Pausbäckig und weißbärtig Finanz-Zaubermeister Bernanke
17.12.2009, 13:12 UhrEin Anflug von Hamsterbacken und markanter weißer Bart: Das sind die Markenzeichen von Ben Bernankes Gesicht. Eines, das wie kaum ein anderes für den globalen Kampf gegen die Finanz- und Wirtschaftskrise steht.
Er selbst ähnelt dabei einem Zauberer, der alte und wohl neue Fed-Chef. Zwar mosern Kritiker, dass die von ihm verantworteten Stabilisierungsmaßnahmen völlig überzogen seien. Das renommierte "Time"-Magazin, das den US-Notenbanker Bernanke zur "Person des Jahres" 2009 gekürt hat, hält aber dagegen: "Ohne Ben Bernanke wäre alles viel schlimmer gekommen."
Bernanke wurde am 13. Dezember 1953 in Augusta (Georgia) geboren. Er stammt zwar aus einfachen Verhältnissen, sein Vater ist Apotheker, die Mutter Lehrerin, gilt aber bereits als Kind als hochintelligent. Sein beruflicher Werdegang lässt daran keine Zweifel: Die Aufnahmeprüfung für die Harvard University schafft er mit 1590 von 1600 Punkten. Sein Studium schließt er mit Bestnote ab. Den Doktortitel erwirbt er am renommierten Massachusetts Institute of Technology.
In Greenspans großen Fußstapfen
Danach forscht und lehrt er fast 20 Jahre an der Princeton University als Wirtschaftsprofessor und macht sich so einen Namen in der verschrobenen Welt der Ökonomen. Er beschäftigt sich vor allem mit der "Großen Depression" von 1929 und deren Auswirkungen in den Folgejahren. Sein Ergebnis: Die Notenbank hätte die Krise abmildern können, wenn sie nur beherzter eingegriffen hätte.
Mitte 2005 wirft der damalige US-Präsident George W. Bush ein Auge auf den seit fast drei Jahren im Aufsichtsrat der Fed sitzenden Bernanke, holt ihn als Chef-Wirtschaftsberater ins Weiße Haus und nominiert ihn zum Nachfolger von Alan Greenspan. Der "Magier der Märkte" soll nach fast 20 Jahren an der Spitze der US-Notenbank abgelöst werden.
Bernanke tritt am 1. Februar 2006 in die, laut Skeptikern, viel zu großen Fußstapfen Greenspans. Der hatte sich in seiner Amtszeit mit richtungweisenden Analysen und geldpolitischen Maßnahmen zum "mächtigsten Notenbanker der Welt" erhoben. Wenn der "Wall-Street-Liebling" in Nadelstreifen-Anzug gekleidet vors Mikrofon trat, hörten nicht nur Banker und Wirtschaftsbosse gebannt zu, auch Staatenlenker lauschten und versuchten die Essenz seiner Worte zwischen den Zeilen herauszufiltern.
"Volksnaher" Mann der klaren Worte
Bernanke dagegen "orakelt" nicht, er liebt die klaren Worte, steht für Offenheit. Das kommt an, nicht nur an den Märkten, sondern auch bei den Mitarbeitern. Als "volksnah" bezeichnen die Kollegen den leger und locker gekleideten Bernanke. Da hilft es natürlich, dass der Baseball-Fan und zweifache Vater auch schon mal in der Fed-Cafeteria zu Mittag isst.
Gerade einmal eineinhalb Jahre ist Bernanke im Amt, als er vor seiner großen Bewährungsprobe als Fed-Chef steht - die Immobilienkrise bricht über die größte Volkswirtschaft der Welt herein. Anfangs noch geschockt, unterschätzt er die Lage und erntet prompt für seine Trägheit verbale Prügel von der Wall Street. Das Blatt wendet sich, als er die Zinsen rapide senkt und die Notenbank unvorstellbare Summen (mehr als 1.000.000.000 Dollar) aggressiv in die Finanzmärkte pumpt. Die wirtschaftliche Lage bessert sich Schritt für Schritt - und damit auch "Big Bens" Ruf als exzellenter Geldpolitiker und Querdenker.
Zeichen für Kontinuität
"Mit Ruhe und Weisheit, mit mutiger Tatkraft und ungewöhnlichen Ideen" hat sich Bernanke der Krise entgegen gestellt und so den freien Fall der Wirtschaft gebremst, lobt US-Präsident Barack Obama: "Wir brauchen Bernanke, um fortzusetzen, was er derzeit tut."
Bernanke selbst gibt sich bescheiden: "Ungewöhnliche Situationen verlangen ungewöhnliche Mittel", sagt er nur, wohl wissend, dass die Krise noch nicht ausgestanden ist. Auch deshalb, weil er wie sein Vorgänger Greenspan die These vertritt, dass die Mittel einer Notenbank zur Bekämpfung von Spekulationsblasen sehr begrenzt sind.
Neue Baustelle Arbeitsmarkt
Zwar wächst die US-Wirtschaft wieder leicht, die US-Arbeitslosenquote von derzeit 9,4 Prozent könnte im Winter aber leicht in den zweistelligen Bereich steigen - ein Wert, der seit Jahrzehnten nicht mehr erreicht worden ist. Aber auch dieser Aufgabe scheint Bernanke gewachsen: "Er ist ein sehr eigenständig denkender Ökonom, der sich der Möglichkeiten einer Zentralbank durchaus bewusst ist. Und er hat nicht aus den Augen verloren, dass sich die Fed auch um Wachstum und Beschäftigung kümmern muss", sagt Joseph Stiglitz, Professor für Volkswirtschaft an der Columbia-Universität und Wirtschaftsnobelpreisträger.
Die heikelste Aufgabe Bernankes aber wird sein, das Nothilfe-Programm der Fed zu einem geeigneten Zeitpunkt auslaufen zu lassen, ohne der Wirtschaft zu schaden. Erst wenn er das geschafft hat, ist er wirklich "Big Ben", der neue "Magier der Märkte".
Quelle: ntv.de