1.000.000.000.000 Euro EZB spielt Wertpapierkäufe durch
04.04.2014, 18:45 Uhr
Steht der Tabu-Bruch bevor? Die EZB unter Präsident Draghi lässt die Folgen eines QE prüfen.
(Foto: REUTERS)
Im Kampf gegen die Inflation verschärfen die europäischen Währungshüter den Ton. Zudem wird nicht länger auf den Werkzeugkasten verwiesen - sondern hineingegriffen. Selbst der Einsatz der Instrumente wird bereits geprüft.
Die Europäische Zentralbank (EZB) treibt ihre Planungen für Wertpapierkäufe offenbar voran. EZB-Präsident Mario Draghi hatte das sogenannte Programm quantitativer Lockerungen (QE) am Vortag in Betracht gezogen, sollte sich der Preisanstieg im gemeinsamen Währungsraum weiter abschwächen. Ein derartiger Schritt könne auch schnell erfolgen, hatte er gesagt. Mit entsprechenden Instrumenten hatten bereits die Notenbanken der USA, Japans und Großbritanniens gearbeitet.
Nun hat die Zentralbank laut Pressebericht verschiedene Modellrechnungen zu den Auswirkungen eines massenhaften Kaufs von Wertpapieren auf die Inflation erstellen lassen. Die Simulationen rechnen dabei nach Informationen der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" mit einem Volumen an Wertpapierkäufen von 1.000 Milliarden Euro innerhalb eines Jahres. Dies wären gut 80 Milliarden Euro im Monat, die zur Bekämpfung der niedrigen Inflationsrate von im März 0,5 Prozent eingesetzt werden könnten.
Unterschiedliche Ergebnisse
Allerdings gingen die Ergebnisse weit auseinander, schreibt die Zeitung. Im schwächsten Szenario würde die gewaltige Geldspritze die Inflationsrate nur um 0,2 Prozentpunkte erhöhen. Eine andere Simulation komme auf eine Anhebung um 0,8 Prozentpunkte. Ein Sprecher der EZB wollte die konkreten Berechnungen auf Anfrage der Zeitung nicht kommentieren.
Wie es weiter hieß, ist in der EZB stark umstritten, ob ein Quantitative Easing (QE) im Euroraum effektiv wirken würde. Die Übertragung des Impulses liefe wohl schlechter als in den USA. Einflussreiche Stimmen im EZB-Rat neigten eher zu einer Erleichterung der Finanzierungskonditionen von kleinen und mittleren Unternehmen durch eine Belebung des Markts für verbriefte Mittelstandskredite, berichtet das Blatt.
Solche Kreditverbriefungen (ABS) galten als einer der Gründe für die Finanzkrise in den USA, weil damit Risiken verschleiert wurden. Draghi betone aber, dass die europäischen ABS-Papiere viel transparenter konstruiert seien. Entsprechend müssten sie weniger hart bei der Eigenkapitalregulierung behandelt werden, schreibt die Zeitung. Die EZB wolle noch in diesem Monat gemeinsam mit der Bank of England einen Vorstoß für den europäischen ABS-Markt machen.
Laut EZB-Vize Vitor Constancio hat der Rat bei seinem jüngsten Treffen noch keine Details eines möglichen umfangreichen Wertpapierkaufprogramms diskutiert. "Dafür war das Umfeld nicht entsprechend", sagte er dem Sender CNBC. Es sei am Donnerstag nicht über die Frage gesprochen worden, ob die EZB Staatsanleihen oder private Schuldtitel kaufen könnte. Vielmehr sei es vor allem darum gegangen, einen grundsätzlichen Konsens unter den Mitgliedern des Rats herzustellen, dass Wertpapierkäufe als Mittel im Kampf gegen eine drohende Deflation in der Euro-Zone eingesetzt werden könnten.
Positiv für europäische Aktien
Im Handel kommen die Überlegungen gut an. Der Vorabbericht hatte den Dax kurzfristig bis auf ein Tageshoch von 9.722 Punkte getrieben. Im Handel ist man sich einig: Sollte QE kommen, wäre dies extrem positiv für europäische Aktien, insbesondere, da die US-Notenbank dabei sei, ihr Programm zurückzufahren.
Noch sei das Ganze aber recht spekulativ, heißt es. Immerhin handele es sich nur um eine Modellrechnung. Dass diese durchgeführt werde, dürfte nach den Aussagen Draghis im Anschluss an die Leitzinsentscheidung nicht wirklich überraschen. Aber immerhin: Die Hinweise konkretisieren sich zunehmend.
Quelle: ntv.de, jwu/rts/DJ