Wirtschaft

Ratingagenturen büßen Macht ein EZB hilft Spanien

Spanien steht an den Finanzmärkten unter Druck.

Spanien steht an den Finanzmärkten unter Druck.

(Foto: dpa)

Die Europäische Zentralbank lockert ihre Anforderungen an Sicherheiten, die Banken im Gegenzug für Kredite der Notenbank hinterlegen müssen. Dieser Schritt dürfte vor allem bei spanischen Finanzinstituten für Erleichterung sorgen.

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Banken aus kriselnden Euro-Staaten können sich künftig noch leichter Geld von der Europäischen Zentralbank besorgen. Medienberichten zufolge hat der EZB-Rat die Anforderungen an Wertpapiere, die als Sicherheiten für Zentralbankkredite genutzt werden können, deutlich gelockert.

Der Schritt würde vor allem spanischen Banken helfen, die nun auch Wertpapiere mit erheblich schlechterem Rating als bisher bei der EZB einreichen können. Die Lockerungen beziehen sich vor allem auf verbriefte Hypothekenkredite. Viele spanische Banken haben hohe Bestände solcher Papiere in ihren Büchern, die bei den Ratingagenturen jedoch vielfach nur noch Ramschstatus haben und deshalb bislang nicht von der EZB als Sicherheit akzeptiert wurden.

Die EZB verleiht nur dann Liquidität an Banken, wenn diese Wertpapiere als Pfand dafür bei ihr abliefern. Spaniens Banken müssen nach dem Platzen der heimischen Immobilienblase mit bis zu 100 Mrd. Euro rekapitalisiert werden. Das Geld will sich der spanische Staat beim europäischen Rettungsfonds EFSF beziehungsweise seinem Nachfolger ESM besorgen.

EZB fordert Agenturen heraus

Wie die Nachrichtenagentur Reuters berichtet, will die EZB darüber hinaus grundsätzlich den Einfluss der großen amerikanischen Ratingagenturen auf ihre Entscheidungen massiv beschneiden. Wie mehrere mit den Beratungen der Notenbanker vertraute Personen bestätigten, sollen demnach die Einschätzungen der Agenturen keine Rolle mehr bei der Bewertung von Staatsanleihen spielen, die Banken bei der Zentralbank als Sicherheiten für frische Liquidität einreichen. Hier folgt die EZB bislang weitgehend dem Urteil der Bonitätswächter.

"Falls der EZB-Rat das so entscheidet, würde zum einen der vielfach kritisierte Einfluss von Standard & Poor's, Moody's und Fitch sinken", sagte eine Person aus dem Umfeld der Notenbank, die nicht namentlich genannt werden wollte. "Zum anderen könnte der kleiner werdende Pool von Sicherheiten, den Banken aus den Schuldenländern zur Verfügung haben, so wieder um einiges größer werden." Mit einer Entscheidung sei aber erst mittelfristig zu rechnen, bestätigten darüber hinaus mehrere andere Insider in Frankfurt und europäischen Hauptstädten. Die EZB wollte sich nicht äußern.

Konflikte vorprogrammiert

Der Schritt erscheint auf den ersten Blick recht technisch, ist aber angesichts der Probleme in Spanien und einer in der Zukunft denkbaren Ratingherabstufung Frankreichs zugleich ein politisch höchst brisantes Thema. Grundsätzlich müssen Banken bei der EZB Wertpapiere als Sicherheiten einreichen, wenn sie von ihr Liquidität haben wollen. Im Laufe der Krise wurden die Anforderungen an diese Sicherheiten immer weiter gesenkt, da sonst die Gefahr bestanden hätte, dass immer weniger Banken in der Lage gewesen wären, sich bei der Zentralbank zu refinanzieren. Vor allem die Bundesbank hatte die Aufweichung der Regeln wiederholt kritisiert und argumentiert, dass dadurch die Risiken gestiegen sind, die die Notenbanken sich in der Krise aufgeladen hätten.

Ob und zu welchen Konditionen, also mit welchen Abschlägen, die EZB die Wertpapiere der Geldhäuser annimmt, richtet sich bislang nach dem Votum der drei großen Ratingagenturen und einer kleineren, in der Öffentlichkeit wenig bekannten Agentur namens DBRS aus Kanada. Die großen drei sind US-amerikanisch dominiert und wurden immer wieder wegen ihrer Bewertung von europäischen Schuldenstaaten kritisiert.

Welche Kriterien die EZB in Zukunft statt des Urteils der Agenturen anwenden will, wenn eine Bank ihr Staatsanleihen als Sicherheiten anbietet, ist unklar. "Klar ist aber, dass die EZB auch weiterhin Abschläge je nach Bonität des Landes vornehmen wird, dessen Bonds bei ihr als Sicherheit eingereicht werden", sagte einer der Insider. Denkbar wäre etwa, dass die Notenbank eigene Experten beschäftigt, die nach wohl ähnlichen Methoden wie die Ratingagenturen Länder beurteilen würden.

Allerdings wäre ein solches Vorgehen wohl politisch relativ heikel für die Zentralbank. Nach Aussage eines anderen Insiders überlegen drei der wichtigsten Notenbanken, die EZB, die US-Notenbank Federal Reserve und die Bank von England aktuell, gemeinsam Expertise aufzubauen und die Ratingagenturen auf diese Weise mittelfristig bei der Bonitätsbewertung von Ländern zu ersetzen. "Noch sind wir operational nicht so weit, aber es läuft alles in Richtung einer größeren Koordination." Bereits heute nehmen Zentralbanken intern Bewertungen der Bonität von Banken vor, da sie zum Beispiel wissen wollen, wie solvent ihre Geschäftspartner bei den Refinanzierungsoperationen sind.

Quelle: ntv.de, jga/rts

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