Nach dem Milliardenspektakel EZB-Räte sehen Risiken
11.05.2010, 10:34 UhrNach dem Einlenken der Europäischen Zentralbank ins Fahrwasser der EU-Politik geht ein tiefer Riss quer durch das bislang wichtigste Führungsgremium des Währungsraums: Auch bei der Einschätzung des nun drohenden Inflationsrisikos gehen die Meinungen offenbar weit auseinander.

Vom Bundesbanker zum Feuerlöscher: Axel Weber eilt von Krisentreffen zu Krisentreffen.
(Foto: REUTERS)
Der Kauf von Anleihen durch die Europäische Zentralbank (EZB) birgt nach Ansicht von Bundesbankchef Axel Weber erhebliche stabilitätspolitische Risiken. "Daher sehe ich diesen Teil des Beschlusses des EZB-Rats auch in dieser außerordentlichen Situation kritisch", sagte Weber der Börsen-Zeitung. Es komme jetzt entscheidend darauf an, diese Risiken so gering wie möglich zu halten. Daher seien die Ankäufe eng begrenzt. Sie zielten allein darauf ab, die Funktionsfähigkeit der Anleihemärkte wiederherzustellen.
"Wir sind entschlossen, die derzeitige Ausrichtung der Geldpolitik durch den Anleihekauf nicht zu unterlaufen", sagte Weber. "Die deutsche Bevölkerung kann sich darauf verlassen, dass wir hier besonders wachsam sein werden."
Wenn, dann ...
EZB-Ratsmitglied Ewald Nowotny sieht durch den Ankauf von Staatsanleihen durch die Notenbank keine Inflationsgefahr für die Eurozone. Er sehe "auf keinen Fall" die Gefahr, dass die Teuerung in der Eurozone außer Kontrolle geraten könne, sagte Österreichs Notenbankchef am Tag nach der bisher größten Rettungsaktion für den Euro in einem Radiointerview mit dem ORF. Der Kauf der Anleihen führe nicht unmittelbar zu höheren Ausgaben. "Die Inflation würde nur steigen, wenn wir die Geldmenge nicht unter Kontrolle hätten".

Männer Österreichs: Finanzminister Josef Pröll (links) begleitete Ewald Nowotny Ende April zu einem Griechenland-Treffen mit heimischen Bankern.
(Foto: REUTERS)
Den Tabubruch der EZB, nun Staatsanleihen notleidender Euro-Staaten zu kaufen, sieht Nowotny gelassen. Die EZB habe weiterhin alle Instrumente, um eine Inflationsrate um durchschnittlich 1,9 Prozent zu gewährleisten. Nowotny zeigte sich vielmehr besorgt über die geringe Nachfrage in Europa. Die schwache Konjunktur und der drohende weitere Anstieg der bereits hohen Arbeitslosigkeit seien viel gefährlicher.
Beide Füße auf der Bremse
Außerdem sah das Notenbankmitglied im aktuellen Kursrückgang des Euro keinen Grund zur Besorgnis. Die kräftigen Kursgewinne an den Aktienmärkten und die deutliche Reduzierung der Risikoaufschläge bei Anleihen der GIPS-Staaten (Griechenland, Irland, Portugal und Spanien) sind für Nowotny vielmehr "der Beweis dafür, dass es gelungen ist, die Spekulation massiv einzubremsen".
Als Hauptgrund für die weitreichenden Beschlüsse der EZB vom Wochenende nannte Weber die angespannte Lage an den Finanzmärkten. Er schränkte allerdings ein: Die EZB-Beschlüsse seien nur in Verbindung mit den Entscheidungen seitens EU und IWF sowie den staatlichen Konsolidierungsverpflichtungen geeignet, die extreme Unsicherheit an den Finanzmärkten zu verringern und die Stabilität des Euro zu schützen.
Europäische Union (EU) und Internationaler Währungsfonds (IWF) hatten in den Nacht zum Montag einen beispiellosen Rettungsschirm für finanzschwache Euro-Länder gespannt. Das Gesamtvolumen beläuft sich auf 750 Mrd. Euro. Die EZB begleitet diesen Kurs, indem sie staatliche und private Anleihen kauft. Dies hatte die Notenbank lange Zeit abgelehnt.
Quelle: ntv.de, dpa