Wann kommt die Zinserhöhung? EZB-Banker erörtern Szenarien
27.01.2011, 16:17 UhrDie Zeit der Niedrigzinsen neigt sich langsam aber sicher dem Ende zu. Bei der EZB werden wegen der anziehenden Inflation im Euro-Raum Stimmen laut, die eine härtere Gangart der Notenbank fordern. EZB-Chef Trichet beruhigt: Bislang sei es gelungen, die Inflation im Zaum zu halten.
Der jüngste Inflationsanstieg heizt Spekulationen über eine früher als erwartete Zinserhöhung in der Euro-Zone an. Eine Woche vor der mit Spannung erwarteten nächsten Sitzung des EZB-Rats schürten führende Notenbanker der Europäischen Zentralbank (EZB) eine entsprechende Erwartungshaltung an den Finanzmärkten. Aktuelle Inflationszahlen aus dem größten Euro-Land Deutschland scheinen die Alarmstimmung zu bestätigen.
EZB-Direktoriumsmitglied Lorenzo Bini Smaghi machte sich in Bologna für eine harte Gangart im Kampf gegen die Inflation stark. Er sagte, mit Blick auf die steigenden Preise für Energie und Nahrungsmittel in aller Welt müsse die Teuerung in der Euro-Zone "signifikant stärker eingedämmt" werden als etwa in Schwellenländern.
EZB-Chefvolkswirt Jürgen Stark hatte bereits zuvor in Kiel erklärt, die EZB werde angesichts des Preisdrucks falls nötig handeln und sich dabei auch nicht von der Schuldenkrise einiger Euro-Länder abhalten lassen: "Es gibt keine monetäre Finanzierung, das heißt keine Finanzierung öffentlicher Haushalte durch die Zentralbank, und keine Monetisierung der Staatsschulden, das heißt wir lassen keine höhere Inflationsrate zu, die die reale Schuldenlast der Staaten lindern würde."
"Keinen Einfluss auf Rohstoffpreise"
EZB-Präsident Jean-Claude Trichet bekräftigte unterdessen beim Weltwirtschaftsforum in Davos, die EZB habe in den ersten zwölf Jahren der Währungsunion bewiesen, dass sie in der Lage ist, die Teuerung in Zaum zu halten. "Wir müssen wir andere Notenbanken in der Welt auch von Zeit zu Zeit mit einem Anstieg der Preise von Öl und Rohstoffen umgehen. Wir haben keinen Einfluss auf diese auf dem Weltmarkt gebildeten Preise, aber die Verantwortung, dass nicht dazu kommt, was wir die 'zweite Runde' nennen."
Aufgeschreckt worden waren Politik, Notenbanken, Märkte und Öffentlichkeit schon zum Jahreswechsel, als bekanntgeworden war, dass die Inflationsrate in den 16 Ländern der Währungsunion auf 2,2 Prozent und damit auf den höchsten Wert seit gut zwei Jahren geklettert war.
Im Sommer 2008, als der damals ebenfalls von steigenden Energie- und Lebensmittelpreisen ausgelöste Inflationsdruck einen vorläufigen Höhepunkt erreichte, hatte der EZB-Rat trotz der immer schlimmer werdenden Krise den Leitzins erhöht, später dann aber massiv gesenkt.
Zinserhöhung nicht sofort
Der Schlüsselzins für die Versorgung der Banken mit frischem Zentralbankgeld liegt seit Mai 2009 bei 1,0 Prozent. Derzeit rechnet noch niemand mit einer unmittelbar bevorstehenden Zinserhöhung der EZB. Wann die Zentralbanker ihre Geldpolitik straffen dürften, ist unter den Experten allerdings umstritten.
Bini Smaghi warnte indirekt davor, den Leitzins zu lange zu niedrig zu lassen. Sollte die Teuerungsrate nicht unter zwei Prozent liegen, "müsste die Geldpolitik restriktiver werden, als sie eigentlich sollte, was zu einer Verlangsamung des Wachstums führen würde".
Quelle: ntv.de, wne/rts