Wirtschaft

Konjunktursorgen werden größer EZB lässt Zinsanhebung sein

EZB-Präsident Jean-Claude Trichet gibt sein Amt im Spätherbst ab.

EZB-Präsident Jean-Claude Trichet gibt sein Amt im Spätherbst ab.

(Foto: dpa)

Nach den Notenbanken in den USA und Großbritannien setzt nun auch die Europäische Zentralbank (EZB) wieder verstärkt auf die Politik des billigen Geldes. EZB-Chef Trichet sieht nun größere Wachstumsrisiken für die Euro-Zone als im vergangenen Monat. Die Zinspause könnte etwas länger andauern. Die EZB hält sogar Zinssenkungen für möglich.

Nach zwei Zinserhöhungen im April und Juli reagiert die Europäische Zentralbank (EZB) nun mit einer möglicherweise längeren Zinspause auf die schwächelnde Konjunktur. Zugleich ließen sich die Währungshüter etwas überraschend sogar ein Hintertürchen für Zinssenkungen in den kommenden Monaten offen. "Wir erwarten, dass der Euro-Raum moderat wachsen wird, allerdings begleitet von besonders hoher Unsicherheit und verstärkten Abwärtsrisiken.

Noch vor einem Monat haben wir die Wachstumsrisiken für ausgeglichen gehalten, das ist heute nicht mehr der Fall", sagte EZB-Präsident Jean-Claude Trichet nach der vorletzten Sitzung des EZB-Rats unter seiner Führung. "Unsere Einschätzung der wirtschaftlichen Lage hat sich signifikant geändert."       

Die EZB rechnet in diesem Jahr mit einem etwas schwächeren Wachstum in der Euro-Zone als bislang vorhergesagt. Die Wirtschaft werde um 1,4 bis 1,8 Prozent zulegen und bekommen damit den Gegenwind der Weltwirtschaft zu spüren, sagte Trichet. Im Juni war noch ein Plus von 1,5 bis 2,3 Prozent vorhergesagt worden. Für 2012 erwarten die EZB-Ökonomen nunmehr ein Wirtschaftswachstum im Euroraum von 0,4 bis 2,8 Prozent (bislang: 0,6 bis 2,8 Prozent).

An der Preisfront gab der Franzose hingegen Entwarnung: Zwar werde die Inflationsrate in diesem Jahr noch über zwei Prozent bleiben, 2012 dann aber deutlich zurückgehen und "unter zwei Prozent fallen", erklärte der Zentralbankchef in Frankfurt. Die EZB sieht stabile Preise bei einer Teuerungsrate von knapp unter zwei Prozent als gegeben an.

Die Notenbanker hatten den Leitzins für die Euro-Zone erwartungsgemäß bei 1,5 Prozent belassen. Diese Entscheidung wurde laut Trichet vom EZB-Rat einstimmig getroffen.

EZB wieder im Notenbank-Geleitzug

Bereits vor der EZB hatte die Bank of England (BoE) den Leitzins für Großbritannien wie erwartet bei 0,5 Prozent bestätigt. Sie hatte sich kürzlich ähnlich wie die Federal Reserve in den USA de facto darauf festgelegt, diese Politik des billigen Geldes noch etwa die nächsten beiden Jahre fortzusetzen.       

In den USA denkt Notenbankchef Ben Bernanke derzeit wegen der anhaltenden Wirtschaftsflaute und der miserablen Lage auf dem Arbeitsmarkt intensiv über Vor- und Nachteile einer weiteren geldpolitischen Lockerung nach. Das nächste Treffen des entscheidenden Offenmarktausschusses der Fed wurde auf zwei Tage verlängert, unter anderem weil die Führungsspitze der Zentralbank so zerstritten ist über den weiteren geldpolitischen Kurs wie seit mehreren Jahrzehnten nicht mehr. Eine dritte Runde geldpolitischer Lockerung - im Fachjargon QE3 (quantitative easing) genannt - ist im Kampf gegen einen Rückfall in die Rezession gut denkbar.      

Für die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) ist die Lage eindeutig: Die Notenbanken in den Industriestaaten sollten bei anhaltender Konjunkturflaute ihre Zinsen senken. Sollte es dafür keinen Spielraum mehr geben - wie etwa in den USA - könnten die Währungshüter weitere Eingriffe etwa auf dem Anleihenmarkt vornehmen, empfahl die Organisation in ihrem Zwischenbericht zum Wirtschaftsausblick. Darin nannte sie zwar konkret keine Notenbank, dürfte aber die EZB und die Fed gemeint haben.

Quelle: ntv.de, wne/rts

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