Keine Ansteckungsgefahr für Spanien Euro-Minister loben die Hilfe
10.04.2011, 13:33 Uhr
Als Bittsteller in Gödöllö: Portugals Notenbank-Chef Carlos Costa (links) diskutiert beim Ecofin-Treffen in Ungarn mit Finanzminister Fernando Teixeira dos Santos.
(Foto: REUTERS)
Das Hilfspaket für Portugal liegt noch nicht ganz in trockenen Tüchern, schon wachsen die Zweifel an der finanziellen Widerstandskraft der Spanier. Die Hüterin der Staatskasse in Madrid beeilt sich, die Bedenken auszuräumen - und bekommt dabei Unterstützung namhafter Kollegen. Ein angeblicher Streit zwischen EZB und Deutschland weckt derweil die Gespenster der Griechenland-Krise zu neuem Leben.
Nach der Flucht Portugals unter den Euro-Rettungsschirm droht nach Ansicht von Finanzministern der Euro-Zone keine Gefahr, dass die die Schuldenkrise auch auf das Nachbarland Spanien übergreift.
"Ich sehe jetzt überhaupt keine Ansteckungsgefahr, ich glaube, wir sind vollkommen außen vor", hatte die spanische Wirtschafts- und Finanzministerin Elena Salgado beim informellen Treffen der EU-Finanzminister im ungarischen Gödöllö. Spanien sei in guter Verfassung, das werde auch an den Finanzmärkten erkannt, sagte auch Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble.
Spanien steuert schätzungsweise 4 bis 5 Mrd. Euro zur Rettung des hoch verschuldeten Nachbarn bei. Es handele sich aber um eine vorläufige Zahl für das Paket von Europäischer Union (EU) und Internationalem Währungsfonds (IWF), sagte eine Sprecherin von Wirtschaftsministerin Salgado. Die genaue Höhe hänge davon ab, welche Summe Portugal insgesamt zugestanden werde. Spanien hat selbst mit extrem knappen Kassen zu kämpfen.
Endet die Krise in Portugal?
Portugal ist nach Irland das zweite Mitglied der Euro-Zone, das zu seiner Finanzierung den Euro-Rettungsschirm nutzen und sich vom Kapitalmarkt zurückziehen muss. Die Euro-Staaten, die EU und der IWF haben das 750 Mrd. Euro schwere Programm nach der Griechenlandkrise im vergangenen Jahr geschaffen. Es gewährt Ländern Kredit unter der Bedingung harter Einsparungen und Reformen, um die Ursache ihrer Schuldenkrise zu beheben. Griechenland wurde durch ein eigenes, eilig geschnürtes Rettungspaket gestützt. Ab 2013 soll ein permanenter "Krisenmechanismus" den provisorischen Rettungsschirm ablösen.

Christine Lagarde und Wolfgang Schäuble in Gödöllö: Die Finanzminister der beiden stärksten Wirtschaftsmächte Europas.
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Damit mussten bereits drei der anfälligsten Länder vor dem Druck ständig steigender Zinsen an den Kapitalmärkten in Sicherheit gebracht werden. Als ebenfalls hoch verschuldet gelten neben Spanien auch Länder wie Belgien und Italien. Die Euro-Finanzminister hatten am Freitag die Verhandlungen über das Hilfspaket für Portugal eingeleitet. Dass das Land Hilfe braucht, hatte die Übergangsregierung unter Premier Jose Socrates erst zur Wochenmitte eingestanden. Experten hatten den Hilfsantrag bereits vor Monaten als unausweichlich bezeichnet. Lissabon hatte das stets dementiert.
Im Rahmen der nun anstehenden Hilfe werden EU und IWF dem portugiesischen Staat voraussichtlich über einen Zeitraum von drei Jahren rund 80 Mrd. Euro an Krediten gewähren. Das Land muss sich im Gegenzug zu einem strikten Spar- und Reformprogramm verpflichten.

Arraiolos-Treffen in Budapest: Präsident Anibal Cavaco Silva versucht sich zu konzentrieren, während Tarja Halonen, die Präsidentin Finnlands, gestikuliert.
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Schäuble bekräftigte, Portugal müsse sein Haushaltsdefizit nachhaltig abbauen, damit die Ursachen der Schuldenkrise bekämpft würden. Der Luxemburger Finanzminister Luc Frieden wies darauf hin, dass es nicht um die Rettung eines Landes, sondern der gesamten Währungsunion geht. "Wir müssen anderen Staaten in der Eurozone helfen, damit wir uns selbst auch in dieser Eurozone helfen", sagte er. "Das ist kein Akt von Mitleid."
Lissabon glaubt an den Spar-Erfolg
Portugals Staatspräsident Anibal Cavaco Silva äußerte sich vor diesem Hintergrund demonstrativ optimistisch zu den Chancen seines Landes. Die drei größten Parteien seines Landes wollten alles dafür tun, das Staatsdefizit zu senken, sagte Silva bei einem Treffen mit acht EU-Amtskollegen in Budapest. Die portugiesischen Parteien seien sich einig darin, dass nach der Parlamentswahl im Juni in Lissabon eine mehrheitsfähige Regierung zustande kommen sollte. Denn eine Minderheitsregierung würde angesichts der Situation "mit zu vielen Schwierigkeiten" zu kämpfen haben, sagte Silva. Die nur noch kommissarisch tätige Regierung Portugals war zuvor mit ihren Sparplänen am Widerstand der Opposition gescheitert.

Frühlingsfrische in Budapest: Die Staatschefs aus neun europäischen Ländern genießen ein repräsentatives Päusschen in der Sonne. Bundespräsident Christian Wulff vertritt Deutschland als Vierter von links.
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Silva hielt sich zu einem zweitägigen Treffen der sogenannten Arraiolos-Gruppe in Budapest auf. Die 2003 im portugiesischen Arraiolos gegründete Gruppe vereinigt acht EU-Staatschefs, die keine Exekutivbefugnisse haben. Dazu gehören außer Portugal auch Ungarn, Finnland, Lettland, Polen, Österreich und Italien. Deutschland ist mit dem Bundespräsidenten vertreten. Slowenien war als Gast bei dem Treffen dabei.
Die Euro-Finanzminister ermahnten bei ihrem Treffen Griechenland, das als erstes in die Schuldenfalle geraten war, seine Sparziele umzusetzen. Kürzlich war bekannt geworden, dass die Neuverschuldung im vergangenen Jahr nicht wie bisher ermittelt bei 9,4 Prozent lag, sondern etwas über 10 Prozent des Bruttoinlandsprodukts liegen dürfte.
Streitet Schäuble mit der EZB?
Die Schuldenkrise in der Währungsunion war Ende 2009 in Griechenland ins Rollen gekommen, als nach dem Regierungswechsel in Athen aufflog, dass die Schuldenstatistiken gefälscht waren.
Seit Wochen halten sich die Gerüchte, dass Griechenland trotz des 110 Mrd. Euro schweren Hilfspakets seine Staatsverschuldung von 150 Prozent des Bruttoinlandsprodukts nicht bewältigen kann und um einen Schuldenschnitt nicht herumkommen wird. Der "Spiegel" berichtete, bei einer Telefonkonferenz der Finanzminister sei es in dieser Frage sogar zum offenen Streit zwischen EZB-Chef Jean-Claude Trichet und den Budgetchefs gekommen.
Einige Minister hätten die Frage gestellt, ob eine Umschuldung nicht sinnvoll sei. Trichet habe dies abgeblockt mit der Begründung, dass Banken mit vielen griechischen Staatspapieren eine Schieflage drohe. Schäuble halte die Rücksicht der Notenbank auf die Banken für übertrieben. In Kreisen der Euro-Zone hieß es aber, eine Umschuldung Griechenlands sei derzeit kein Thema sei.
Quelle: ntv.de, mmo/dpa/rts