Wirtschaft

Heißes Eisen in Brüssel Europa schmiedet Euro-Stütze

Plötzlich geht es wieder ganz schnell: Parallel zu dem außerplanmäßigen Krisentreffen der EU-Finanzminister in Brüssel einigt sich die Bundesregierung mit Frankreich und der EU-Spitze auf gemeinsame Vorschläge für einen dauerhaften Mechanismus zur Stabilisierung des Euro. Die unerwartete Eile spricht für die Dringlichkeit der Lage.

Montagfrüh öffnen die Märkte: Bis dahin muss etwas Vorzeigbares auf dem Tisch liegen.

Montagfrüh öffnen die Märkte: Bis dahin muss etwas Vorzeigbares auf dem Tisch liegen.

(Foto: picture-alliance / dpa/dpaweb)

Bundeskanzlerin Angela Merkel hat gemeinsam mit anderen EU-Spitzen erste Vorschläge für einen dauerhaften Krisenmechanismus in der Eurozone vorgelegt. Deutschland und Frankreich hätten in enger Zusammenarbeit mit dem ständigen EU-Ratspräsidenten Herman Van Rompuy, EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso sowie Eurogruppen-Chef Jean-Claude Juncker ein gemeinsames Papier dazu erarbeitet, sagte Merkels Regierungssprecher Steffen Seibert.

Die neuen Vorschläge sollen den Finanzministern in Brüssel zu ersten Beratungen vorgelegt werden. Dazu habe es im Vorfeld der Sondersitzung in Brüssel auch eine Telefonkonferenz zwischen Merkel, Rompuy, Barroso, Juncker sowie Zentralbank-Chef Jean-Claude Trichet und dem französischen Staatspräsidenten Nicolas Sarkozy gegeben.

Stützkorsett für Schuldenstaaten?

Details zu den Unterredungen wurden nicht mitgeteilt. Diplomaten sagten, die Kontakte belegten, dass die Situation in der Eurozone derzeit ernst sei. Von den Teilnehmern der Telefonrunde nahm nur Trichet als Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB) an den kurzfristig angesetzten Verhandlungen der Finanzminister teil.

Gut gestützt, aber kaum noch Luft zum Atmen: Der Krisenmechanismus dürfte den Handlungsspielraum in den Ländern stark einengen.

Gut gestützt, aber kaum noch Luft zum Atmen: Der Krisenmechanismus dürfte den Handlungsspielraum in den Ländern stark einengen.

(Foto: REUTERS)

Der permanente Krisenbewältigungsmechanismus soll den aktuellen Euro-Rettungsschirm ablösen. Dessen Laufzeit ist nur bis Mitte 2013 vorgesehen. Vor allem Deutschland pocht nach dem Auslaufen der Notfallmaßnahmen auf eine Beteiligung privater Geldgeber an künftigen Rettungsaktionen für ein Euro-Land. Dies war zuletzt auch unter den Euro-Partnern umstritten.

Die Pläne hatten für heftige Unruhe an den Märkten gesorgt. Ziel der Finanzminister ist es, mit einer Grundsatzentscheidung beziehungsweise ersten Eckpunkten möglichst rasch für Klarheit zu sorgen, um die Nervosität an den Märkten einzudämmen. Die EU-Staats- und Regierungschefs wollen dann am 16. und 17. Dezember die Weichen für einen solchen permanenten Krisenmechanismus stellen.

In Berliner Regierungskreisen hieß es, ein Schwerpunkt der Vorschläge liege bei der Rolle privater Gläubiger, die fallweise in die Lösung der Probleme einbezogen werden sollten. Allerdings enthalten die Vorschläge demnach "keine Überraschungen für die Märkte". Die angepeilten Regelungen seien "nichts anderes, was die Märkte bereits aus anderen Währungsräumen kennen", hieß es in den Kreisen. Konkret solle die Rolle der Gläubiger in Umschuldungs- Klauseln ("collective action clauses") festgelegt werden.

85 Milliarden für Dublin

Die hektischen Bemühungen um den Stützmechanismus drängen die Hilfsmaßnahmen für Irland in den Hintergrund. Das Land kann dennoch mit Finanzhilfe der anderen EU-Staaten in Höhe von 85 Mrd. rechnen. Dies sagte die französische Finanzministerin Christine Lagarde unmittelbar vor Beginn der Sondersitzung. Irland muss im Gegenzug einen strikten Sparkurs steuern, um die Staatsfinanzen wieder in Ordnung zu bringen.

Im Gespräch: Christine Lagarde (links) und Wolfgang Schäuble.

Im Gespräch: Christine Lagarde (links) und Wolfgang Schäuble.

(Foto: dpa)

"Der Plan für die Irland-Hilfe steht praktisch", sagte Lagarde. "Wir sind ganz am Ende der Verhandlungen. Es gibt noch ein paar kleine Details, an denen wir noch etwas arbeiten müssen, vor allem über die Höhe der Zinsen." Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble wollte sich zu den Bedingungen von Krediten für Irland nicht äußern. "Wir bemühen uns um eine Lösung", sagte er. "Und ich hoffe, dass ab morgen die Finanzmärkte wieder sicher sind, dass der Euro eine stabile, zuverlässige Währung ist."

Lagarde bestätigte indirekt, dass es um 85 Mrd. Euro geht, die Irland von der EU erbittet. Auf die Frage, warum nicht - wie ursprünglich geplant - eine Telefonkonferenz zur Absegnung der Finanzhilfe ausreichte, sagte sie: "Wir machen einen Hilfsplan von 85 Milliarden Euro für Irland. Das lohnt schon, dass man selbst an einem Sonntagnachmittag anreist."

Diskussion um die Details der Hilfe

Der irische Minister für Kommunikation und Energie, Eamon Ryan, hatte am Vortag einem Zeitungsbericht widersprochen, wonach Irland für Krisenhilfe der EU Zinsen in Höhe von 6,7 Prozent werde zahlen müssen. "Diese Zahl ist unzutreffend, und ich denke, es war unglücklich, dass sie veröffentlicht worden ist, denn sie hat viele Leute zu Tode erschreckt", sagte Ryan. Der durchschnittliche Zinssatz müsse "Sinn ergeben insofern, dass wir ihn zahlen können". Der irischen "Independent" hatte zuvor berichtet, dass die EU im Unterschied zum IWF mit 6,7 Prozent höhere Zinsen verlangen wolle als bei der Rettung Griechenlands.

"Wir werden über die Lage in der gesamten Eurogruppe sprechen", sagte der belgische Finanzminister Didier Reynders, der derzeit den Vorsitz der EU-Finanzminister führt. Er antwortete auf die Frage, ob möglicherweise auch über andere "Wackelkandidaten in der 16 Staaten zählenden Gruppe der Euro-Länder - beispielsweise Portugal und Spanien - gesprochen werde. "Die Gruppe muss reagieren und ihr Währungsgebiet verteidigen. Wir teilen das gleiche Geld. Wir haben das im Fall Griechenlands bewiesen und wir werden es im Fall Irlands wieder beweisen.

"Wir sprechen hier nur über Irland", sagte hingegen die spanische Finanzministerin Elena Salgado. "Wir reden über die gesamte Eurogruppe, aber ich nenne die Namen der Staaten nicht", sagte der niederländische Finanzminister Jan Kees de Jager. Mit einem förmlichen Beschluss der Minister wurde noch im Lauf des Sonntags gerechnet.

Quelle: ntv.de, mmo/dpa/rts

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen