Euro steigt und steigt EZB-Chef Draghi in der Zwickmühle
02.05.2014, 12:07 Uhr
Der Euro hat viel Aufwind.
(Foto: REUTERS)
Die anhaltende Stärke des Euro gegenüber dem Dollar verblüfft viele Experten. Die jüngsten Daten aus den USA sprechen eine andere Sprache. Die in Europa bevorstehende geldpolitische Lockerung könnte nach hinten losgehen.
Der Euro kann auch durch die anhaltende Verschärfung der US-Geldpolitik nicht geschwächt werden. Sie wird bereits erwartet und so läuft die Politik der US-Notenbank scheinbar auf Autopilot: Bei ihrer Sitzung am vergangenen Mittwoch hat die Fed angekündigt, dass das Anleihenkaufprogramm um weitere zehn Milliarden Dollar auf 45 Milliarden Dollar pro Monat zurückgefahren wird. Die Wirtschaft habe sich zuletzt belebt, erklärte das Gremium in einer Pressemeldung und fügte hinzu: "Die Ausgaben der privaten Haushalte scheinen stärker zu steigen." Der private Verbrauch war allerdings um annualisiert drei Prozent gestiegen.
Viele Volkswirte freuten sich über das satte Plus, aber bei genauerem Hinsehen überzeugt diese Zahl nicht. Denn die Gesundheitsreform von Barack Obama hatte dazu geführt, dass die Amerikaner viel mehr Geld für ihre Krankenkassenbeiträge aufwenden mussten. Zudem waren wegen des kalten Winters die Heizkosten stark gestiegen und auch die Mieten hatten zugelegt. Das Plus von drei Prozent beim privaten Verbrauch sah Arthur Cashin, Chef der Aktienhändler der UBS an der New Yorker Börse, daher sehr kritisch. "Das Wachstum beim privaten Verbrauch beruhte auf unfreiwilligen Ausgaben", sagte er.
Arbeitsmarktdaten entscheidend
Den Konsumenten könnte es künftig sehr schwer fallen, die Wirtschaft anzukurbeln. Die Ausgaben der Amerikaner sind im März zwar um 107,2 Milliarden Dollar gegenüber dem Vormonat geklettert. Die Einkommen waren aber um lediglich 78,2 Milliarden Dollar gestiegen. Die Sparquote ist damit auf nur mehr 3,8 Prozent gesunken. Das ist das zweitniedrigste Niveau seit August 2008, also kurz vor der Pleite von Lehman Brothers.
Umso genauer werden sich Investoren die heutigen Arbeitsmarkdaten um 14.30 Uhr anschauen. Laut den Schätzungen sollen 215.000 Jobs geschaffen worden sein. Gegenüber den 192.000 für März würde das nicht gerade auf eine starke Belebung des Arbeitsmarkts hindeuten. Der Rentenmarkt in den USA erwartet bereits eine schwächere Entwicklung der US-Wirtschaft, die auch den US-Dollar weiter belasten könnte. Die Zinsen für zehnjährige Anleihen sind auf 2,62 Prozent gesunken. In Phasen wirtschaftlicher Schwäche bevorzugen Investoren Anleihen wegen ihres defensiven Charakters.
Erholung in Europas Peripherie stützt den Euro
Noch viel stärker als in den USA sind zuletzt die Zinsen in Europa gesunken. Für zehnjährige spanische und italienische Anleihen liegen sie mit jeweils rund drei Prozent am Allzeittief. Dabei liegt die Verschuldung der beiden Länder im Vergleich zum Bruttoinlandsprodukt jeweils am Rekordhoch. Anleger gehen zwar davon aus, dass EZB-Chef Mario Draghi bei der nächsten Sitzung am 8. Mai noch nichts unternehmen wird. Dafür rechnen sie beim darauf folgenden Treffen am 5. Juni mit deutlichen Maßnahmen, auch um die Inflation anzukurbeln und eine Deflation zu vermeiden.
Zuletzt waren die Preissteigerungen in der Euro-Zone auf 0,7 Prozent gestiegen. Die hochverschuldeten Staaten der Euro-Zone brauchen aber eine deutlich höhere Inflation und sinkende Zinsen, um wegen des steigenden Schuldenberges weiter ihre Zinsenzahlungen leisten zu können. Eigentlich sollten diese Aussichten den Euro schwächen, doch nicht einmal die zuletzt schwachen Einzelhandelsdaten aus Deutschland konnten ihn belasten. Dagegen verbreitet der spanische Wirtschaftsminister Luis de Guindos schon wieder Zuversicht. Er erwartet, dass die Wirtschaft 2014 um 1,2 Prozent wachsen wird. Das sollte dem Euro sogar wieder helfen.
Zuflüsse beachten
Wenn Draghi die Geldpolitik tatsächlich wieder lockert wie Anleger erwarten und die Zinsen für Anleihen beispielsweise aus Spanien und Italien weiter sinken, könnte es zu einem unerwünschten Nebeneffekt kommen. In diesem Fall sollte weiter Geld aus dem angelsächsischen Raum in europäische Aktien fließen und das stützt gleichzeitig den Euro. Immerhin gab es seit Juli vergangenen Jahres 43 Wochen in Folge Nettozuflüsse in europäische Aktien. Daran dürften auch die Beteuerungen Draghis nicht viel ändern, der verzweifelt versucht, die europäische Leitwährung schwach zu reden.
Quelle: ntv.de