die Rüstungskonzerne selbst sind derweil schon weit fortgeschritten in den Verhandlungen über einen Zusammenschluss. Ausführlich äußert sich BAE etwa darüber, dass das Dividendenniveau im kommenden Jahr beibehalten werden soll. Nach dem britischen Übernahmerecht muss nun bis zum 10. Oktober eine Entscheidung darüber getroffen werden, ob die angedachte Fusion tatsächlich stattfinden soll. Allerdings kann die Frist noch verlängert werden.
Nach Ansicht von EADS-Chef Tom Enders stellen die Fusionspläne von EADS und BAE eine "einzigartige Chance" dar. In einem internen Schreiben an die Mitarbeiter betont Enders: "Gemeinsam würden wir ein weltweit führendes Unternehmen der Luft- und Raumfahrt sowie Verteidigungs- und Sicherheitsindustrie schaffen".
Megakonzern könnte Boeing abhängen
Bei der geplanten Fusion würde ein europäischer Rüstungsgigant entstehen, der es locker mit dem US-amerikanischen Rivalen Boeing aufnehmen könnte. EADS kam im vergangenen Jahr auf einen Rekordumsatz von fast 50 Mrd. Euro und lag damit nur knapp hinter dem Wettbewerber Boeing. BAE setzte weitere 24,3 Mrd. Euro um. Bei einer Fusion könnten die Europäer Boeing im Umsatz nicht nur überholen, sondern sogar deutlich abhängen.
BAE setzt seinen Schwerpunkt auf den Rüstungsbereich und entwickelt insbesondere Kampfflugzeuge. EADS ist die Mutter des Flugzeugbauers Airbus und hat damit das größere Standbein in der zivilen Luftfahrt. EADS beschäftigte im letzten Jahr mehr als 133.000 Mitarbeiter, gemeinsam mit BAE käme der Luftfahrtkonzern auf weit über 200.000 Mitarbeiter.
Quelle: ntv.de, bba/nne/dpa/rts/DJ