Wirtschaft

"Eine sehr traurige Nachricht" "FTD"-Aus beschlossene Sache

Die "FTD"-Mitarbeiter trugen heute Trauerflor - in lachsrosa.

Die "FTD"-Mitarbeiter trugen heute Trauerflor - in lachsrosa.

(Foto: dpa)

Das Ende der "Financial Times Deutschland" ist offiziell besiegelt. Das Verlagshaus Gruner+Jahr bestätigt: Am 7. Dezember wird die letzte Ausgabe der lachsfarbenen Tageszeitung erscheinen. Auch für die Online-Ausgabe gibt es offenbar keine Rettung. Der Gründungs-Chefredakteur der "FTD" bedauert das Ende einer "sehr guten Zeitung mit exzellenten Journalisten".

Jetzt ist es offiziell: Die Wirtschaftszeitung "Financial Times Deutschland" wird eingestellt. Auch eine reine Online-Ausgabe wird es nicht geben, teilte das Verlagshaus Gruner + Jahr mit. Die "FTD" soll letztmalig am 7. Dezember erscheinen.

Von den übrigen Wirtschaftspublikationen des Hauses soll lediglich das Magazin "Capital" erhalten bleiben. Für die Zeitschriften "Impulse" und "Börse Online" wird der Verkauf oder ein Management Buy-Out, also die Übernahme durch verlagsinterne Manager, geprüft. Sollten die Gespräche scheitern, werden auch sie eingestellt.

Für das traditionsreiche Hamburger Verlagshaus ist es ein radikaler Schnitt, seine zentrale Wirtschaftsredaktion aufzulösen. Um Kosten zu sparen, hatte G+J schon vor einigen Jahren eine Gemeinschaftsredaktion mit insgesamt etwa 350 Mitarbeitern - davon ungefähr 250 Journalisten - für alle vier Medien gegründet. Das reichte aber nicht aus.

"Die 'FTD' schreibt seit ihrer Gründung im Jahr 2000 Verluste", sagte Julia Jäkel, Vorstand Gruner + Jahr Deutschland. "Vor diesem Hintergrund sehen wir keinen Weg, die "FTD" weiter zu betreiben." G + J habe ohne Erfolg versucht, einen Käufer für das defizitäre Blatt zu finden.

Die Einstellung der "FTD" dürfte Jäkel nicht leicht gefallen sein. Sie gehörte zum Gründungsteam des Blattes und stieg dort zur Verlagsleiterin "Editionen" auf, bevor sie 2004 in den G + J-Zeitschriftenbereich wechselte. Die "FTD" sei eines der ambitioniertesten journalistischen Projekte der vergangenen Dekade gewesen, sagte Jäkel. "Es geht ein bedeutendes Kapitel deutscher Publizistik zu Ende."

"Eine sehr traurige Nachricht"

Auch der Gründungs-Chefredakteur der "FTD" bedauerte das Ende der Wirtschaftszeitung. "Das ist eine sehr traurige Nachricht. Es war eine sehr gute Zeitung mit exzellenten Journalisten. Viele von ihnen haben es verdient, einen neuen Job zu finden", sagte Andrew Gowers. "Die Welt hat sich geändert." Um aus der "FTD" eine erfolgreiche Online-Zeitung zu machen, sei es zu spät gewesen. Der Hamburger Verlag hätte sich dafür viel früher ein Konzept überlegen müssen. "Man kann das nicht von einem auf den anderen Tag machen." Der Brite hatte die "FTD" im Jahr 2000 mitgegründet und war bis 2001 ihr Chefredakteur, bevor er in gleicher Funktion zur britischen "Financial Times" zurückkehrte. Später wurde Gowers PR-Chef der US-Investmentbank Lehman Brothers, bevor diese 2008 pleiteging, und arbeitete für den Ölkonzern BP während der Ölpest im Golf von Mexiko.

Dem Verlag zufolge werden bei den Wirtschaftsmedien nun insgesamt 314 der 350 Stellen gestrichen. Aus dem Verlag verlautete, dass Kündigungen erst im Januar ausgesprochen werden sollen. Darüberhinaus geht es um 50 Arbeitsplätze in verknüpften Verlagsbereichen, die möglichst durch Fluktuation abgebaut werden sollen. Mit den Betriebsräten wird über einen Sozialplan verhandelt.

Nur "Capital" soll von Berlin aus "voraussichtlich mit einer verkleinerten Redaktion" fortgeführt werden, ebenso das halbjährliche Heft "Business Punk". Das Magazin soll neu positioniert und stärker wirtschaftspolitisch ausgerichtet werden. In der Aufbauphase übernimmt Chefredakteur Steffen Klusmann weiter die Leitung.

Die Gewerkschaft Verdi warf dem Vorstand einen verheerenden Kahlschlag vor. Der stellvertretende Verdi-Vorsitzende Frank Werneke forderte dazu auf, jede Möglichkeit der Weiterbeschäftigung der Betroffenen innerhalb des Verlages zu prüfen. Auch für den Medienstandort Hamburg ist es ein weiterer Rückschlag. "Es wird eine große gesellschaftliche Aufgabe sein, auch im digitalen Zeitalter qualitativ hochwertigen Journalismus zu sichern", sagte Bürgermeister Olaf Scholz.

Mehrheitseigner Bertelsmann verwies darauf, dass die Entscheidungen nach einer "überaus sorgfältigen und verantwortungsbewussten Prüfung aller denkbaren Optionen" getroffen wurden. Eine wirtschaftlich tragfähige Alternative habe es nicht gegeben. "Doch ohne ein solches Geschäftsmodell ist Qualitätsjournalismus, dem Bertelsmann sich grundsätzlich weiter verpflichtet fühlt, nicht denkbar."

Viertelmilliarde Euro Verlust

Die lachsfarbene "FTD" hat besonders unter der Anzeigenflaute gelitten, mit der auch andere Zeitungen zu kämpfen haben. Auch die gestiegene Neigung der Verbraucher, sich digital zu informieren, sorgte für Gegenwind. Medienberichten zufolge soll die "FTD" seit der Gründung im Jahr 2000 einen Verlust von 250 Millionen Euro angehäuft haben. Gruner + Jahr wollte sich dazu nicht äußern.

Alleiniger Eigentümer der Finanzzeitung ist Gruner + Jahr, an der wiederum Bertelsmann knapp 75 Prozent hält. Die Hamburger hatten Anfang 2008 die britische Mediengruppe Pearson Publishing aus dem Gemeinschaftsunternehmen heraus gekauft, an dem beide Seiten mit je 50 Prozent beteiligt waren. Pearson ist Herausgeber der Schwesterzeitung "Financial Times".

Im dritten Quartal dieses Jahres kam die "FTD" bei den überregionalen Tageszeitungen in Deutschland mit einer verkauften Auflage von rund 100.000 Stück auf Platz sieben. Das "Handelsblatt" als direkter Wettbewerber lag mit 138.000 Exemplaren zwei Plätze vor der "FTD". Platzhirsch ist Daten der IVW zufolge die "Bild"-Zeitung mit gut 2,7 Millionen Stück, gefolgt von der "Süddeutschen Zeitung" und der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung". Im Internet ist der größte Teil der "FTD"-Inhalte bis heute kostenfrei abrufbar.

Die Krise im deutschen Zeitungsmarkt fordert mit der "FTD" das zweite prominente Opfer in kürzester Zeit. Am 13. November hatte die Eigentümergesellschaft der "Frankfurter Rundschau" Insolvenz angemeldet.

Quelle: ntv.de, DJ/dpa

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