Leitzins soll Wirtschaft zügeln Fed-Protokolle würgen Erholung der Wall Street ab
12.10.2022, 22:18 Uhr
Die US-Notenbank will die Inflation eindämmen, auch wenn sie dafür die Wirtschaft bremsen muss.
(Foto: picture alliance / Russian Look)
Im September steigen die Erzeugerpreise in den USA deutlich stärker als erwartet. An der Wall Street fürchten Anleger daher weiter große Zinsschritte der US-Notenbank. Die Protokolle der letzten Leitzins-Sitzung deuten genau darauf hin. Denoch können Pepsi und Coca-Cola punkten.
Nach der jüngsten Talfahrt tasten sich Anleger an die Wall Street zurück. Die Aussicht auf ein anhaltend strammes Zinserhöhungstempo der US-Notenbank Fed dämpfte ihre Kauflaune allerdings erheblich. Der US-Standardwerteindex Dow Jones schloss am Mittwoch 0,10 Prozentpunkte niedriger bei 29.210 Punkten. Der breit gefasste S&P 500 fiel um 0,3 Prozent zurück auf 3577 Punkte. Der technologielastige Nasdaq schloss 0,1 Prozentpunkte im Minus bei 10.417 Punkten.
Die jüngste Hiobsbotschaft lieferten die US-Erzeugerpreise. Sie stiegen im September im Vergleich zum Vormonat um 0,4 Prozent und damit doppelt so stark wie erwartet. Außerdem verringerte sich die Teuerung im Vergleich zum Vorjahreszeitraum weniger stark als erhofft. Die Inflation sei hartnäckig und die Spekulationen auf eine Entspannung verfrüht, sagte Joe Saluzzi, Manager beim Brokerhaus Themis. Daher werde die Fed die Zinsen weiter in großen Schritten erhöhen. Ein schnelles Ende dieser Phase sei nicht in Sicht. Bei Investoren gilt als sicher, dass die Fed den Leitzins Anfang November das vierte Mal in Folge um 0,75 Prozentpunkte anhebt.
Leitzins von 4,50 Prozent am Jahresende?
Darauf deuten auch die veröffentlichten Fed-Protokolle der Zinssitzung im September hin. In der Sitzung waren sich die amerikanischen Währungshüter einig, dass sie den Leitzins auf ein Niveau erhöhen müssen, das restriktiver ist - also die Wirtschaft stärker zügelt. Danach gelte es, dieses Niveau für einige Zeit zu halten. Mehrere Diskussionsteilnehmer hielten es für wichtig, den Umfang weiterer geldpolitischer Straffungen zu "justieren", um das Risiko erheblicher negativer Auswirkungen auf die Wirtschaftsaussichten zu mindern.
Die Federal Reserve hat den Leitzins seit Monaten in Riesenschritten nach oben getrieben, um die Inflation zu drücken. Die Teuerungsrate lag im August mit 8,3 Prozent weit jenseits des Ziels der Notenbank von 2,0 Prozent. Für September erwarten befragte Analysten einen Wert von 8,1 Prozent.
Im September erhöhte die Fed den Leitzins bereits zum dritten Mal in Folge ungewöhnlich kräftig um einen Dreiviertel-Prozentpunkt. Er liegt damit aktuell in einer Spanne von 3,00 bis 3,25 Prozent. Die Währungshüter signalisierten auf ihrer September-Sitzung, dass sie ihn bis zum Jahresende im Mittel auf ein Niveau von 4,25 bis 4,50 Prozent hieven könnten. Ende 2023 soll der Leitzins laut ihren Projektionen dann bei 4,50 bis 4,75 Prozent landen.
Rohöl-Nachfrage sinkt
Diese Aussichten schürt die Furcht vor einer Rezession und einer sinkenden Rohöl-Nachfrage. Daher verbilligte sich die US-Sorte WTI um 2,8 Prozent auf 86,86 Dollar je Barrel (159 Liter). Aluminium verteuerte sich dagegen um bis zu 7,3 Prozent auf 2400 Dollar je Tonne.
Der Agentur Bloomberg zufolge erwägen die USA im Zuge der Sanktionen wegen des Ukraine-Kriegs einen Bann für russisches Aluminium. In der Diskussion stünden ein direktes Embargo, ein faktischer Importstopp durch hohe Strafzölle und Sanktionen gegen den Aluminium-Produzenten Rusal. Dieser liefert sechs Prozent des weltweiten Bedarfs. Die Aussicht auf eine längerfristige Preisrally und den Wegfall eines großen Konkurrenten gab Alcoa Auftrieb. Die Aktien der US-Aluminiumhütte stiegen um5,3 Prozent.
Pepsi hebt Prognosen an
Zu den Gewinnern am US-Aktienmarkt zählte Pepsi mit einem Kursplus von gut vier Prozent. Dank einer robusten Nachfrage und Preiserhöhungen peilt der Getränke- und Knabberartikel-Anbieter ein Umsatzplus von zwölf statt bislang zehn Prozent an. Auch der Gewinn soll höher liegen. Pepsi habe zudem mit dem Quartalsergebnis die gestiegenen Erwartungen übertroffen, lobte Analyst Kevin Grundy von der Investmentbank Jefferies. Auf dieser Basis erschienen die Ziele für 2022 konservativ. Im Windschatten legten die Papiere des Rivalen Coca-Cola 1,2 Prozent zu.
Aufwärts ging es auch für Moderna, die ein Plus von 8,3 Prozent verzeichneten. Die Biotech-Firma will gemeinsam mit Merck & Co einen Krebs-Impfstoff entwickeln und vermarkten. Dafür erhält es vom Pharmakonzern einen Vorschuss von 250 Millionen Dollar. Das sei ein Hinweis, dass die laufenden Tests für den entsprechenden Vakzin-Kandidaten die erhofften Ergebnisse liefern, sagte ein Börsianer.
Uber und Lyft verbuchten Kursgewinne von jeweils 5,3 Prozent. Experten erwarten einen jahrelangen Streit um ein neues US-Gesetz, dass es den beiden Fahrdienstvermittlern und anderen Firmen wie Lieferdiensten erschwert, Fahrer als Selbstständige zu beschäftigen. Das Gesetz könnte entschärft oder auch komplett verhindert werden.
Quelle: ntv.de, chr/rts