Athen bekommt Gelbe Karte EU erschafft neuen Krisenfonds
20.06.2011, 14:30 UhrNach zähem Ringen geben die EU-Finanzminister grünes Licht für einen ständigen Euro-Rettungsfonds. Er löst im Jahre 2013 das bisherige Provisorium ab und soll in Not geratene Staaten mit Krediten vor der Pleite retten. Unterdessen erhöhen die Euroländer den Druck auf Schuldensünder Griechenland.

Frankreichs Finanzministerin Christine Lagarde und Deutschlands Finanzminister Wolfgang Schäuble.
(Foto: ASSOCIATED PRESS)
Die Euro-Länder haben ihre Instrumente zur Abwehr von Schuldenkrisen in der Währungsunion auf den Weg gebracht. Der Vertrag zur Gründung des dauerhaften Krisenabwehrfonds ESM sei nun unterschriftsreif, erklärte Eurogruppen-Chef Jean-Claude Juncker in Luxemburg.
Der Fonds ESM soll eine Kapitalbasis von 700 Mrd. Euro haben und 2013 dauerhaft eingerichtet werden. 80 Mrd. Euro werden bar eingezahlt. Im Grundsatz war der Fonds schon auf einem EU-Gipfel im März beschlossen worden. Zugleich entschieden die Finanzminister, wie geplant den derzeit laufenden Euro-Rettungsschirm EFSF auf 440 Mrd. Euro aufzustocken.
"Die Einigung zeigt, dass die Eurozonen-Mitgliedsländer entschlossen sind, die Stabilität der Eurozone zu gewährleisten", sagte der Vorsitzende der Gruppe der Euro-Länder, Jean-Claude Juncker, in Luxemburg. Der Fonds löst den derzeitigen Euro-Rettungsfonds ab und soll in Not geratenen Staaten mit Krediten Hilfe leisten.
Nachdem die Euro-Länder in den vergangenen Wochen heftig über ein neues Hilfspaket für Griechenland gestritten hatten, kam ihre Entschlussfähigkeit an den Finanzmärkten gut an. Der Dax verringerte sein Minus auf 0,2 Prozent. Der Euro zog an und notierte mit 1,4302 Dollar ebenfalls auf einem Tageshoch. "Alles, was nach den Negativ-Nachrichten vom Wochenende auf Fortschritte bei der Lösung der Griechenland-Krise hindeutet, wird als positiv aufgenommen", sagte ein Devisenhändler. Anleihen, Aktien und Euro waren zuvor auf Talfahrt, da die Eurogruppe nicht wie erwartet am Sonntagabend den nächsten Kredit für Griechenland bewilligt hatte.
Bürgen reicht nicht mehr
Die Euro-Länder geben für den ESM genannten Fonds Garantien über 620 Mrd. und zahlen 80 Mrd. Euro in bar ein. Deutschland muss knapp 22 Mrd. Euro in bar überweisen - bei und rund 168 Mrd. Euro an Garantien. Bei dem neuen Fonds, der den bisher laufenden Euro-Rettungsschirm EFSF ablöst, springt Deutschland also nicht mehr nur als Bürge ein, sondern muss richtig Geld einzahlen.
Das Geld wird ab 2013 in fünf Jahresraten zu je rund 4,3 Mrd. Euro überwiesen. Die Bareinlage ist notwendig, da der Fonds sich für Hilfskredite selber Geld leiht und dafür möglichst geringe Zinsen zahlen soll. Von den 700 Mrd. kann der Fonds wegen nötiger Sicherheitsrücklagen 500 Mrd. Euro einsetzen. Der Fonds darf dabei auch direkt Staatsanleihen von Euro-Ländern kaufen.
Die Kredite für Schuldensünder sind an strikte Auflagen geknüpft und sollen nur im Notfall fließen, wenn die Stabilität der Euro-Zone insgesamt gefährdet ist. Zudem sollen private Gläubiger wie Banken und Versicherungen an den Kosten der Rettung beteiligt werden.
Der stellvertretende Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, Joachim Poß, kritisierte das Krisenmanagent. "Es kann doch nicht angehen, dass EZB und andere sich wie die Kesselflicker kloppen in der Öffentlichkeit, damit die Märkte zusätzlich verunsichern und die Situation nicht verbessern, sondern verschlechtern", sagte er bei n-tv. "Das Hauptproblem ist ja, dass man gewisse Dinge tun muss und nicht zu lange darüber reden darf. Im Moment findet genau das Gegenteil statt."
Der EFSF war im Mai vergangenen Jahres aus dem Boden gestampft worden, nachdem Griechenland als erster Euro-Staat vor der Pleite durch Kreditgarantien seiner Partnerländer gerettet worden war. Irland und Portugal waren dann die ersten Kunden des in Luxemburg ansässigen Rettungsschirms unter Leitung des Deutschen Klaus Regling. Die Euro-Länder hatten für Kredite an notleidende Länder 440 Mrd. Euro an Garantien gestellt, doch waren daraus nur rund 250 Milliarden Euro auszahlbar, da nicht alle Staaten wie Deutschland über das beste Rating verfügen und eine Übersicherung notwendig war. Die Garantiesumme wird nun auf 780 Mrd. Euro fast verdoppelt. Der deutsche Anteil liegt bei 211 Mrd. Euro. Der EFSF kann - wie auch die Nachfolgelösung ESM - künftig außerdem Staatsanleihen kriselnder Staaten zum Zeitpunkt ihrer Ausgabe aufkaufen und die Länder damit flexibler unterstützen.
Druck auf Athen wächst
Unterdessen erhöhen die Euroländer den Druck auf Griechenland, den vereinbarten Sparkurs gegen den massiven Widerstand aus der Bevölkerung durchzuziehen. Erst wenn Griechenland zu seinen Verpflichtungen stehe und sie erfülle, sei die Voraussetzung für die Auszahlung der nächsten Kredittranche geschaffen, sagte Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble am Montag in Luxemburg vor dem Eurogruppen-Treffen. Die Freigabe des nächsten Kredits sei jetzt noch nicht möglich gewesen, weil die griechische Regierung das erst kürzlich vereinbarte Sparpaket wieder ändern wolle, erklärte die österreichische Finanzministerin Maria Fekter. Die Euro-Staaten müssten die anstehenden Beschlüsse der griechischen Regierung dann neu bewerten, um über die Auszahlung weiterer Finanzhilfen zu entscheiden.
Die Euro-Finanzminister hatten nach stundenlangen Krisengesprächen in der Nacht zum Montag beschlossen, dass zuerst die vereinbarten zusätzlichen Sparmaßnahmen im Parlament in Athen besiegelt sein müssen, ehe mehr Geld fließt. Es war eigentlich erwartet worden, dass die Minister schon bei diesem Treffen grünes Licht geben für die nächste Tranche über zwölf Milliarden Euro.
Quelle: ntv.de, dpa/AFP/rts