Computerbedingte Kursstürze EU plant Sicherungen
06.09.2011, 15:55 UhrDer sogenannte Hochfrequenzhandel an den Börsen ruft die EU-Kommission auf den Plan. Die Brüsseler Behörde plant die Einrichtung von Sicherungen, um massive Kursschwankungen binnen kurzer Zeit zu verhindern.
Gefährliche Kursschwankungen an den Börsen durch sekundenschnelle Computergeschäfte soll es nach Plänen der EU-Kommission künftig nicht mehr geben. Der zuständige Kommissar Michel Barnier plant, im sogenannten Hochfrequenzhandel Sicherungen einzubauen, wie das "Handelsblatt" berichtete.
Im Hochfrequenzhandel kann es bei bestimmten Börsenentwicklungen dazu kommen, dass Computer - ohne Befehl eines Händlers - in Sekundenbruchteilen automatisch hunderte Verkaufsanweisungen geben. Bei deutlichen Abwärtstrends an den Finanzmärkten kann dies zu massiven Verkaufswellen führen, weil die Computer auf einmal massenhaft versuchen, die Verluste für die Anleger zu verringern. Dadurch kann sich Panikstimmung an den Börsen beschleunigen.
Diesem automatisierten Verfahren will Barnier nun offenbar den Kampf ansagen. So sollen die Händler zum Aufbau eines Sicherungssystems verpflichtet werden, das den Handel "bei unerwarteten Kursbewegungen zeitweise stoppen kann". Dadurch sollen die Handelscomputer keine rasend schnell abstürzenden Börsenkurse mehr verursachen können.
"Handelspraktiken und Technologien haben die bisherigen gesetzlichen Regelungen überholt", begründet Barnier dem Bericht zufolge sein Vorhaben. Der Blitz-Handel durch Computer erhöhe das Risiko "fehlerhafter" Verkaufsbefehle und könne zu "Überreaktionen" und zu "missbräuchlichem Verhalten" führen.
"High-Tech-Spielhallen"
Der SPD-Europaabgeordnete Udo Bullmann bezweifelte, dass die Pläne ausreichen, um Börsenturbulenzen wirkungsvoll zu bekämpfen. Der Finanzexperte sieht angesichts des automatisierten Börsengeschehens ebenfalls "dringenden" Handlungsbedarf. "Die Börsen sind zu High-Tech-Spielhallen verkommen", sagte Bullmann. "Ohne Bezug zur Realwirtschaft verschieben Computer Abermillionen Euro im Millisekundentakt. Ob Kurse steigen oder fallen ist dabei häufig egal."
Bullmann bezweifelte jedoch, ob die angedachten Absicherungen ausreichen, um gefährliche Auf und Abs an den Börsen zu verhindern: "Kurssicherungssysteme begrenzen nur Extremausschläge, nicht aber den Hochfrequenzhandel an sich." Der SPD-Politiker hält eine Steuer auf Finanztransaktionen für sinnvoller.
Quelle: ntv.de, AFP