Wirtschaft

Deutschlands Energiekonzept FDP droht den Versorgern

In die deutsche Energiepolitik kommt Bewegung: Nach dem Willen der FDP müssen sich die bislang noch marktbeherrschenden Konzerne auf harte Auflagen einstellen. Deutschland soll so schnell wie möglich ins "Öko-Stromzeitalter".

Aufwändig und abgasintensiv: Braunkohle-Verstromung in Jänschwalde bei Cottbus im Südosten Berlins.

Aufwändig und abgasintensiv: Braunkohle-Verstromung in Jänschwalde bei Cottbus im Südosten Berlins.

(Foto: picture-alliance/ dpa)

Die deutschen Stromkonzerne müssen nach Angaben aus den Reihen der FDP im Fall verlängerter Laufzeiten ihrer Kernkraftwerke und weiterer Kohle-Verstromung künftig harte Auflagen erfüllen. Darüber und über den geplanten Ausbau erneuerbarer Energien müsse die schwarz-gelbe Koalition bald die "interne Marschroute" abstimmen, sagte der umweltpolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Michael Kauch. Erst dann könne die Bundesregierung EnBW, Eon, RWE und Vattenfall zu Verhandlungen über den Weiterbetrieb von Kernkraftwerken einladen.

Die Überlegungen stehen im Zusammenhang mit dem von der Koalition für den Herbst angekündigten nationalen Energiekonzept. "Wir legen Wert darauf, dass die Koalitionsfraktionen frühzeitig eingebunden werden", verlangte der FDP-Politiker. "Entscheidungen werden erst nach der Sommerpause getroffen, weil die Ministerien erst einmal die Vorarbeiten machen müssen." Dabei geht es zum Beispiel darum, wie der stetige Ausbau erneuerbarer Energien durch den allmählichen Rückzug von Atom- und Kohlestrom flankiert werden kann. Daneben steht eine Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) zum 1. Januar 2012 an, bei der Experten mit einer Reduzierung der Förderung der Windkraft und anderer Öko-Energieträger entsprechend der Marktlage rechnen.

Gegen die Strom-Lobby

Bei einer längeren Laufzeit von Atommeilern - derzeit sind es in Deutschland noch 17 - fallen bei den Konzernen Sonderprofite durch die Weiternutzung abgeschriebener Anlagen an. Union und FDP wollen diese Milliarden-Gewinne weitgehend abschöpfen. Die Union hatte einen Betrag von 40 Mrd. Euro genannt. Die Zahlen sind umstritten. Kauch wollte sich deshalb nicht auf einen Betrag festlegen. Das Geld solle in die Erforschung der Speichertechnologien fließen und so das Angebot an Wind- und Sonnenstrom von Wetterlagen unabhängiger und damit "grundlastfähig" für die Energieversorgung machen.

"Da steht nirgendwo in den Wahlprogrammen, dass wir mit diesem Geld den (Staats-)Haushalt sanieren wollen", warnte Kauch angesichts der klammen Kassenlage. Auch seien Fragen der Betriebsdauer älterer Atommeiler und deren Sicherheitsauflagen zu klären, bevor man verhandelt. "Wir lassen uns von den Stromkonzernen die Bedingungen nicht diktieren."

Vorab solle zügig die Solarstrom-Förderung für Dachinstallationen und sogenannte Freiflächen auf den Prüfstand. Hier können die Verbraucher kurzfristig wegen der weltweit gesunkenen Kosten für Solaranlagen-Teile mit Entlastungen bei der Vergütung rechnen. Langfristig in die Strategie zum Übergang auf eine vorwiegend durch Ökoenergien geprägte Strom- und Wärmeversorgung sollte die deutsche Beteiligung an internationalen Vorhaben wie am Wüstenprojekt Desertec in Nordafrika eingebunden werden.

Niebel soll sich um Deutschlands Strom kümmern

Hier dürfe man sich jedoch ebensowenig abhängig machen wie derzeit vom Russland-Gas. Die Herkunftsländer "sind in ihrer Stabilität auch nicht besser als Russland oder Turkmenistan beim Gas", warnte Kauch. Die Federführung für Desertec müsse auf Entwicklungshilfeminister und FDP-Politiker Dirk Niebel übergehen.

Zum Abbau des schädlichen Kohlendioxids (CO2) aus Kohle-Kraftwerken fordert die FDP die Union auf, erneut über das auf Druck vor allem von CDU-Ländern gescheiterte Gesetz über die Speicherung und unterirdische Einlagerung von CO2 (CCS - Carbon Capture and Storage) zu beraten. Die Union sei hier zu zögerlich. "Wir sind ja schon durch eine Richtlinie auch europarechtlich gebunden, dies zu tun." CCS sei wegen der hohen Investitionskosten allerdings "kein Thema für alte Kohle-Kraftwerke mit geringen Restlaufzeiten", auch wenn dabei über Nachrüstungen diskutiert werde.

Der FDP-Politiker machte deutlich, dass er Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU) dabei unterstützt, den Überbrückungsprozess bis zum vollständigen Öko-Stromzeitalter mit Hilfe der Atomenergie möglichst kurz zu halten. "Ich unterstütze Herrn Röttgen in der Einschätzung, dass man die erneuerbaren Energien so schnell wie möglich grundlastfähig machen muss und andere Entscheidungen diese Entwicklung nicht behindern dürfen." Man solle "nicht Strukturen zementieren, die auf lange Sicht nicht zukunftsfähig sind".

Quelle: ntv.de, Wolfgang Bunse, dpa

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