EuGH entscheidet über Enteignung Etappensieg für HRE-Aktionäre
08.04.2010, 14:45 Uhr
Jetzt nimmt der EuGH die Enteignung der HRE-Aktionäre unter die Lupe.
(Foto: picture alliance / dpa)
Es ist ein Kampf David gegen Goliath, doch fast wie in der biblischen Sage scheint es für David gar nicht so schlecht auszusehen. Die vom Staat enteigneten HRE-Aktionäre haben im ersten Prozess einen Teilerfolg errungen. Das Landgericht übergibt den Fall dem Europäischen Gerichtshof. Der entscheidet jetzt, ob das Finanzmarktstabilisierungsgesetz in diesem Punkt rechtens ist.
Die früheren Aktionäre der Skandalbank Hypo Real Estate haben in ihrem juristischem Kampf gegen den Staat einen Etappensieg errungen. Das Landgericht München legt eine Klage gegen die HRE-Verstaatlichung zur Prüfung dem Europäischen Gerichtshof in Luxemburg vor. Damit muss sich erstmals ein Gericht außerhalb Deutschlands mit der Vorgehensweise der Bundesregierung bei der HRE-Rettung befassen. "Das ist ein Riesenerfolg", sagte Kläger Bohdan Kalwarowskyj nach der Entscheidung. Dem Bund drohen damit neben anhaltenden Milliardenverlusten bei der HRE und dem fluchtartigen Abgang des früheren Chefs Axel Wieandt neue juristische Probleme.
Der Steuerberater Kalwarowskyj hatte die HRE-Aktien für seine Kinder gekauft und fühlt sich vom Staat erpresst und enteignet, weil er sie im Zuge der Verstaatlichung zum Schleuderpreis von 1,30 Euro an den Bund abgeben musste. Er verlor tausende Euro und zog zusammen mit ein paar Mitstreitern in eine ungleiche Schlacht: Auf der einen Seite ein paar Dutzend Aktionäre, auf der anderen der Staat. "Da sind wir eigentlich hoffnungslos unterlegen."
Schadenersatz nicht unwahrscheinlich
Anfangs wurden die Aktionäre noch belächelt, die sich mit einem so mächtigen Gegner anlegen wollten. Inzwischen mehren sich aber die Anzeichen, dass ihre Aussichten auf Schadenersatz nicht schlecht stehen. Zahlen müsste bei einem Erfolg in allen Fällen der Bund, dem die HRE nach Milliardenhilfen vollständig gehört.
Er hatte die Verstaatlichung der HRE im vergangenen Jahr im Eiltempo durchgebracht: Von dem Ausbruch der Krise bei der HRE im Herbst 2008 bis zur 100-prozentigen Verstaatlichung vergingen nur 12 Monate. Zur entscheidenden Hauptversammlung im vergangenen Juni lud der Bund die Aktionäre kurzfristig ein und berief sich auf eine entsprechende Regelung im Finanzmarktstabilisierungsgesetz, die im Notfall sogar eine Frist von nur einem Tag zuließ. Ob diese Regelung mit dem EU-Recht vereinbar war, muss nach dem Beschluss in dem Zivilprozess in München jetzt der Europäische Gerichtshof entscheiden.
Neue Herangehensweise
Auch in den bisherigen Strafprozessen gegen das frühere Management der HRE, die parallel zu dem Zivilverfahren geführt werden, läuft es nicht schlecht für die Aktionäre. Darin werfen sie dem früheren Management vor, viel zu spät auf die Belastungen durch die Finanzkrise hingewiesen zu haben. Im bislang größten Verfahren hatten die Richter für Aktienkäufe in einem bestimmten Zeitraum bereits von "gewissen Erfolgschancen" gesprochen. Sämtliche Klagen, die inzwischen ein Volumen von rund einer Milliarde Euro erreicht haben, sollen nun in einem Musterprozess gebündelt werden.
Eine derartige Herangehensweise an Schadenersatz-Klagen von Aktionären gab es früher nur in den USA. In Deutschland stießen die Klagen von geprellten Aktionären bis vor wenigen Jahren bei einigen Richtern auf wenig Verständnis. "Wenn ich früher damit ankam, haben die mich ungespitzt in den Boden gerammt", sagt Kläger-Anwältin und Aktionärsvertreterin Daniela Bergdolt. "Diese Zeiten sind jetzt vorbei."
Quelle: ntv.de, rts/dpa